Tichys Einblick
Regierung der Waschlappen

Kretschmanns Energiespartipps und der Paternalismus der Grünen

Nach Habecks Empfehlung, kürzer und kälter zu duschen, weist sein Parteifreund Kretschmann darauf hin, dass auch der Waschlappen eine brauchbare Erfindung sei. Während die Regierung nicht nur den Wohlstand, sondern inzwischen das schlichte Auskommen seiner Bürger zerstört, predigt sie Enthaltsamkeit.

IMAGO / photothek

So viel Ostalgie war seit dem Untergang der DDR noch nie. Doch es sind nicht die Ostdeutschen – sofern sie keine Grünen sind, aber grün und ostdeutsch geht eben nicht zusammen –, sondern am heftigsten leiden die Grünen, stärker noch als die Linken, genauer das westdeutsche Juste Milieu am Verschwinden der DDR. So sparen sie keine Mühen, um aus der Bundesrepublik eine neue DDR zu machen, perfekter noch im wirtschaftlichen Unvermögen, konsequenter noch in der Umwandlung des politischen Gegners, wie ihn Demokratien kennen, in den Feind, wie ihn Diktaturen kennen.

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Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann erinnert in seinen platt-altväterlichen und sich selbst der Lächerlichkeit preisgebenden Statements inzwischen immer mehr an Walter Ulbricht, nur dass der eine sächselte und der andere schwäbelt. Weil die Union in Erfüllung grüner Dystopien die sogenannte Energiewende eingeführt hat, die nun Robert Habeck, der auf Twitter inzwischen auch der Florian Silbereisen der Politik genannt wird, als Schlussfahrt in die De-Industrialisierung vollenden will, torkelt Deutschland in die Inflation, in die Mangelwirtschaft wie ein Betrunkener, der zu viel vom Wohlstand genippt hat. Was sich vor unseren Augen abspielt, hätte auch der kreativste Komödiendichter, auch der frechste Kabarettist nicht ersinnen können.

Während die Regierung nicht nur den Wohlstand, sondern inzwischen das schlichte Auskommen seiner Bürger zerstört, predigt sie Enthaltsamkeit: Die Bürger sollen grüngläubig und wokegestählt freiwillig auf das verzichten, was sie ohnehin nicht mehr bekommen oder sich nicht mehr leisten können. Im Bild gesprochen: Die Grünen wollen den Frust beim Anstellen in langen Schlangen oder beim Plattdrücken der Nasen an Schaufenstern, in denen die Bürger Waren sehen, die für sie zu teuer sind, dadurch verhindern, dass sie den Leuten einzureden versuchen: Stellt euch gar nicht erst an, geht gar nicht erst los.

Wenn euch das kalte Duschwasser zu kalt ist, duscht erst gar nicht, rubbelt euch lieber mit einem Waschlappen ab, ging doch früher auch. Satire ist das nicht, sondern allen Ernstes das, was der Volksschuloberlehrer Winfried Kretschmann seinen Landeskindern empfiehlt. Und Kinder müssen es sein, die er regiert, denn so behandelt er seine Bürger, wie Lausbuben und Mädels, die er ermahnt, doch ja aufrecht in der Bank zu sitzen. Kretschmanns Spartipps für das unmündige Volk haben genau diesen selbstgerechten und unangenehmen Volksschuloberlehrerton: „Wir heizen in der Regel nur ein Zimmer. Es ist auch gesünder, wenn man im Haus nicht überall die gleiche Temperatur hat.“ Wieso ist es gesünder, wenn man nicht überall im Haus „die gleiche Temperatur hat“? Außerdem braucht man natürlich, nicht dauernd zu duschen. Wo kämen wir denn dahin, wenn jeder nach Lust und Laune und Reinlichkeitsbedürfnis duschen würde? „Auch der Waschlappen ist eine brauchbare Erfindung“, so Kretschmann.

Aber Kretschmann muss es wissen, er ist schließlich Lehrer – und wenn man bedenkt, dass er Kinder unterrichtet hat, versteht man, weshalb der Aufstieg Deutschland im Pisa-Ranking verwehrt bleibt, ja verwehrt bleiben muss. Also, ihr dummen Rotzlöffel, nehmt den Waschlappen, der tut’s auch. In seinem Energiesparrausch prahlte dann Kretschmann damit, dass er eine Riesenphotovoltaikanlage auf dem Dach und ein E-Auto besäße. Wohl dem, der es sich leisten kann. Jan Korte von den Linken kommentierte Kretschmanns Spardampfplauderei de luxe mit den Worten: „Also #Kretschmann hat ein Elektroauto, eine ‚riesige Solaranlage‘, dazu gerade noch eine Pelletheizung bestellt und empfiehlt #Waschlappen. Supi! Wie unendlich abgehoben die Bionade-Bourgeoisie mittlerweile von denen ist, die seit Jahren jeden Tag sparen müssen. Kaum zu fassen.“

Aber vielleicht tut man Winfried Kretschmann auch Unrecht und er hegt nur eine besonders diverse Lust für Waschlappen, der man nicht näher nachgehen will. Die Hygienevorstellungen der Grünen sind ein durchaus anrüchiges Thema, denn auch die grüne Umweltsenatorin Berlins, Bettina Jarasch, sagte über sich, dass sie selbst eine „Katzenwäsche“ bevorzugen würde, bekam es dann aber angesichts des Kretschmannschen Waschlappens mit der Angst zu tun, und erklärte, dass sie unter Katzenwäsche nur eine kürzere Duschzeit verstehen würde. Nun, manche Katze ist eben anders.

