Sie wundern sich vielleicht über diese sehr allgemein gehaltene Frage. Wir, die Redaktion von Tichys Einblick, wollen so grundsätzlich fragen. Denn wir registrieren – wie viele andere auch – , dass sich in der Gesellschaft eine tiefe Frustration ausbreitet, die bei einigen in Wut, bei anderen in Resignation umschlägt. Und das nicht nur wegen der sogenannten großen Politik in Berlin, nicht nur wegen des radikalen Kurswechsels der Union, die wesentliche Wahlversprechen einfach kassiert – von der Schuldenbremse über die Eindämmung der Migration bis zum Heizgesetz, das sie jetzt offenbar doch nicht abschaffen will.
Viele Menschen reagierten auch schon vor der Wahl mit Unverständnis, Unwillen und Abwehr auf das, was sich in ihrem Alltag zum Schlechteren verändert. Sie nehmen wahr, wie ihrer Gemeinde immer mehr Migranten zugewiesen werden, obwohl es eigentlich kaum geeignete Unterbringungsmöglichkeiten gibt. Viele, die bisher glaubten, einen sicheren Arbeitsplatz in der Industrie oder Dienstleistungsbranche zu haben, erleben jetzt: Diese alte Sicherheit gibt es nicht mehr. Sie machen sich Sorgen, ob und wie sie ihren Lebensstandard halten sollen angesichts stark gestiegener Preise, teurer Energie und der an vielen Orten kräftig erhöhen Grundsteuer. Und was aus ihrem Ersparten wird.
Nicht nur in Berlin, auch in anderen Städten klagen Bürger über die zunehmende Verwahrlosung des öffentlichen Raums. Nach etlichen größeren Anschlägen und der steigenden Zahl kleinerer und nur regional noch für berichtenswert gehaltener Gewalttaten („Messerkriminalität“) fühlen sich viele selbst in ihrer eigentlich vertrauten Umgebung nicht mehr sicher.
Alltagssorgen gab es für Normalbürger immer. Nur existierte nach Ansicht Vieler noch nie eine derart tiefe Kluft zwischen ihrer Alltagswahrnehmung und dem Bild, das Politiker und Medien von diesem Land zeichnen. Bürger und Politiker scheinen sich nicht mehr in der gleichen Welt zu bewegen. Und die Medien, die sich ihrem Begriff nach eigentlich als Mittler zwischen beiden betätigen sollten, übernehmen immer häufiger die Aufgabe, ihre Leser zu belehren, ihnen ihre tagtäglichen Erfahrungen auszureden und sie mit sogenannten „Narrativen“ zu versorgen – also Hinweisen, wie die Verhältnisse im Land „richtig“ zu sehen und zu interpretieren sind. Jedenfalls erkennen die etablierten Medien darin mittlerweile ihre eigentliche Rolle.
Dazu kommt: Hundertausende haben eben nicht ihre Erlebnisse während der Corona-Zeit vergessen, angefangen von den willkürlichen Lockdowns und dem einsamen Sterben von Angehörigen in Krankenhäusern und Altenheimen bis zum gesellschaftlichen Ausschluss von Ungeimpften. Sie reagieren mit Verbitterung, wenn die damals Verantwortlichen sich heute herauszuwinden versuchen, mit dem Finger auf andere zeigen oder großzügig erklären, es sei jetzt Zeit, „nach vorn zu sehen“.
Wenn wir sagen, es habe sich vieles angestaut, dann gehört zu diesem Bild auch die Staumauer: Sie steht unter ungeheurem Druck. Und danach fragen wir, die Redaktion: Wie gehen Sie ganz persönlich mit diesem Druck im Inneren um, mit dem Gefühl, von Politik und alten Medien nicht gehört zu werden, mit dem Gefühl, Politikern, die Sie vielleicht früher, vielleicht aber auch noch im Februar 2025 gewählt haben, nicht mehr vertrauen zu können?
Manche Menschen ziehen sich ganz ins Private zurück. Andere suchen gerade jetzt das Gespräch mit Leuten, die ähnlich denken, um sich auszutauschen. Manch einer überlegt auszuwandern, packt gerade seine Sachen, oder er wohnt schon nicht mehr in Deutschland. Andere hoffen auf eine Änderung zum Besseren, und fragen sich: Was kann ich dazu beitragen?
Schreiben Sie uns bitte, wie Sie Ihren Alltag wahrnehmen. Was sie nicht mehr ertragen können, woran Ihre Hoffnung hängt, woraus Sie trotzdem Lebensfreude ziehen. Sehen Sie noch die öffentlich-rechtlichen Medien, lesen Sie noch Ihre Lokalzeitung und ärgern sich über vieles – oder haben Sie sich von ihrer früheren Mediennutzung verabschiedet? Igeln Sie sich ein – oder suchen Sie nach Möglichkeiten, Ihrem Ärger Luft zu machen? Schildern Sie auch gern Positives.
Vielleicht haben Sie mit den Politikern einer Partei in Berlin abgeschlossen, halten Ihren Bürgermeister oder Ihren Wahlkreisabgeordneten aber nach wie vor für integer? Vielleicht wollen Sie von der Amtskirche nicht mehr hören, schätzen aber immer noch den Pfarrer oder Priester in Ihrer Gemeinde?
Sehr viele Menschen suchen nach einer Möglichkeit, über das, was Sie beschäftigt, zu reden. „Sich etwas von der Seele reden“ – in dieser Wendung liegt das Wissen, dass es oft wohltuend und heilsam ist, die eigene Erfahrung mit anderen zu teilen. Schreiben Sie uns also – natürlich ohne justiziable Beschimpfungen, Beleidigungen und pauschale Schuldzuweisungen ohne grobschlächtige Wortwahl, sondern so, wie Sie mit einem guten Freund oder Freundin darüber reden würden, was Sie bewegt. Konkret, anschaulich, bürgerlich.
Wobei ‚bürgerlich‘ nicht heißt, Wut und Zorn zu unterdrücken. Sie können gern unter Ihrem Namen schreiben, aber auch anonym, wenn Ihnen das lieber sein sollte. In dem Fall genügt es, wenn Sie beispielsweise schreiben: ‚Angestellter, Hessen, 43 Jahre‘ oder ‚Rentnerin, Sachsen, 67‘, um etwas über ihr Lebensumfeld mitzuteilen.
Es geht nicht nur darum, dass Sie etwas über Ihren Blick auf den Alltag und Ihr Leben mitteilen. Anderen, die es lesen, hilft vielleicht schon die Erkenntnis: Ich bin mit dem, was ich denke, gar nicht so allein.
Wir als TE-Redaktion wollen mit dieser Aktion ein Echolot in die Gesellschaft werfen. Keiner Gesellschaft tut es gut, wenn darin zu Vieles unausgesprochen bleibt. Sprechen Sie sich also aus. Das Wort haben Sie: die Leser. Und wir heben Ihre Worte auf Tichys Einblick, damit Sie voneinander erfahren.