Tichys Einblick
Grüne Landwirtschaftspolitik ins Nichts

Stilllegung: Wie die deutsche Landwirtschaft durch die Politik zerstört wird

Die EU will, dass vier Prozent der Agrarflächen stillgelegt werden. Aufgrund des Ukraine-Krieges und der drohenden Lebensmittelkrise hat sie verkündet, dass diese Vorgabe für ein Jahr ausgesetzt werden könne. Doch grüne deutsche Agrarpolitik ziert sich.

Cem Özdemir, Bundesminister für Landwirtschaft und Ernährung, beim Besuch einer Nasswiese bei Templin, 27.07.2022.

IMAGO / photothek

Neben den sinkenden Ernteerträgen ist ein weiteres katastrophales Zeichen einer desaströsen Landwirtschaftspolitik, dass noch immer nicht feststeht, was die Bauern demnächst anbauen dürfen und was nicht. In der vergangenen Woche konnten sich die meist grünen Agrarminister der Mitgliedsländer nicht darauf einigen, wie sie die EU-Vorgaben umsetzen wollen. Die sehen vor, dass immer mehr Flächen nicht mehr bewirtschaftet werden dürfen. Immer mehr Hilfsmittel der Bauern werden verboten – Dünger, Pflanzenschutzmittel, Unkrautvernichtungsmittel. Ohne die sinken aber die Erträge, weil die Pflanzen von Viren, Bakterien und Pilzen zerstört werden.

Die EU will, dass vier Prozent der Flächen stillgelegt werden, also nicht mehr zur Erzeugung von Lebensmitteln zur Verfügung stehen sollen. Aufgrund des Ukraine-Krieges und der drohenden Lebensmittelkrise hat sie verkündet, dass diese Vorgabe für ein Jahr ausgesetzt werden könne.

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Doch die grüne deutsche Agrarpolitik ziert sich. Jetzt geht es um die „GLÖZ 1 bis 9“ genannten Vorschriften einer neuen Agrarpolitik. Die Abkürzung soll „Guter landwirtschaftlicher und ökologischer Zustand (GLÖZ)“ heißen. Guter Zustand heißt: stillgelegte Fläche. Darin enthalten sind Flächenstilllegungen, ein faktisches Verbot, ausgerechnet die fruchtbarsten Bereiche entlang von Wasserläufen zu bewirtschaften, Fruchtfolgevorschriften und unter „GLÖZ 6“ eine sogenannte verpflichtende Bodenbedeckung.

Vom 15.12 bis zum 15.01. sollen nach den Vorstellungen im Landwirtschaftsministerium alle Böden mit einer Mulchauflage oder durch den Aufwuchs mit Winterkulturen begrünt sein. Wie das zum Beispiel nach späträumendem Körnermais mit anschließendem Wintergetreide gehen soll, wird nicht erklärt. Denn wenn das Wintergetreide erst Ende November bis Mitte Dezember – in bestimmten Regionen nach Körnermais üblich – gesät wird, kann es am 15.12. noch nicht aufgelaufen sein, der Bauer verstößt damit klar gegen die „GLÖZ 6“ genannte Vorschrift. Oder verstößt eher der Acker gegen GLÖZ, oder die Pflanze, die im Winter nicht wachsen und den Boden bedecken will?

Jetzt hat der Grüne Özdemir, der zurzeit auf dem Chefsessel des Landwirtschaftsministeriums sitzt, den Länderagrarministern vorgeschlagen, dass die verpflichtende Stilllegung erst ab 2024 gelten solle. Also nicht den zerstörerischen Unsinn aufheben, sondern nur verschieben – so der derzeitige Plan. Ebenso sollen die Regeln zum verpflichtenden Fruchtwechsel erst ein Jahr nach Beginn der neuen GAP-Periode erfüllt werden müssen. Vermutlich werden die Länderminister dem zustimmen; bisher hatten sich nur die Agrarminister der Grünen dagegen ausgesprochen. Sie wollen die politisch verursachte Verknappung der Lebensmittel ebenso durchsetzen wie sie die Energie drosseln wollen.

Früher planten Bauern rechtzeitig, was sie aussäen, bestellten entsprechendes Saatgut und bereiteten die Böden vor. Planung, Vorausschau, Planung im Vorhinein – wissen, was man tut: für die derzeitige Bundesregierung offenbar unerwünscht.

Nach der Energiewende ist die Landwirtschaft ein weiterer Sektor, der zerstört wird. Lebensmittel – die kauft man im Supermarkt. Hauptsache, landwirtschaftliche Flächen sind im Winter nicht braun, sondern grün. Das erscheint „öko“.

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