Die kürzere Duschzeit hat allerdings schon Robert Habeck fürs Volk entdeckt. Der Mann posierte monatelang im Scheinwerferlicht der Medien als großer Held, weil er eine Energiepartnerschaft mit Katar ausgehandelt haben wollte, nur wusste niemand in Katar davon, schlimmer noch, mit Flüssiggas aus Katar ist nicht zu rechnen. Denn Katar will nur langfristige Verträge abschließen. Doch darauf kann sich Deutschland nicht einlassen, schließlich will man im Rahmen der dystopischen Energiewende aus den fossilen Energieträgern aussteigen. Deshalb hat sich auch der Kanzler jüngst in Norwegen eine Abfuhr geholt – die Norweger weiten ihre Liefermenge nicht aus.

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Wer glaubt, dass Robert Habeck angesichts dieser und weiterer Fehlschläge im Praktischen die Flinte ins Korn wirft, kennt den Klimaminister schlecht, Regieren ist schließlich nicht Handeln, sondern Reden, schwäbisch: Schwätzeln. Lässt sich die Versorgung nicht sichern, müssen sich die Verbraucher eben einschränken. Fünf Minuten Duschen am Tag mit niedrigerer Temperatur als gewohnt haben zu reichen, dekretiert Habeck – schuld ist schließlich nicht er, sondern Wladimir Putin. Wenn Sie nächstens eine Zahlungsaufforderung fürs Falschparken bekommen, teilen Sie dem Ordnungsamt mit, dass nicht Sie, sondern Wladimir Putin schuld ist, weil sie Benzin sparen müssen, man möge die Zahlungsaufforderung deshalb an den Kreml schicken. Warum sollte bei Ihnen nicht klappen, was bei Robert Habeck klappt.

Zurück zur DDR: Ich erinnere mich nur zu gut, wie oft ich als Student stundenlang im D-Zug bestenfalls saß, häufig auch stand, weil der Zug immer wieder auf offener Strecke hielt, um einen oder mehrere Güterzüge vorbeizulassen. In der Bundesrepublik haben Personenzüge Vorrang vor Güterzügen, bis jetzt zumindest. Doch nun diskutiert die Bundesregierung über eine Verordnung, dass Züge mit Kohle, Gas oder Öl Priorität gegenüber Personenzügen bekommen sollen. Wer das Chaos, das jetzt schon auf den Bahnhöfen herrscht – exponentiell nehmen Zugverspätungen zu, immer häufiger werden Regios, ICs und ICCs einfach gestrichen –, erlebt hat, ahnt nur zu gut, dass dann Zugfahren endgültig zu einem der letzten großen Abenteuer unserer Zeit wird, ein Abenteuer, was es aber in sich hat. Man weiß nie, wann es los gehen und wo man ankommen wird. Lange Wartezeiten, Zugausfälle, Halte auf offener Strecke werden zur Regel.

In der Verordnung heißt es, dass die Bürger von den Plänen betroffen werden „durch den Ausfall von Schienenpersonenverkehren …, die aufgrund der vorrangigen Abwicklung von Energietransporten auf der Schiene ersatzlos ausfallen beziehungsweise zeitlich verschoben werden müssen“. Verkehrsminister Wissing von der FDP (aber das ist inzwischen eigentlich schon egal) kritisiert seinen Kollegen Habeck dafür, dass die Sicherstellung der Kohle-, Gas- und Ölversorgung durch die Bahn viel zu kurzfristig käme und dadurch der Bahn zu wenig Zeit für die Vorbereitung bliebe. Habecks Unfähigkeit in praktischer Politik vergrößert das ohnehin schon wachsende Chaos, er wird dem mit noch größerer Kommunikation Herr werden, schließlich erheben die Öffentlich-Rechtlichen seine Kommunikation zu Verkündigungen – das sind sie nicht nur beim RBB ihren allzu hohen Gehältern schuldig. Ein Schelm, wer Arges denkt.

Da alle sich berufen fühlen, Spartipps auszusprechen, will ich nicht zurückstehen. Mein Tipp lautet: Sparen wir uns doch Robert Habeck und diese Regierung – effektiver ging Sparen noch nie. Zum Abschied sollten wir aber nicht knausern, sondern jedem einen Waschlappen schenken.


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