Vor kurzem in der bayerischen Kleinstadt Tapfheim-Erlingshofen im Landkreis Donau-Ries in Schwaben: Landwirte sind beim Ernten eines Dinkelfeldes. Der Fahrer eines Mähdreschers sieht einen Polizeiwagen über den abgemähten Teil des Feldes rauschen und ist entsetzt. Es ist heiß, Auspuff und Katalysator können jederzeit das Stoppelfeld entzünden; beinahe täglich geraten Felder in Brand.
Die Polizei wiegelt später gegenüber dem Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt ab und sagt, die Kollegen seien zügig zum Mähdrescher gefahren und wieder weg. Ihnen sei die Brandgefahr bewusst.
Anlass für die Aktion war, wie das Bayerische Landwirtschaftliche Wochenblatt weiter berichtete, der »Notruf« eines Radfahrers gewesen. Der fühlte sich auf einem Feldweg von einem LKW mit großem Anhänger gestört und konnte nur eng an dem wartenden LKW vorbei radeln.
Der LKW wartete am Rande eines Feldwegs auf seinen nächsten Einsatz, sollte als Erntefahrzeug das Erntegut abtransportieren.
Erntezeit ist für die Bauern hektische Hochbetriebszeit. Es kommt darauf an, günstige Wetterlagen zu finden und entscheidend dabei: hohe Schlagkraft, um in den engen Zeitfenstern vor dem nächsten Regen schnell Getreide einzubringen. Eine Ernteaktion ist eine eng abgestimmte Aktion von Landwirten, Lohnunternehmen mit Mähdreschern, die teilweise rund um die Uhr fahren müssen. Schnelle Kommunikation über Mobiltelefone spielt dabei übrigens eine wichtige Rolle. Mit einer 4-Uhr-Feierabend-Beamtenmentalität‘ käme kaum eine anständige Ernte zustande. Statt ihre Arbeitsleistung zu vollbringen, mussten sich in Schwaben die Mitarbeiter mit Radfahrer und Polizei auseinandersetzen und verloren kostbare Erntezeit.
Von Szenen wie diese können Bauern vielfach berichten. Zu Angriffen auf Landwirte kommt es immer wieder. Städter klettern schon mal auf Traktoren, während Bauern über die Äcker fahren. Vor kurzem berichtete eine junge Landwirtin in einem social Media-Post von üblen Beleidigungen von Radfahrern, weil sie mit ihrem Traktorgespann auf ausgetrockneten Feldwegen Staubwolken aufwirbelte.
»Für mich bedeutet es die absolute Höchstleistung der Organisation von Job,Familie, Kunden und Hof«, schrieb sie aus der Heuernte – und erntete zu ihrem Erstaunen breiten ermutigenden Widerhall.
Sie arbeiten hart und sollen sich dafür noch entschuldigen. Das geht vielen zu weit. Kein Wunder, immer weniger wollen ihre Höfe weiterbetreiben. Die Zahl der Höfestillegungen nimmt in beängstigendem Ausmaße zu. Auch eine Folge der systematischen Propaganda gegen eine Landwirtschaft, die vor allem von Städtern abgelehnt wird. Ausgerechnet jene, die kaum Weizen von Gerste unterscheiden können, wollen wissen, was der Bauer zu tun und zu lassen hat.
Sie müssen sich nicht mehr wie früher selbst um die tägliche Nahrung kümmern. Nur weil die immer weniger werdenden Bauern immer effektiver Lebensmittel produzieren, haben sie die Zeit, gegen die Landwirtschaft zu kämpfen und »Wir haben es satt« zu tröten. Noch vor 60, 70 Jahren hätten sie selbst in der Landwirtschaft mitarbeiten müssen, im Frühjahr Unkraut jäten, hätten Käfer auflesen müssen, die die Nutzpflanzen fressen wollen, hätten bei der Ernte auf dem Acker helfen müssen, im Herbst dann Kartoffel klauben. Nur weil in einer produktiven Landwirtschaft heute ein Bauer mit seiner Arbeit rund 140 Menschen ernähren kann gegen drei bis vier um 1900, sind die meisten Menschen zumindest hierzulande tatsächlich satt.
Heute müssen keine Kinder und Jugendliche mehr bei der Ernte mithelfen oder beim Unkraut jäten, wie sie das früher tun mussten. Heute können sie gegen eine Landwirtschaft demonstrieren oder sich auf Straßen festkleben. Das Essen ist vorhanden.
Möglich, dass genau dies das Problem ist. Täglich Lebensmittel zu produzieren ist ein mühevolles Geschäft, verlangt Kenntnis und Erfahrung. Eine Einsicht, die angesichts noch voller Lebensmittelregale verschwunden ist.
