Sie haben sich schon daran gewöhnt, die Islam-Experten und Kenner ihrer eigenen Kultur und Religion, dass sie selbst von der Regierung und ihren Ministerialbeamten eher stiefmütterlich behandelt werden. Die Regierung weiß zwar, dass ihre Expertisen Gewicht haben, aber sie werden „eben“ mehr geduldet, denn gehört. Ob wie bei Professor Bassam Tibi (immerhin der Initiator der Leitkulturdebatte, Ende der 90er Jahre), Necla Kelek, Hamad Abdel-Samad, sowie Ali Ertan Toprak oder dem Psychologen und Islamismus-Experten Ahmad Mansour, der durch einen Imam beinahe selbst radikalisiert wurde während seiner Schulzeit, sie alle haben eines gemeinsam: Man weiß, dass es sie gibt, aber sie werden nicht gehört, und der schlimmste Vorwurf vom „linksliberalen“ Mainstream ist, sie würden die Gesellschaft spalten, die Integration torpedieren.
Schuld für die dunkelste Geschichte abtragen
Natürlich verallgemeinert keiner. Aber es kann nicht sein, dass unsere Kenner und Experten des Nahen Ostens und des arabischen Sprachraumes selbst in Deutschland ignoriert oder diffamiert werden. Schließlich geht es ihnen auch um die liberalen und freiheitlichen Errungenschaften, um die Emanzipation und Gleichberechtigung, die momentan von einem nicht geringen Teil der neuen Zugewanderten abgelehnt werden. Und die, die nach unserer Verfassung leben, die gleiche Rechtsauffassung vertreten und sich pro-aktiv integrieren möchten, werden unter Druck gesetzt.
Das darf nicht sein in einem Land wie Deutschland. Ist es etwa dieses Mantra, „Wir schaffen das“? (von dem die Kanzlerin fast kleinlaut doch abgewichen ist), oder diese Nummer, nach der Deutschland „bunt“ zu sein habe, und wir als „internationales EU-Bürgertum“ haben sich eher den Asylsuchenden anzupassen, als umgekehrt? Denn nichts anderes versucht die Regierung Merkel zu kommunizieren, eifrig attestiert von der SPD. Im Grunde genommen, so möchten es auch der Bundespräsident und der Außenminister, müsse Deutschland seine Schuld für die dunkelste Geschichte abtragen, indem auch stillschweigend Missstände und Todesopfer von Gewalttaten durch zugezogene Muslime hingenommen werden. Es kann und darf nicht sein, dass ein aufgeklärtes Deutschland Korrekturen auch bei der Zuwanderung vornimmt. Eine strikte Grenzsicherung und -kontrolle sowie schnelle Abschiebungen, soweit berechtigt: Das alles darf keinesfalls in die Tat umgesetzt werden.
Romantischer Multikulturalismus, alternativlos…
Ich habe bereits in Asien und auch in Kabul unterrichtet, die privilegiertesten Studenten Fakultät-übergreifend in deutscher Sprache und Kultur angeleitet, schließlich ging es auch um Stipendien in Deutschland. Als Lehrkräfte wurden wir damals auch angehalten, Diskussionen zu moderieren, ausgleichend einzuwirken, wenn meistens die Männer, Koransuren zitierend, ihre Kommilitoninnen nicht akzeptieren wollten. Natürlich wiesen wir auch auf kulturelle Unterschiede hin, alles andere wäre auch nicht die Wirklichkeit. Deutschland ist schließlich nicht Afghanistan, und andersherum Afghanistan nicht Deutschland.
Elf Jahre später waren die Afghanen hier
Besonders die Religionsfreiheit, und dass es viele Moscheen und islamische Infrastrukturen gab, war ihnen bis nach Kabul auch nicht entgangen. Die meisten waren die Taliban und Al Qaida (2008) wirklich satt; die Studentinnen waren gebildet, und sahen ihr Leben sicher nicht unter einer Burka. Die meisten Männer hingegen das der Frauen schon.
Fast elf Jahre später sind sehr viele Afghanen nach Deutschland gekommen, als dritte große Zuwanderungsgruppe nach den Syrern und Irakern (wobei viele Iraker die Heimreise auch wieder freiwillig antreten), außerdem wandern immer mehr Afrikaner nach Deutschland ein, um Asyl bittend, obwohl sie den Schutz vor Verfolgung, von wem auch immer, zuvor bereits in Griechenland, Italien oder Spanien gefunden haben.
