Tichys Einblick
Die künftigen Verfassungsfeinde

„Klimaneutralität” ins Grundgesetz? – Welche machtpolitischen Absichten dahinter stecken könnten

Was steckt hinter dem Anliegen, „Klimaneutralität” im Grundgesetz zu verankern? Hier böte sich ein Hebel, um Kritik an grüner Wirtschaftspolitik und Maßnahmen zum "Klimaschutz" als verfassungsfeindlich zu brandmarken – noch eine Gefahr für Meinungsfreiheit und Demokratie.

picture alliance/dpa | Uli Deck

Die eben entstehende neue Linksregierung unter CDU-Führung will den Begriff „Klimaneutralität” als normatives Ziel ins Grundgesetz schreiben. Nun wird viel darüber geschrieben, wie sehr das der Wirtschaft schaden wird. Mag sein.

Aber ist „grüne Wirtschaftspolitik” wirklich der eigentliche Grund für den Plan? Man möchte ja niemandem Böses unterstellen, aber dieses eine Wort im Grundgesetz kann ernste macht- und parteipolitische Folgen nach sich ziehen.

Fortan würde jeder, der dem Ziel der Klimaneutralität skeptisch gegenübersteht – etwa mit der Behauptung, es würde der Wirtschaft schaden – potentiell zum Verfassungsfeind. Medien, die negativ über das Ziel der „Klimaneutralität” schreiben? Verfassungsfeindliche Medien.

Dass das kein Witz ist, sondern fester Bestandteil linkgrüner Machtpolitik, zeigte eine Weisung vom 31. Dezember 2022 an die Berliner Polizei: Polizeibeamte sollten politisch inkorrekte Begriffe wie „südländisch” bei Täterbeschreibungen vermeiden, weil solche Begriffe von „verfassungsfeindlichen Medien” benutzt würden. Damals war das extrem rechte Magazin Compact noch nicht als verfassungsfeindlich verboten worden, es gab also meines Wissens offiziell gar keine verfassungsfeindlichen Medien in Deutschland. Aber die Wortwahl in diesem Rundbrief belegte, dass rotgrün geführte Behörden in solchen Kategorien denken. Das Hauptverfahren gegen Compact beginnt übrigens am 25. Juni.

Medien schreiben nicht nur über das Klima und Klimapolitik, es wird daher schwer werden, sie deswegen zu verbieten. Aber es gibt Journalisten, die darauf spezialisiert sind. Auch sie könnten fortan leicht als Verfassungsfeinde betrachtet werden, wenn sie kritisch berichten.

Parteien und Politiker, die gegen rotgrüne Klimapolitik zu Felde ziehen: künftig Verfassungsfeinde

Es ist meistens nicht leicht, angebliche Verfassungsfeindlichkeit konkret zu belegen, da kaum jemand Grundrechte wie Demokratie, Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung und so weiter in Frage stellt, oder sich offen rassistisch oder antisemitisch äußert. Außer auf Deutschlands Straßen bei Demos gegen Israel, doch da schaut man nicht immer so genau hin.

Aber „Klimaneutralität”? Da gibt es sehr wohl Medien, Publizisten, Politiker und Parteien, denen nachgewiesen werden könnte, dass sie sich spezifisch dagegen ausgesprochen haben.

Und natürlich Privatleute. In Deutschland hat man sich ja inzwischen daran gewöhnt, dass wegen eines unbedachten Tweets durchaus die Polizei morgens um sechs an der Tür klopfen kann, und dass der Verfassungsschutz auf Bürger aufmerksam wird, auch „unterhalb der Strafbarkeitsgrenze”.

Kritik am Prinzip der „Klimaneutralität” könnte den einen oder anderen also beispielsweise den Arbeitsplatz kosten, zumal wenn derjenige (oder diejenige, Pardon) im Staatsektor arbeitet – etwa als Lehrer. Moment, das müsste man korrekter formulieren – also wenn diejenigen im Staatssektor arbeiten, etwa als Lehrer.

Wie nützlich das politisch sein kann, zeigt sich derzeit in Rumänien. Das dortige Verfassungsgericht hat mehrere Kandidaten von der Präsidentschaftswahl ausgeschlossen, weil sie „verfassungsfeindliche Ansichten” geäußert hätten. Im Falle der extrem rechten Politikerin Diana Sosoaca (Chefin der SOS-Partei) geschah das mit Verweis auf von ihr veröffentlichte Beiträge. Aber ohne, dass sie deswegen vorher vor Gericht gestanden oder gar verurteilt worden wäre, ohne, dass man ihre eine Chance gegeben hätte, sich zu rechtfertigen. Auch das Verfassungsgericht traf seine Entscheidung ohne ordentliches Verfahren in der Sache.

Auch der rechte Kandidat Calin Georgescu wurde von der Wahl ausgeschlossen, ebenfalls mit Hinweis auf mehrere kaum belegbare Vorwürfe. Aber in seinem Fall lief einiges doch immerhin konkret: So habe er gegen die Regeln einer transparenten Finanzierung seiner Kampagne verstoßen.

Es beschleicht einen der Verdacht, das Gebot der „Klimaneutralität” im Grundgesetz könnte letztlich für solche parteipolitischen Zwecke instrumentalisiert werden: Wer gegen grüne Politik argumentiert, wird zum Verfassungsfeind, und muss mit Ungemach rechnen.

Das kann sehr hilfreich werden bei den nächsten Wahlen, falls wie zu erwarten die Altparteien noch weniger Unterstützung bekommen werden als heuer. Da könnte dann die Justiz eine rettende Hand ausstrecken.

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