„Deutschland geht es so gut wie nie!“ Wer kennt nicht diesen populistischen Lieblingsspruch einiger Politiker. Stets im Dunkeln bleibt, wer und was konkret gemeint sein könnte. Offensichtlich nicht die steigende Kinderarmut oder eine Rentnerin, die aus Hunger stahl und ins Gefängnis muss.
Einst wurde vor allem „die deutsche Bevölkerung“ zum Jahresende mit den üblichen Erfolgsmeldungen behelligt. Seit einer Rede Angela Merkels sind nunmehr die Einheimischen Deutschlands folgendermaßen definiert: „Das Volk ist jeder, der in diesem Land lebt.“ Wir auch immer damit gemeint ist, sei’s drum. Die deutsche Staatsbürgerschaft scheint jedenfalls nicht mehr explizit wichtig oder erforderlich zu sein. Populisten sind ja immer nur die anderen. Dabei hatte „Mutti Merkels“ Ausspruch „Wir schaffen das!“ zum Beginn der Flüchtlingskrise mit der Realität so viel gemein, wie die Feststellung, das Netzwerkdurchsetzungsgesetz von Justizminister Maas würde keine Meinungsfreiheit einschränken und ausschließlich der Hetze im „Kampf gegen rechts“ und Fake-News dienen.
Es gibt Erfolge auf Erfolge zu berichten, genaue Zahlen kennt man zwar noch nicht so ganz genau, aber „Nach 2016 erwarten wir auch für 2017 einen spürbaren Rückgang der Fallzahlen bei den Wohnungseinbrüchen“, teilte der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, triumphierend mit. Gleichzeitig verweist er auf die gestiegene Aufklärungsquote von 16,9%. Dabei hat nach einer Untersuchung des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen e.V. – die tatsächliche Aufklärungsquote bei Wohnungseinbrüchen 2014 anstatt den offiziell vermeldeten15,5% nur 2,6% betragen. Gerade einmal bei jedem 38. Einbruch konnte ein Täter ermittelt und beweiskräftig verurteilt werden.
Es ist der gleiche Spitzenbeamte, der noch 2016 davon ausging: „Die Kriminalität steigt nicht so schnell an wie die Zahl der Flüchtlinge“. Dabei wäre es ab 2015 eine unbedingte Aufklärungspflicht gewesen, der Bevölkerung folgende grundlegende Wahrheit zu vermitteln: Weltweit sind am meisten junge Männer Täter und Opfer krimineller Taten. Bei ca. einer Million zugewanderter junger Männer muss demzufolge auch zwingend die Kriminalität steigen. Ein Fakt, der 2015 geradezu verbissen bestritten wurde. Erst 2016 zeigte man sich geläutert, Bundesinnenminister Thomas de Maizière verkündete im April 2017: „Die Zahl der tatverdächtigen Zuwanderer steigt um 52,7 Prozent auf 174.438“. Allerdings: Anerkannte Flüchtlinge, also Ausländer, die in Deutschland schon Asyl (nach dem Grundgesetz) oder Flüchtlingsschutz (nach der Genfer Konvention) erhalten haben, führt die Kriminalstatistik bisher nicht unter der Rubrik Zuwanderer. Auch deshalb würde sich der Anstieg ergeben. Aha.
Bleiben wir bei den Erfolgsmeldungen gegen Kriminalität. Auch in NRW seien die Einbruchszahlen stark zurückgegangen, berichtet der neue LKA-Chef Frank Hoever. Allerdings hatte er selbst gleich zweimal Pech, 2010 und 2014 wurden er und seine Familie jeweils Einbruchsopfer. Hoffentlich leidet er jetzt nicht unter einem unangemessenen subjektiven Sicherheitsempfinden mit sozialem Rückzug als Verhaltensfolge. Ein Trauma das bei vielen Opfern ein Leben lang präsent bleibt, trotz sinkender Einbruchzahlen. Immerhin hatte er seinen Wachhund als Schwachstelle ausgemacht, dieser erhielt eine Ermahnung. Ob als erzieherische Maßnahme Futterverbot und eine verschlechterte Beurteilung ausgesprochen wurde, bleibt für den geneigten Leser im Dunkeln. Nicht zu vergessen dessen Nachsatz: die Einbrüche wären rückläufig, aber der Anteil ausländischen Täter habe zugenommen.
In Brandenburg ist die Kriminalität „deutlich zurückgegangen“. Auch gegen den Terrorismus sei man gut gewappnet. „Aus eigener Sicht“ – wie der RBB dezent hinzufügt. Am neu gebildeten Dezernat im Landeskriminalamt für islamischen Terrorismus, habe man inzwischen 40 Mitarbeiter. Was nicht in der Pressemitteilung steht: Die anderen Bereiche, aus denen die 40 Mitarbeiter abgezogen wurden, sind jetzt personell weniger gut aufgestellt. Fußkranke wird man für diese Spezialeinheit nicht genommen haben.
In Berlin sind Taschendiebstähle und Einbrüche „ganz erheblich“ gesunken. „Wir haben dieses Jahr riesige Fortschritte gemacht (…). Die neue Kriminalstatistik wird ein „richtiger Paukenschlag“, lautet die frohe Botschaft des Polizeichefs. Auf einer ganz anderen Zeitungsseite las ich: Die Einbruchsserie bei der Berliner Polizei will einfach nicht aufhören. So fand dort bereits der sechste Einbruch innerhalb eines halben Jahres statt. Selbst an den Weihnachtsfeiertagen wurde ein hochwertiges Fahrzeug vom Polizeigelände gestohlen. Wer schützt die Polizei?
Probleme in der Berliner Polizeiakademie sind ebenfalls nicht vorhanden. „Nichts habe sich bisher bewahrheitet“, lautete das Fazit von Polizeipräsident Klaus Kandt und seiner Stellvertreterin Margarete Koppers. Briefe mit Kritikpunkten will der Polizeipräsident sogar „unter strafrechtlichen Aspekten“ prüfen lassen. Trotzdem kommen immer wieder „Gerüchte“ auf, zum Beispiel eine Zeitungsmeldung über eine angebliche „wilde Massenschlägerei an der Polizeiakademie“. Was mag nun stimmen?
Hurra, immer mehr Flüchtlinge finden einen Job, verkündet stolz der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele und blickt voller Optimismus in die Zukunft. Allerdings sprechen, bei genauerer Prüfung, einige Fakten dagegen. Die Forscherin Kristina Stoewe stellt ein klares „Passungsproblem“ auf dem deutschen Ausbildungsmarkt fest – Betriebe und junge Leute finden einfach nicht zueinander. Der Traum von den Fachkräften unter den Flüchtlingen, er wird vermutlich zum Albtraum für unsere Sozialkassen mutieren.
Die Liste der Erfolgsmeldungen ließe sich beliebig fortsetzen. Der Polizeipfarrer der brandenburgischen Polizei sprach schon 2014 von einer Schönschreibe- und Erfolgsmeldekultur wie zu besten DDR-Zeiten. Mit diesem Satz möchte ich mich verabschieden und wünsche allen Lesern für das Jahr 2018 viele tatsächliche Erfolge.
Steffen Meltzer, Buchautor von „So schützen Sie Ihr Kind! Polizeitrainer vermittelt Verhaltensrichtlinien zur Gewaltabwehr“