Armin Laschet ist kein ungeschickter Tölpel. Auch wenn er in diesem Wahlkampf mitunter so erscheint und medial zunehmend so dargestellt wird. Wer wie er Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen geworden ist, muss etwas können und über Talente verfügen. Er hat sich in der Landespartei durchgesetzt, eine beliebte Amtsinhaberin im Wahlkampf geschlagen und sich danach in der Hierarchie der Bundespartei behauptet.
Doch der Wahlkampf ums Kanzleramt läuft gegen Laschet. Stimmen die Umfragen, hat er in wenigen Wochen über zehn Prozentpunkte verspielt und droht entgegen allen Erwartungen hinter Olaf Scholz zu landen. Im Triell zeigte der Kandidat der Union zwar, dass er sich in Debatten halten kann. Aber der Auftritt bei RTL ließ auch erkennen, dass Laschet ein Problem mit sich herumschleppt: die Kanzlerin.
Deutschland ist reformbedürftig. Das ist keine Aussage eines Kritikers. Das ist das Fazit, das die Amtsinhaberin in ihrem letzten Sommergespräch mit den Medien selbst zog. Ansatzpunkte für die Opposition sind also reichlich vorhanden.
Opposition trägt keine Verantwortung. Wenn es dann schief läuft wie im Falle Afghanistans, dann geht das mit der Regierung nach Hause. Auch darf die Opposition Maximalforderungen aufstellen. Gäbe die große Koalition drei Fantastillarden für den Klimaschutz aus, würden die Grünen mindestens vier Fantastillarden verlangen.
Laschet zeigte sich beim Triell mit dem deutschen Krisenmanagement in der Causa Afghanistan wie Baerbock unzufrieden. Doch er musste herausarbeiten, dass die Fehler nicht von den Leuten in der Union kommen, die er als Regierungschef noch brauchen würde. Und dass er es hasse, wenn Bürokraten bürokratisches Gezerre höher schätzen als effektives Eingreifen.
Doch damit diese Aussage Sinn ergibt, dafür hätte Laschet die Kanzlerin angreifen müssen. Denn Aufgaben auf den Dienstweg zu schicken oder in Arbeitskreisen darben zu lassen, prägt den Regierungsstil Angela Merkels. So ist es zu dem Reformstau gekommen, den sie in den Sommerinterviews selbst anerkannt hat. Aber das würde Armin Laschet nie aussprechen. Kritik an der Kanzlerin ist für ihn tabu.
Zum einen schielt Laschet auf die Wähler, die Merkel gut finden. Zum anderen braucht er ihre Anhänger, um sich in der Partei-Hierarchie oben zu halten. Dazu kommt, dass die deutschen Medienlandschaft in großen Teilen der Kanzlerin wohlgesonnen ist. Schwächen ihrer Amtszeit übersehen viele Journalisten selbst dann noch, wenn Merkel diese persönlich zugibt.
Olaf Scholz ist klarer als Laschet. Er steht zu der Regierungsarbeit der großen Koalition – auch und gerade, wenn diese vom Unions-Vertreter angegriffen wird. So verläuft die Linie des Vizekanzlers grundsätzlich und sie funktioniert dann besonders gut, wenn sich Laschet in Details verliert. Selten sah Laschet am Sonntag so tölpelhaft aus wie in dem Moment, in dem Scholz daran erinnert, dass es das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung schon gibt, das Laschet gerade gefordert hat.
So kommt es denn zu einer Polarisierung im Triell: Baerbock spricht die Zuschauer an, die nach 16 Jahren Merkel unzufrieden sind. Scholz erreicht die Menschen, die mit der Regierung zufrieden sind oder die sich in Krisenzeiten Kontinuität wünschen – unabhängig davon, wie diese Kontinuität aussieht.
Und wo steht Laschet in dieser Polarisierung? Wie beim Triell: am Rande. Er redet länger als die beiden anderen. Denn er muss mehr erklären, weil seine Linie das „Sowohl als auch“ ist. Doch in dem Gestrüpp aus Haupt-, Neben- und eingeschobenen Sätzen verliert sich jede klare Botschaft, für was denn Laschet nun stehe.
„Keine Experimente“, „Willy wählen“ oder „Yes we can“ – Wahlkämpfe sind dann besonders erfolgreich, wenn sie sich auf eine simple und einprägsame Botschaft reduzieren lassen. Wer Laschets Botschaft erfahren will, braucht Zeit und ein Schaubild, auf dem er die vielen Nebensätze auseinander nehmen und neu zusammensetzen kann.
Kommt Laschet nicht auf den Punkt, dann kommt er auch nicht ins Kanzleramt. Nicht nur der Trend ist gegen ihn, sondern auch die Zeit. Die Wahl läuft schon. Die ersten Stimmen sind bereits abgegeben. Allerspätestens in zwei Wochen, wenn ARD und ZDF zum nächsten Triell einladen, muss Laschet pointiert sein. Allerdings müsste er dafür die Armin-Frage klären: Sag, wie hältst du es mit der Kanzlerin?