Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hat davor gewarnt, in der Debatte um eine Aufarbeitung der Corona-Politik die Erfolge im Kampf gegen die Pandemie kleinzureden oder Schuldzuweisungen vorzunehmen. „Es sollte nicht vergessen werden, dass wir eine immense, nie dagewesene Herausforderung gemeistert haben“, sagte Holetschek dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Selbstverständlich ziehe man die Lehren aus der Pandemie-Politik für künftige Gesundheitskrisen.
Das klingt zunächst einmal erfreulich und macht zuversichtlich. Aber wie sollen Lehren gezogen werden, ohne Fehler und Verantwortliche zu benennen? Zwar räumte Holetschek ein, dass er nicht gegen eine Fehleranalyse sei. „Damit es kein Missverständnis gibt: Ich unterstütze eine Aufarbeitung der Pandemie-Politik.“ Doch er meinte zugleich: „Es darf aber nicht immer nur um die Frage gehen: Was ist schiefgelaufen, und wer ist schuld.“ Das helfe bei der nächsten Pandemie kein Stück weiter, so der CSU-Politiker mit Blick auf die von der FDP und der Union geforderte Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Corona-Politik.
Aus seiner Sicht vielleicht nur allzu verständlich. Denn das könnte ja dazu führen, dass Politiker Fehler eingestehen und sie vielleicht sogar Verantwortung übernehmen oder sogar zurücktreten müssten. Das gilt auch für Klaus Holetschek, gehörten doch er als bayrischer Gesundheitsminister und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder mit zu den radikalsten Verfechtern strenger Corona-Maßnahmen wie Lockdowns, Kontaktverboten, Schulschließungen, Maskenpflicht, Impfpflicht etc.
„Wir dürfen in der Debatte um die Corona-Aufarbeitung auch mal loben, dass viele Menschen Verantwortung übernommen haben“, so der Landesminister weiter. Das gelte vor allem für den Einsatz etwa von Ärzten und Pflegern, der Bundeswehr sowie der Hilfsorganisationen und vielen Ehrenamtlichen. Ebenso gelte dies für die Bürger, die die Maßnahmen mitgetragen und unterstützt hätten, fügte er hinzu. Klaus Holetschek vermisst also das Lob für diejenigen, die stillschweigend die Maßnahmen umgesetzt, die Regierungspolitik nicht kritisiert haben und den Politikern und Verantwortlichen damit freie Bahn gelassen haben. Das sind die angenehmsten Bürger für einen Politiker, der seine Maßnahmen durchsetzen will.
Gelobt werden sollten jedoch vielmehr diejenigen, die kritisch waren und ihre Kritik laut geäußert haben, entsprechend gehandelt haben, denn sie haben damit ihren Ruf, ihren Beruf und ihre Existenz aufs Spiel gesetzt. Wissenschaftler, die trotz beruflicher Nachteile vor den Auswirkungen der Corona-Politik früh gewarnt haben, Pfleger, die sich trotz Risikos, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, der Impfpflicht verweigert haben, Sportler, die von Turnieren ausgeschlossen oder einer medialen Hetzjagd ausgesetzt wurden.
Lob wäre angebracht für Beamte, die vor den Auswirkungen der Lockdowns gewarnt haben, die deshalb versetzt wurden, bis heute vor Gericht um ihr Recht streiten. Kritische Schauspieler, Musiker und andere Künstler, Journalisten, die diffamiert wurden, Ärzte, die Maskenattests ausgestellt haben, deren Praxen durchsucht wurden, Richter, die Urteile entgegen der Regierungspolitik gefällt haben. Lob wäre angemessen für Restaurantbesitzer und Geschäftsleute, die bei der 2G-Ausgrenzung nicht mitgemacht haben, für Bürger, die Woche für Woche gegen die Corona-Politik demonstriert haben, von der Polizei teilweise niedergeknüppelt und von Gegen-Demonstranten als Nazis beschimpft wurden.
All diese Bürger hatten den Mut, in der Öffentlichkeit Kritik zu äußern und haben dafür mehr oder weniger große Nachteile in Kauf genommen. Das anzuerkennen und wertzuschätzen, gehört ebenfalls zur Aufarbeitung der Pandemie-Politik, wenn man die Spaltung der Gesellschaft auch nur ansatzweise überbrücken will.
(Auf Basis von dts)