Tichys Einblick
Prozess gegen Randalierer

Linksextremisten: Die Justiz zeigt sich sanft und verständnisvoll

In Hamburg stehen erneut Anhänger der linksextremen Szene vor Gericht. Offensichtlich haben sie Brandanschläge vorbereitet. Linksextreme machen für die Angeklagten mobil. Eigentlich überflüssig: Von Hamburgs Kuscheljustiz drohen keine Strafen.

G20 in Hamburg am 7. Juli 2017 in Hamburg, auf den Tag genau zwei Jahre später erfolgte die Festnahme der „drei von der Parkbank“

© Getty Images

Kürzlich erhielt ich eine Leserzuschrift von einer Psychotherapeutin aus Hamburg, deren Text ich auszugsweise veröffentlichen darf:

„Ich finde es ungeheuerlich, mit welcher Selbstgerechtigkeit und Brutalität im Gemisch diese jungen Menschen ihre für andere Menschen lebensgefährlichen Aktivitäten betreiben. G20 ist meinem Mann und mir noch tief im Körpergedächtnis eingebrannt. Wir waren an zweien der Abende mit dem Fahrrad zur Staatsoper gefahren, um Ballette von John Neumeier zu sehen. Auf dem Rückweg gerieten wir in den tobenden Mob auf St. Pauli, konnten aber, da wir uns als Hamburger ja gut auskennen, über Seitenstraßen ausweichen. Es war unglaublich ängstigend, wie im Krieg: Die Geräusche, die Attitüden.

Auf der Elbchaussee und auch schon vorher sahen und vor allem rochen wir voller Entsetzen die vielen ausgebrannten Autos. Es war gespenstisch und einfach nur entsetzlich. Zitternd und mit viel Herzklopfen fuhren wir weiter zu unserem Lieblingsitaliener, wo am Nachbartisch eine Dame Angela Merkel über alles lobte. Eine echt skurrile Szene. Wir blieben nur kurz, um überhaupt mit unseren Rädern weiterfahren zu können.

Dieser linke Mob ist so gefährlich, all die Zeit gab es offenbar auch Bekenner-Schreiben zu den diversen zahlreichen Anschlägen. Aber der normal Bürger hat davon bislang kaum etwas erfahren und wenn, dann aus dem Zusammenhang gerissen.“

Weiter schreibt Sie:

„Heute früh gab es noch eine Szene, die mir mein Mann vom Markteinkauf kommend berichtete: Ein neben dem Brotwagen auf einem Vorplatz des Marktes befindlicher AfD-Stand, bei dem Parteimitglieder für die Hamburgwahl im Februar Handzettel verteilten, wie es vor Wahlen halt üblich ist, wurde von etwa 30 jungen Leuten der „Antifa Altona“ belagert, komplett umringt und bepöbelt.

Immer mehr Polizei-Autos fuhren vor, die Situation für die 3 AfD’ler wurde zunehmend bedrohlich, weil die jungen Leute der „Antifa Altona“ nicht nur eigene Flugblätter verteilten, sondern ihrem Hass auf die AfD immer vehementer auch körperlich Ausdruck verliehen. Wieder war es dies Gefühl von ohnmächtiger Verzweiflung über so viel Unrecht, das da gerade geschieht, aber auch die Furcht, selbst sofort angegriffen werden zu können, wenn man es wagen würde, diese jungen Leute, wie es eigentlich normal gewesen wäre, angemessen heftig zurechtzuweisen und auf das Recht einer Partei, für sich zu werben, hinzuweisen.
Ich weiß nicht, ob Sie die Tagebücher von Victor Klemperer kennen, der sehr detailliert beschrieb, wie sich sein Alltag und der seiner Frau im sog. 3. Reich in kleinen Schritten immer mehr zum Negativen veränderte. So ähnlich erleben mein Mann und ich es im Moment auch. Man könnte ein neues Tagebuch mit diesen neuen und irgendwie auch gleichen Alltagsszenen schreiben. Nur sind es dies Mal nicht die Nazis, sondern die sogenannten „Antifaschisten“, die den Job der Gestapo sehr gekonnt übernommen haben: Angst verbreiten, Menschen (die anderer Meinung sind) einschüchtern und zusammenschlagen, Autos abbrennen. Sogar Polizisten, Feuerwehrleute, Ärzte und Krankenpfleger sind ihres Lebens ja seit geraumer Zeit nicht mehr sicher.“ (Ende der Zitate.)

Gleichzeitig wurde ich auf ein weiteres Hamburger Ereignis hingewiesen, über das die „Hamburger Morgenpost“ berichtete. Am Mittwoch, dem 08.01.2019, begann in der Stadt ein Gerichtsprozess gegen drei „Linksautonome“. Die Staatsanwaltschaft wirft den drei Tatverdächtigen vor, sich am zweiten Jahrestag des G20-Gipfels „zu einem Verbrechen verabredet“ zu haben, nämlich zu vier Brandanschlägen. Weil die geplanten Taten – die Staatsanwaltschaft wertet sie als gemeinschaftliche einfache und schwere Brandstiftung – wie ein tatsächlich erfolgter Versuch bestraft werden können, drohen den Angeklagten im Fall einer Verurteilung bis zu elf Jahren und drei Monaten Haft.

