Statt deprimiert zu sein, wenn wir bisher verborgene Fehler an uns entdecken, hätten wir eher Ursache zu frohlocken – wie der Seemann froh ist, das Leck gefunden zu haben, dass sonst das Schiff hätte zum Sinken bringen können.
Prentice Mulford „Unfug des Lebens und des Sterbens“
Manfred Hettlage schreibt zur Landtagswahl in Sachsen völlig zutreffend: Die Lage ist vollkommen verfahren. Dazu bietet er dann als Ausweg an:
Die salomonische Lösung kann also nur darin liegen, die AfD nicht anders zu behandeln als die anderen Parteien. Ihr ist also der Wechsel zur Gruppenwahl zu gestattet, weil er auch den anderen Parteien gestattet wurde.
Das würde bedeuten, dass vom sächsischen Verfassungsgerichtshof die ursprüngliche AfD-Liste mit 61 Kandidaten am 16. August doch zugelassen wird. Dafür ist es jetzt aber zu spät, denn seit 29. Juli und nicht erst am 1. September ist Landtagswahl in Sachsen.
Wer das nicht glauben will, kann sich im Internet informieren. Da wird berichtet, dass am 29. Juli im Leipziger Stadthaus die Leipziger Wähler per Briefwahl ihre Stimmen abgeben können, ehe sie überhaupt eine Wahlbenachrichtigung bekommen haben. Personalausweis oder Reisepass würden als Legitimation genügen. Schon vor dem 16. August kann also jeder der wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger Sachsens seine zwei Stimmen per Briefwahl abgeben. Das wird schwerwiegende Folgen haben.
Weil die Landtagswahl in Sachsen schon läuft, kann der Sächsische Verfassungsgerichtshof nach Meinung des Autors während des Wahlvorgangs nicht mehr „die Pferde wechseln“, d. h. bis zum 16. August nur 31 AfD-Kandidaten auf der Liste per Einstweiliger Anordnung zulassen und ab 16. August bei der Entscheidung in der Hauptsache 61 Kandidaten (mit dem Eingeständnis, dass nicht die AfD, sondern der sächsische Wahlprüfungsausschuss die Fehler gemacht hat).
Wenn das Gericht vor der Landtagswahl in Sachsen und während der Wahl so unterschiedlich entscheidet, sind erfolgversprechende Wahleinsprüche von Wahlbürgern nach der Wahl programmiert, die behaupten, dass sie per Briefwahl vor dem 16. August anders gewählt hätten, wenn sie die endgültige Entscheidung des Gerichts zu Gunsten der AfD am 16. August gekannt hätten.
Bleibt das Gericht bei seiner vorläufigen Entscheidung, dann sind völlig unabhängig vom Ausgang der Landtagswahl in Sachsen auch erfolgsversprechende Einsprüche zu erwarten.
Die Richter des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes glauben offensichtlich, mit der Einstweiligen Anordnung und der zu erwartenden gleichgerichteten Entscheidung am 16. August ein salomonisches Urteil zu fällen, das irgendwie unparteiisch, parteineutral aussieht. Das ist ein Irrtum. Von den großen meinungsbildenden Medien wurde und wird zwar der Teilerfolg für die AfD nicht verschwiegen, aber dabei – wie schon vorher – betont, dass an der Teilniederlage die sächsische AfD wegen Unfähigkeit, Kandidaten gesetzeskonform aufzustellen, selbst schuld ist. Der daraus folgende Imageschaden für Partei kann enorm sein, auch wenn er dann am 1. September nicht am Wahlergebnis abzulesen ist.
Bei dem zu erwartenden Erfolg aller diesbezüglichen Wahleinsprüche führt dann kein Weg an Neuwahlen vorbei. Da ist es überlegenswert, die gesamte Wahl bis zum Schlusstag 1. September 2019 erst einmal am 16. August abzusagen, weil kein Weg zu finden ist, die Wahl gesetzestreu durchzuführen.
Zum Schluss in Form eines Zitates eine Einladung an die Leser:
Ich weiß nie genau, was ich gesagt habe, bevor ich nicht eine Antwort höre auf das, was ich gesagt habe.
Norbert Wiener, Begründer der Kybernetik-Lehre.
Diplom-Kaufmann Dieter Schneider ist als praktizierender Wahlbeobachter ein Wahlforscher besonderer Art.