Versteht man unter dem Begriff Eliten eine Auswahl der Besten, dann wird man den Begriff Eliten jetzt und für eine ganze Zeit in Deutschland nicht anwenden können. Der gesellschaftliche Niedergang, und das meint alle Bereiche: Demokratie, Bildung, Wirtschaft, Sozialstaat, Infrastruktur und nicht zuletzt innere Sicherheit, ist rasant. Anstatt für Besserung zu sorgen, verstärken Deutschlands „Eliten“ diesen Niedergang, denn um die persönliche Macht und das Einkommen zu schützen, scheint ihnen inzwischen jedes Mittel recht zu sein.
Der demokratische Wettbewerb wird zunehmend durch Propaganda, Finanzierung des tiefen Staates (NGOs, in vulgo: Zivilgesellschaft) und durch die Ersetzung des Rechts durch die Gesinnung erschwert. Es ist wie bei einem Einhundertmeter-Lauf, bei dem einigen Läufern vor dem Start die Beine zusammengebunden werden. Der Begriff Eliten lässt sich in Deutschland jetzt nur noch verwenden, wenn man unter ihm die Exponenten des Brandmauerkombinats subsummiert – und sich jegliche Assoziation zur Auswahl der Besten verbietet.
Der Grund der Panik und der zunehmend schrillen Töne findet sich in dem Unwillen des „dummen“ Volkes, die Herrschaft dieser Eliten weiter zu ertragen und willig und devot den Niedergang hinzunehmen. Nach der neuesten Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen in Thüringen käme die AfD, wenn am Sonntag gewählt werden würde, auf 30 Prozent der Stimmen, die CDU auf 21 Prozent, BSW auf 19 Prozent, Ramelows Linke auf 15 Prozent und die SPD auf 7 Prozent. Göring-Eckardts Grüne wären mit 3 Prozent nicht mehr im Landtag vertreten. Da es eiserne Regel des Brandmauerkomplexes ist und die CDU ihr Blockflöten-Gen auslebt, nicht mit der AfD zu kooperieren, wird in Thüringen eine Koalition aus CDU, BSW und SPD wahrscheinlich.
BSW, Linke und SPD dürften nach heutigem Stand keine Mehrheit erreichen. Wäre die Thüringer CDU eine Partei mit Charakter, würde sie keine Koalition mit Ramelows Linken und dem BSW oder der SPD eingehen, die auch möglich wäre. Doch eine Partei mit Charakter hätte auch nicht vor fünf Jahren den Putsch der Parteivorsitzenden Merkel gegen die Demokratie und das „Rückgängigmachen“ einer demokratischen Wahl unterstützt – und diesen Skandal noch verfestigt, indem sie geholfen hat, die versprochenen Neuwahlen zu verhindern. Warum soll man auch ein einträgliches Landtagsmandat gefährden?
Doch der Wert, den die AfD in Umfragen in Thüringen erreicht, veranlasst den SPIEGEL zu der Schlagzeile: „Oh, wie braun ist Thüringen“. Abgesehen davon, dass eine Elite, der die Problemlösungs- und Gestaltungskompetenz vollkommen abgeht, in immer gröbere Propaganda, in Verschwörungstheorien und Falschinformationen flieht, hat die SPIEGEL-Redaktion die Bürger Thüringens als Nazis oder Neonazis beschimpft, denn was soll sonst die Zeile: „Oh wie braun ist Thüringen“ heißen? Doch, dass dort Nazis leben, oder? Der Verweis auf Janosch würde die Angelegenheit übrigens noch schlimmer machen.