Nur so kann es kommen, dass im EU-Parlament eine Sarah Wiener für die österreichischen Grünen im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung ein großes Wort schwingen und tönen kann, sie wolle im Grunde genommen eine Landwirtschaft vollkommen ohne Pflanzenschutzmittel, wie das Willi Kremer-Schillings im Gespräch mit dem TE-Wecker schaudernd berichtete. Er, der studierte Landwirte hat in seiner Dissertation den „Einfluss von Zwischenfrüchten auf Ertrag und Qualität einer Fruchtfolge“ untersucht, hat dazu detaillierte Vergleiche auf 2.248 Versuchsparzellen angestellt. Er weiß also, wie es geht und auch, wie schwer es ist, der Natur einigermaßen gute Ernten abzuringen. Das ist keineswegs gesichert. Zahlreiche Hungersnöte in der Geschichte zeugen davon.
Dagegen kann eine lautsprecherische Sarah Wiener über angeblich »gesundes« Essen sülzen. Sie selbst verfügt weder Schulabschluss noch über eine Berufsausbildung und lässt sich ihren sogenannten Öko-Gutshof von Geldgebern aus der Stadt finanzieren, wie die Bundesvertretung der »Freien Bauern« in Österreich lästerte. Essen soll zuerst einmal satt machen. Wiener bedient perfekt das Narrativ von einem bösen Pflanzenschutz und wird von Medien so hochgehypt, dass sie sogar im EU-Parlament als Abgeordnete der österreichischen Grünen im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung über Landwirtschaftspolitik kompetenzlos mitreden kann.
Der linke EU-Kommissar und Champagner-Sozialist Frans Timmermans jedenfalls will die Natur wiederherstellen – was auch immer darunter zu verstehen ist. Dahinter verbirgt sich nichts anderes als eine weitere Stilllegung von Agrarflächen, auf denen dann keine Lebensmittel mehr angebaut werden dürften. Offiziell wird dies als Aufwertung der Agrarflächen mit Landschaftselementen im Sinne des Naturschutzes ausgegeben. Lebensräume und Arten, die angeblich durch menschliche Aktivitäten und den Klimawandel geschädigt wurden, sollen wiederhergestellt werden, heißt es. Auf welchen Ausgangszustand in welchem Jahrhundert – dies sagt er nicht dazu.
Wie gefährlich das Brüsseler Spiel ist, zeigen die Vergleiche, die Kremer-Schillings im TE-Wecker Gespräch anführt:
Die EU will im Rahmen ihres ominösen Green Deal-Programmes von den Bauern verlangen, dass sie vier Prozent der Agrarflächen stilllegen. Auf sehr guten Böden, mit denen Deutschland reichlich gesegnet ist, sollen keine Lebensmittel mehr produziert werden.
Würde man, so macht Kremer-Schillings eine durchschnittliche Vergleichsrechnung auf, darauf Weizen anbauen und legt den europäischen Durchschnittsertrag an Weizen von 6,1 Tonnen pro Hektar zugrunde, dann würde dies rund 25 Millionen Tonnen Getreide ausmachen. Diese Menge fehlte, würde diese Flächenstillegung endgültig durchgesetzt. Im vergangenen Jahr wurde sie aufgrund des Ukraineskrieges ausnahmsweise ausgesetzt. Das bedeutet wieder knappe Ware und hohe Preise. Die Ukraine hat übrigens als Vergleich im vergangenen Jahr 33 Millionen Tonnen Getreide exportiert. Im Jahr 2019 betrug der Export von Getreide aus der Ukraine etwa 50 Millionen Tonnen.
Es sind jedoch nicht nur jene vier Prozent Flächenstilllegung, die die Produktionsflächen reduzieren. Es sollen auch noch drei Meter breite Streifen rechts und links der vielen Wassergräben nicht mehr bearbeitet werden dürfen. Keine Pflanzenschutzmittel und keine Dünger mehr – angeblich aus Gewässerschutzgründen. Dies bedeutet, dass tatsächlich noch wesentlich größere Anbauflächen verloren gehen.
Eine systematische Einschränkung der landwirtschaftlichen Flächen betreibt die EU unter dem Stichwort »Renaturierung«, »Naturwiederherstellungsgesetz« heißt der Propagandabegriff, der bei eher unbeleckten und möglicherweise romantisch veranlagten Städtern gut ankommt.
Die Landwirte können sich kaum damit auseinandersetzen. Sie haben keine Zeit, die Natur sitzt ihnen im Nacken, die Ernte muss eingebracht werden. In der Kölner Bucht sind viele Landwirte mit ihrer Ernte fertig, wie »Bauer Willi« im Gespräch mit TE berichtet.
Anders als in diesen Frühdruschgebieten bangen derzeit die Bauern im verregneten Nordwesten. Im Emsland herrschen trotz der propagierten Hitzekatastrophe Regen, Regen, Regen und Kälte vor. Die Landwirte können nicht mit ihren Traktoren auf die Felder fahren. Kalt und regnerisch – daran soll sich auch in der nächsten Zeit nicht viel ändern.