Zwei der drei Angeklagten sitzen in der Untersuchungshaft. Unter Linksextremen hat die Festnahme eine Riesenwelle der Verbundenheit ausgelöst. Im Zusammenhang mit den Festnahmen zählte eine Solidaritäts-Internetseite seitdem 33 Brand- und Farbanschläge in Hamburg, Bremen, Leipzig, aber auch im Ausland. Weitere Solidaritätsaktionen gab es reichlich. In der Polizeiwache Hamburg-Volksdorf wurden zahlreiche Scheiben zerstört, in Leipzig wurde ein Funkmast der Polizei, in Wuppertal die Geländewagen eines Autohändlers angesteckt. Bei diesen Straftaten wurden kennzeichnende „Solidaritätsgrüße“ im Internet hinterlassen.

Einer der Extremisten wurde von der Polizei observiert und dabei beobachtet, wie er Benzin in 0,5 Literflaschen umgefüllt hatte. Bei seiner späteren Festnahme trug er eine Reisetasche mit sich – diese enthielt vier Brandsätze, drei davon hatten Zündvorrichtungen, zusammengebaut mit Grillanzündern, Streichhölzern und Kabelbindern. Die Brandmittel sollten gemäß der Anklageschrift gleichzeitig an vier Stellen gezündet werden. Im Rucksack des „Aktivisten“ entdeckten die Ermittler szenetypische dunkle Wechselkleidung, Handschuhe und eine Liste mit vier Zieladressen.

Inzwischen sind mehr als 1000 „Solidaritätsbriefe“ in der Untersuchungshaftanstalt eingetroffen. In der Nacht zu Neujahr hatten sich vor der Strafvollzugseinrichtung 250 Sympathisanten eingefunden. Mindestens eine weitere Demonstration soll während der Gerichtsverhandlung erfolgen. Der Prozess kann nur im Hamburger Hochsicherheitssaal durchgeführt werden. Am Dienstagabend vor dem Prozess haben in Hamburg rund 450 Menschen für die Solidarität mit den „Drei von der Parkbank und allen G20-Gefangenen“ demonstriert.

Die linke Szene wertet die Anklage als Versuch der Behörden, die „militante und revolutionäre Politik zu diskreditieren“. Wem fallen da nicht ähnlich-gestrickte Äußerungen zu den jüngsten Ereignissen in Leipzig auf, zum Beispiel der Linken Juliane Nagel oder der SPD-Vorsitzenden Saskia Eskens.

Der Hamburger Verfassungsschutz stellt seit einiger Zeit fest, dass sich die linksextremistische Szene verändert. Der Angriff auf den Innensenator sei da nur ein Beispiel. „Früher richteten sich die Anschläge überwiegend gegen Parteibüros, Wohnungen oder Fahrzeuge. Es waren Sachbeschädigungen. Heute haben wir Anschläge, wo Leib und Leben berührt ist. Das ist eine neue Qualität“, sagt die stellvertretene Amtsleiterin Anja Domres. Die Szene sei sehr gut vernetzt in Deutschland und in Europa. „Hamburg ist einer der Hotspots der linksextremistischen Szene. Wir haben hier die rote Flora. Wir haben hier beim G20-Gipfel gesehen, dass die Mobilisierung sehr gut läuft.“ Zu den Zentren gehören laut Domres aber auch Berlin und Leipzig. Laut dem jüngsten Verfassungsschutzbericht lässt sich in den vergangenen zehn Jahren ein deutlicher Anstieg der Zahlen linksextremistisch motivierter Straftaten feststellen: Gewaltdelikte haben demnach um 30,6 Prozent zugenommen.

Der Prozess am Landgericht Hamburg gegen die drei Angeklagten findet unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen statt. Die Polizei fürchtet weitere Ausschreitungen der linken Gewaltszene. Prozesse können also nur noch unter massivem Polizeischutz stattfinden – ein Zustand, der in Hamburg weitgehend als „normal“ empfunden wird. Dabei drohen ohnehin kaum Strafen.

Ob also die mit der Anklageerhebung verbundenen Erfolgsmeldungen der Polizei gerechtfertigt sind, wird die Gerichtsverhandlung aufzeigen. In der Vergangenheit hatte die Justiz nicht im Sinne der Anklage entschieden.

Im Zuge der 3.567 Strafverfahren, die nach den G-20-Krawallen eröffnet wurden ist es lediglich in 148 Fällen zu Gerichtsverurteilungen gekommen. 92-mal verhängten Richter eine Freiheitsstrafe – doch fast immer mit Bewährung. Bis heute haben nur in zehn Fällen Angeklagte eine Strafe ohne Bewährung erhalten.

Diese extrem milden Urteile der Justiz in der Hansestadt werden hinter vorgehaltener Hand auch von vielen Polizeibeamten und von einigen Staatsanwälten scharf kritisiert: Eine solche Rechtsprechung sei nicht geeignet, potentielle Gewalttäter wirklich davor abzuschrecken, neuerliche Gewaltexzesse zu verüben.

Härtere Strafen hat es nur in zwei Fällen gegeben. Die mit Abstand zweithöchste Strafe – drei Jahre und drei Monate – erhielt Ümüt Y. (28 Jahre). „Ümüt“ kommt aus der persisch-arabischen Sprache und ist zu übersetzen mit: „Ein hoffnungsvoller Mann.“ Ich persönlich glaube daher nicht, dass die linksextremistische Szene „ins Mark“ getroffen wurde, ich nehme das Gegenteil an. Die Zahlen jedenfalls sprechen für sich.


Steffen Meltzer, Buchautor von Ratgeber Gefahrenabwehr: So schützen Sie sich vor Kriminalität – Ein Polizeitrainer klärt auf

Die mobile Version verlassen