Nazivergleiche sind en vogue, wenn man inhaltlich am Ende ist – und wie sehr man inhaltlich abgedankt hat, zeigt die zunehmende Frequenz, die immer schrilleren Nazivergleiche und immer gröberen Beleidigungen und dumpferen Herabsetzungen. Der Spitzenkandidat der Thüringer CDU, Mario Voigt, bewies im Lande Schillers und Goethes geradezu faustische Tiefe, als er in einem heftig bespöttelten Werbespot im Stile der Lindenstraße allerdings für geistig ganz, ganz Arme sich von einer älteren Dame Kaffee reichen ließ. Es muss eine Besonderheit bei Anhängern der Thüringer CDU sein, dass man dort entweder Kaffee mit Zucker oder mit Salz trinkt, sonst müsste die ältere Dame Mario Voigt nicht fragen, ob er den Kaffee mit Salz oder mit Zucker möchte.
Auf den SPIEGEL-Sound ist Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer eingestiegen, dem Voigts Volksaufklärung über die intellektuellen Fähigkeiten Björn Höckes offensichtlich nicht ausreichte, sondern der es im Antifa-Stil politisch noch einzuordnen gedachte. Zwar führt die CDU nach den jüngsten Umfragen der Forschungsgruppe Wahlen in Sachsen mit 34 Prozent, dicht gefolgt von der AfD mit 30 Prozent, es schließen sich mit Abstand an das BSW mit 11 Prozent, die Grünen mit 6 Prozent und die SPD mit 6 Prozent. Michael Kretschmer spricht nicht über den Lehrermangel in Sachsen, nicht über den Niedergang der Bildung, dafür nennt er Björn Höcke einen „Neonazi“: „Björn Höcke ist ein Neonazi: von seiner ganzen Wortwahl, von den Themen, wie er sich benimmt.“
Die Kritik eines Mannes, der unter den Grünen Ministerpräsident von Sachsen ist und sich in dieser Koalition wohlzufühlen scheint, ist schon deshalb billig, weil man nach dem dubiosen Urteil von Halle gegen Höcke inzwischen alles gegen Höcke sagen darf. Weil Kretschmer das zwar über den inzwischen vogelfreien Höcke, nicht aber über die Sächsische AfD direkt sagen kann, versteigt er sich in Sophismen: „Dass so jemand hier Wahlkampf macht und begrüßt wird, das zeigt eben, dass die Führung der AfD hier genau in die gleiche Richtung unterwegs ist.“ Um schließlich sich völlig in den Spätbyzantinismus zu flüchten, dass nicht alle Wähler der AfD rechtsextrem seien: „Es sind sehr, sehr viele Menschen, die dieses Vertrauen verloren haben in die Institutionen.“
Würde Kretschmer, würden die sich als Eliten Dünkenden, die den Niedergang des Landes zu verantworten haben, in den Spiegel und selbstkritisch auf ihr Handeln schauen, müssten sie erkennen, dass nicht die Bürger das Vertrauen in die Institutionen verlieren, sondern dass diese Eliten täglich mehr die Institutionen delegitimieren und das Vertrauen in die Institutionen zerstören. Und das ist, um Markus Feldenkirchen, dem Patrioten vom SPIEGEL ein wenig Nachhilfe in Geschichte zu geben, die Lehre von 1929 bis 1933, dass die Nationalsozialisten auch an die Macht kamen, weil durch die Präsidialkabinette, die Notverordnungen, den Preußenschlag, die Abgehobenheit der politischen Elite („Honoratiorenrepublik“) der Weg für die NSDAP bereitet wurde.
Mit den ständigen Nazivergleichen delegitimieren sich die Vergleichenden, verharmlosen sie den Nationalsozialismus und treiben die Spaltung des Landes voran.
In Sachsen jedenfalls dürfte es nach Lage der Zahlen heißen: Wer CDU wählt, wählt die Koalition erneut – verkürzt gesagt: Wer schwarz wählt, bekommt grün. Möglich, dass Kretschmer sich auf das Experiment einlässt, mit dem BSW zu regieren. Doch was macht das besser, es würde nur den Linkstrend der sächsischen CDU verstärken und die Gründrift etwas abmildern.