Tichys Einblick
Riesenrazzia mit 200 Ermittlern

Korruption bei Sanierung der NRW-Staatskanzlei?

Kurz vor der Bundestagswahl zeichnet sich für die CDU-Landesregierung in NRW ein handfester Korruptionsskandal ab: Es geht um die Sanierung der Staatskanzlei, deren Kosten mit stark überhöhten Nachtragsrechnungen in die Höhe getrieben wurden.

picture alliance/dpa | Marcus Brandt

In Düsseldorf, Mönchengladbach, Neuss, Wegberg, Münster und Erkrath waren am Dienstagmorgen, 14. Januar, ab 6 Uhr Staatsanwälte sowie rund 200 Ermittler des Landeskriminalamts NRW und örtlicher Polizeibehörden im Einsatz, um 40 Durchsuchungsbeschlüsse in 57 Wohn- und Geschäftsräumen zu vollziehen. Vor allem die regionale, aber auch die überregionale Presse berichten darüber.

Ausgelöst hatten die spektakuläre Razzia zwei Anzeigen wegen mutmaßlich korrupten und betrügerischen Handelns im Zusammenhang mit der Sanierung der Düsseldorfer Staatskanzlei. Eine der Anzeigen erfolgte im Oktober 2024 durch eine Privatperson, eine weitere aus der Innenrevision des Bau- und Liegenschaftsbetriebes (BLB) des Landes. Dem BLB als landeseigenem Immobilienunternehmen gehören die meisten landeseigenen Grundstücke und Gebäude, er bewirtschaftet und vermietet sie etwa an Ministerien und Ämter.

Mit im „Spiel“: vier BLB-Mitarbeiter und Mitarbeiter eines Architekturbüros in Düsseldorf, das dem bekannten Architekten Karl-Heinz Petzinka (69) gehört. Petzinka genießt in Düsseldorf einen besonders guten Ruf, von 2017 bis 2022 war er Rektor der Düsseldorfer Kunstakademie. Im Verdacht stehen insgesamt sieben Personen im Alter zwischen 36 bis 69 Jahren. Konkret wird ermittelt wegen des Verdachts der Bestechung und Bestechlichkeit, der wettbewerbswidrigen Absprachen bei Ausschreibungen, der Untreue sowie des Betruges.

Vier BLB-Mitarbeiter sollen dafür gesorgt haben, dass bestimmte Unternehmen Aufträge für Arbeiten an der Beleuchtung des Staatskanzlei-Gebäudes bekamen. Anschließend sollen sie gemeinsam mit Mittätern aus den Firmen „eine Vielzahl von stark überhöhten Nachtragsrechnungen“ auf den Weg gebracht haben, hieß es in einer Mitteilung des LKA und der zuständigen Staatsanwaltschaft Wuppertal. Der Schaden soll sich – zunächst – im einstelligen Millionenbereich bewegen.

Hintergrund: Hin und Her um die NRW-Staatskanzlei

Es geht um die Sanierung der NRW-Staatskanzlei. Das entsprechende Gebäude, das „Landeshaus“ neben dem Mannesmann-Hochhaus, war von 1961 bis 1999 Staatskanzlei. 1999 zog die Staatskanzlei in den Glaspalast „Stadttor“ um. Der damals neue NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) drängte 2017 dann darauf, dass das Landeshaus saniert wird und die Staatskanzlei dorthin zurückkehrt. Für die Sanierung verantwortlich war und ist der BLB. Bald aber regte sich Unmut, weil die Kosten immer weiter in die Höhe kletterten. Im Jahr 2020 war man noch davon ausgegangen, dass der Umbau 33,6 Millionen Euro kosten würde. Im September 2023, mittlerweile war Hendrik Wüst Ministerpräsident, wurde eine Steigerung auf 41,6 Millionen Euro angekündigt, im Sommer 2024 war von einem neuerlichen Sprung um rund 13,5 auf dann rund 55 Millionen Euro die Rede.

Entsprechend kommt nun vor allem aus den Reihen der SPD- und FDP-Opposition die Forderung nach Antworten von der schwarz-grünen Landesregierung. Von „Luxussanierung“ und einem „Fass ohne Boden“ ist die Rede, gar von der „Spitze eines Eisbergs“.

Es mag „vorläufig“ um einen Korruptionsschaden für den Fiskus in „nur“ einstelliger Millionenhöhe gehen. Gemessen am Schuldenstand des Landes NRW von 175 Milliarden bei einem NRW-Jahresetat von zuletzt 102 Milliarden also nur Peanuts? Nein, dieser durch Korruption entstandene Schaden mag rechnerisch zwar kaum ins Gewicht fallen. Politisch aber fällt er, zumal in der heißen Phase des Wahlkampfes zur Bundestagswahl vom 23. Februar, erheblich ins Gewicht.

Millionen untadelige Bürger und Steuerzahler wenden sich mit Grausen ab von solcher Politik. Sie gehen gar nicht zur Wahl oder sie wählen – wie die Altparteien es gerne interpretieren – „radikal“. CDU-Spitzenmann und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, der bislang nicht ohne Erfolg und mit medialer Hilfe an seinem Image als smarter Senkrechtstarter und zukünftiger CDU-Kanzlerkandidat gearbeitet hat, muss nun rasch Licht ins Dunkel der Korruption um die Sanierung „seiner“ Staatskanzlei bringen. Vor allem muss er seinem Parteifreund und NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk auf die Finger klopfen. Optendrenk hat die Dienstaufsicht über den landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetrieb BLB.

Der BLB selbst beschreibt sich so: „Wir bewirtschaften, planen, bauen und verwerten Immobilien für NRW.“ Der BLB mit seinen 2.900 Mitarbeitern hat sieben Niederlassungen und eine Zentrale. Der BLB weiter: „Auf dieser Basis betreibt der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW sein wirtschaftliches Immobilienmanagement für das Land Nordrhein-Westfalen. Er ist Eigentümer, Vermieter und Bauherr für das Land und arbeitet zudem im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland … Innerhalb Nordrhein-Westfalens realisiert er Bauprojekte für die Bundeswehr und zivile Bundesbehörden … Hauptkunden der BLB NRW sind aber die Hochschulen und die Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen: Ein Großteil der mehr als 300.000 Landesbeschäftigten geht seiner Arbeit in einem Gebäude des BLB NRW nach. Dazu kommen über 500.000 Studierende in den Gebäuden der staatlichen Hochschulen sowie unzählige Besucher, die tagtäglich Gerichte, Finanzämter und weitere Landesbehörden aufsuchen.“


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