Vor das Bauernlegen kommt das Bauerneinseifen. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner kann das, wie sie am Mittwochabend bei einer improvisierten Podiumsdiskussion bewies. Sie nahm in klirrender Kälte auf einem behelfsmäßigen Podium vor ihrem Ministerium Platz und schenkte den Bauern ein.
Die fordern, dass bald mehr Geld auf den Höfen ankommen muss, sonst überleben viele nicht mehr. »In zwei Jahren haben wie kaum Höfe mehr«, so einer der Bauern gegenüber Klöckner. Die hielt ihnen entgegen: »Sie sind doch Unternehmer!« Sie könne nicht direkt Geld fließen lassen und verweist darauf, dass »sie« bereits die Kosten für die Sozialversicherung teilweise übernehme, sonst wären die Prämien für die Bauern viel höher.
Ein Landwirt versuchte gegenüber Klöckner zur Sprache zu bringen, dass es mit dem freien Unternehmertum in der Landwirtschaft nicht mehr weit her sei. Mehr Auflagen, Verordnungen und Vorschriften machen sie zum Spielball von Behördenwillkür und erlauben ihnen keine freien Entscheidungen mehr, was sie tun dürfen. Alle Auflagen kosten Erträge und Geld.
»Ihr Erwartungsmanagement stimmt nicht!« ruft Klöckner den vor ihrer Residenz versammelten Bauern mit Traktoren zu. Die Landwirte aus von »Land-schafft-Verbindung«-Gruppen hätten kein Verhandlungsmandat. Aber dennoch erzählte sie ihnen wieder, wie eingespannt sie doch Verbesserungen für die Bauern herauszuholen versucht. Klöckners Spruch: »Ich mute Ihnen viel zu, aber ich helfe Ihnen!«
So gehen die Demonstrationen gegen die Argrarpolitik der Bundesregierung weiter. Bauern aus dem gesamten Bundesgebiet sind mit rund 600 Traktoren vor dem Landwirtschafts- und Umweltministerium gerollt und halten Mahnwachen.
Sie fordern faire Rahmenbedingungen für ihre Arbeit und eine klare Erkennbarkeit, woher Lebensmittel kommen. Die heftig umstrittene Düngeverordnung soll auf den Prüfstand und das Insektenschutzgesetz in der Form nicht verabschiedet werden. Denn es nutze der Umwelt nichts, wenn die Bauernhöfe hier zerschlagen und stattdessen die Lebensmittel importiert werden müssen, so die Bauern.
Klöckner benutzt immer wieder das praktische Schutzschild »Brüssel«. Brüssel habe »uns« verklagt, betont sie immer wieder bei solchen Gelegenheiten und führt jene Millionen teuren Bußgelder ins Spiel, die Deutschland an die EU bezahlen muss, wenn die Nitratwerte nicht sauber eingehalten werden.
Nun sind die Nitratwerte im Boden Deutschlands nicht schlechter und besser als in den Nachbarländern. Das Grundwasser ist niemals in Gefahr gewesen. Aus Deutschland werden nur besonders schlechte Werte nach Brüssel gemeldet, während andere Länder bessere melden und unbehelligt bleiben.
Dennoch wurde in Deutschland eine Düngeverordnung beschlossen, nach der Landwirte noch weniger als bisher düngen dürfen. Bisher schon sind die Düngemengen auf 170 Kilogramm Stickstoff pro Hektar beschränkt. Das bedeutet, dass in Zukunft Pflanzen mangelernährt, entsprechend weniger wachsen und deutlich geringere Erträge liefern.
Das Gleiche soll jetzt in Deutschland wiederholt werden. Dem städtischen Publikum wird dabei erzählt, dass damit das Grundwasser geschützt werde. Allerdings kann dem sogar die ehemalige grüne Landwirtschaftsministerin Künast erzählen, Massentierhaltung sei an Corona schuld.
Vom Deutschen Bauernverband (DBV) erhalten die Bauern wenig Unterstützung. Der CDU-beherrschte Verband versucht, Landwirtschaftsministerin Klöckner den Rücken freizuhalten, und will »weiblicher und jünger« (Verbandspräsident Joachim Rukwied) werden. So versucht die neue Organisation »Land schafft Verbindung« (LsV), die Interessen der Bauern zu vertreten, und organisierte wieder die Demonstration in Berlin.
Bundesumweltministerin Schulze scheint offenbar pikiert. Seitdem sie sich bei einer Mahnwache der Bauern vor ihrem Büro in Münster nicht mehr hineintraute, und bei der ersten großen Traktordemonstration in Berlin im Herbst 2019 heftig ausgepfiffen wurde, wagt sie kein Gespräch mehr mit Landwirten.
Dabei wird im Umweltministerium Landwirtschaftspolitik gemacht. Die Arbeitsteilung ist klar: Schulze als Galionsfigur der Agrarfeinde und ihrer Hintermänner wie Staatssekretär Jochen Flassbarth ( früher NABU-Präsident und danach Chef des Umweltbundesamtes ) und Co erfinden immer neue Schikanen unter dem Mantel der Ökologie, die die Bauern klein halten sollen.
Landwirtschaftsministerin Klöckner kann und mag offenbar nicht viel dagegen ausrichten. Umweltpolitik ist SPD-Angelegenheit, par ordre de Mutti ist untersagt, den Koalitionsfrieden deswegen zu riskieren. So wagt Klöckner nicht, massiv gegen die Vernichtung der Landwirtschaft einzuschreiten – wenn sie es denn wollte.