Die nützliche Rassismus-Karte
Die Arbeit und die deutsche Art zu leben, aber die ganzen Sozial- und Sicherungssysteme bei uns, haben sich weltweit herumgesprochen. Deutschland, das „Naziland“ der Rassisten? Nicht bei unseren Zuwanderern, und das ist auch gut so. Denn diese Bundesrepublik ist nicht der (in der Tat, peinliche und tumbe) braune Bodensatz, den uns Frau Merkel und Heiko Maas gern einreden wollen – allein, die Flüchtlinge belächeln uns, was wir uns untereinander vorwerfen. Die „Karte“ Rassismus ziehen auffällige „Flüchtlinge” stets dann, wenn die Staatsgewalt sie stellt. Selbst der Autor dieser Zeilen wurde schön öfter des Rassismus bezichtigt, obwohl er sogar für „Flüchtlinge” vermitteln wollte, bei Sprachschwierigkeiten, und in brenzligen Situationen, wenn einige auf frischer Tat ertappt wurden.
Oder dass von 100 Flüchtlingsmännern kaum adäquate Zeugnisse und Arbeitsreferenzen oder Qualifikationen vorgewiesen werden können? Wir wundern uns wirklich, wie die Wirtschaft oder das Handwerk anscheinend über 300.000 zugewanderte Männer, die es unter der eigenen Bevölkerung anscheinend besser ausgebildet nicht gab, in Lohn und Brot bringen konnte? (Ich weiß aus der täglichen Arbeit, wie schwer es ist, die „richtigen“ Männer für die gesuchten Tätigkeiten zu finden.) Außerdem, jedes Unternehmen wird mit Förderprogrammen und sonstigen finanziellen Spritzen unterstützt.
Schlaraffenland, auch ohne Lesekompetenz
Ist es unfair zu behaupten, dass viele arabische Zuwanderer Analphabeten sind, oder einen B1-Kurs nie bestehen werden, weil das Talent und der Intellekt gar nicht vorhanden sind? Deutsche Sprachkurse entpuppen sich zum Leidwesen vieler Lehrer und auch engagierter „Flüchtlinge”, zum „Treffpunkt“ der Männer, die eben zum Kurs gehen, bevor ihnen die Jobcenter-Leistungen gekürzt werden. Es ist, so sagen viele, das Schlaraffenland für sie – gemeint ist damit: Deutschland. Wir berichteten schon, die gleichen Ansprüche und Forderungen wie an die hiesigen Bürger können die Jobcenter-Mitarbeiter an die anerkannten Flüchtlinge gar nicht stellen. Mitwirkungspflicht? Diese lassen viele arabischsprechende und afghanische Männer, aber auch Afrikaner eher vermissen.
(Tatsächlich wird man allmählich müde, es immer und immer wieder zu schreiben: ja, solche Fälle gibt es auch in der Bevölkerung im allgemeinen, aber die Sanktionen wurden auch viel schneller gezogen; und ja, natürlich kennen wir auch die pro-aktiven und integrierbaren Flüchtlinge, diese sind jedoch in der Minderheit.)
Wo der neue Antisemitismus wächst
Dass aber ein Großteil der zugewanderten Männer ganz offen, meist bei politischen Erklärungen, gegen die Juden und den Staat Israel hetzen (sie würden es natürlich nie als Hetze titulieren), scheint dieser Regierung egal zu sein, zumindest lassen sich keine wirklichen Konsequenzen daraus erkennen. Zur berechtigten Erinnerungskultur wäre es moderner Weise auch geboten, an solchen Tagen die Redebeiträge und Texte zur Erinnerungskultur der Kanzlerin, des Bundespräsidenten, aber auch des aktiven Außenministers auf Arabisch, Farsi oder Paschtu zu übersetzen. Die neuen muslimischen Mitbürger aus dem arabischen Raum müssen noch besser aufgeklärt werden. Meist reicht die deutsche Sprache dazu noch nicht aus.
Es heißt doch immer aus der „Multikulturalisten“-Ecke, würde man viele junge deutsche Männer irgendwo „zusammenpferchen“, würden sie sicherlich auch kriminell und gewalttätig. Das sei einmal dahin gestellt.
Deutschland hat sich seit 2015 speziell verändert. Heinz Buschkowsky wies in seinem Amt als Bürgermeister schon Jahre zuvor auf Parallelgesellschaften hin, jetzt wurde jedoch alles nochmals verstärkt.
Männliche Zuwanderer aus Afrika, Italien sah die Problematik heraufziehen, kommen im besten Falle freundlich, aber in den meisten Fällen phlegmatisch und ohne echte Ziele hier an und fallen dann in eben nicht wenigen Fällen (organisierter) Kriminalität anheim. Sie sind aber auf die Dinge fokussiert, die schon damals via Satellitenschüssel auf die heimischen Bildschirme transportiert wurden: die neusten Mobiletelefone, extravagante Jeansmarken, teure Kleidung und Markenartikel generell, eine deutsche Frau sowieso – um hier bleiben zu können, wenn es in einer Heirat mündet (hat nicht neulich sogar diese NGO damit geworben? „Bleibt offen“, gerichtet an die Bürger und Bürgerinnen hier). Die, die es wirklich in einen Helferjob hinein geschafft haben, werden von den anderen belächelt und madig gemacht, wieso arbeiten? Das Geld fließe auch so. (Die afrikanischen wie syrischen Ärzte oder Ingenieure sind sehr schnell und zielgerichtet untergekommen; die meisten von ihnen kamen auch nicht auf dem Schlauchboot oder der Balkanroute hier an.)
Viele der Migranten hätten zuhause eine Aufgabe
Männer, die in ihren Ländern vielleicht alle Hände voll zu tun hätten, nach dem Krieg beim Wiederaufbau des Landes helfen oder auch in Italien und Spanien (in der Landwirtschaft), von wo aus viele extra nach Deutschland weiterziehen, wissen, dass es in Deutschland Geld ohne Gegenleistung gibt. Und zwar so viel, im ALG-II-Bezug, wie sie davor nie durch Arbeit verdient haben. Klingt das polemisch? Aber man muss sich von der Illusion verabschieden, dass der Großteil der Menschen in den letzten Jahren wegen unserer Demokratie und liberalen Politik zu uns gekommen sind – und kommen. Außerdem die These: gebt ihnen Arbeit, und sie werden nicht radikalisiert und liberaler. Trifft leider auch kaum zu. Konservativ und rückwärtsgewandt, dem Koran und der Sicht und Interpretation treu folgend, die Frau zu Hause unterdrückend und züchtigend und keineswegs zur Eigenständigkeit fördernd, bleibt der afghanische oder syrische Mann auch mit einem Job sehr oft leider stets der Gleiche.
Dass Deutschland Kindergeld bezahlt, als soziale Errungenschaft und als Fundament in der Solidargemeinschaft, wird eher belächelt denn anerkennend oder dankbar honoriert. Es klingt hart, aber viele Flüchtlinge begreifen den Sinn gar nicht, dass dieses „moderne Land“ (unsere Bundesrepublik) Geld fürs „Kinderkriegen“ bezahlt. Viele zugewanderte Familien erwarten seit 2015 bereits das dritte Kind. Die Ehefrauen fügen sich, jedes Kind bringt der Familie zusätzliche Leistungen. Ein „Flüchtling”, der immer noch auf seine eigene Frau wartet, meinte, „sie legen viel Geld“ zur Seite, und transferieren es oft ins Ausland. Es ist wohl mit viel „Recherche und Nachforschungen“ für die Jobcenter und Finanzämter verbunden, Fakten und Daten aus dem ausländischen Bankensystem zu erhalten.
Ist wirklich jeder so bedürftig?
Wir müssen festhalten, diese Regierung, aber auch die EU ist blauäugig. Ungarn, Italien oder Polen und die Slowakei sanktionieren? Weil sie darauf verzichten, vorwiegend junge muslimische Männer (aus dem Irak, Somalia, Gambia oder Afghanistan und Syrien) Obhut zu gewähren? Noch einmal, selbst wenn diese Länder (und Italien nimmt weiterhin Flüchtlinge auf, und integriert die, die asylberechtigt sind) Zuwanderer aufnehmen: binnen 72 Stunden machen sich diese Richtung Norden auf den Weg. Deutschland ist nach wie vor das gelobte Zielland.
Selbst wenn nur für kurze Zeit, bis zum abgeschlossenen Asylverfahren, mit negativem Bescheid. Die Europäische Union ist planlos. Und Frau Merkel war es von Beginn an. Darf man humanitäre Hilfe in Kosten aufrechnen? Eigentlich nein. Den Armen muss man geben können. Wie steht es aber um diejenigen, die aus Abenteuerlust kommen, für die unsere Werte einfach viel zu abstrakt sind? Wenn ein zuverlässiges „Ja“ für uns, bei ihnen eher ein „vielleicht“ oder, „nicht jetzt“ heißt?
Wenn und wann man um eine Frau werben kann, und ein „Nein“ akzeptieren muss, weil das die echte „Freiheit“ ist, und die Liebe nie besitzergreifend sein kann? Das alles wird von taffen Dozenten und Dozentinnen und Beratern auch vermittelt, nur, es kommt im anders sozialisierten (männlichen) Kopf meist nicht an.
Momentan überfordern sogar etliche Fälle gar die Justiz, wenn es heißt „das habe der Flüchtling“ aus seiner Kultur eben nicht anders gekannt. Ein großer Teil der Gesellschaft zeigte in der Vergangenheit oft Unverständnis, dann auch Frust, für oft mildernde Umstände beim Strafmaß, für Ottonormalverbraucher kaum nachzuvollziehen. Fremde Kulturen und das Ausländerrecht werden im Verfahren schon auch „hinzugezogen“, wie ein Anwalt im Gespräch bestätigte. Das aber will im Regierungsviertel keiner wissen oder näher erklären. Die Probleme sind schließlich ganz weit da draußen, und nicht unsere – auch nicht die der sogenannten Integration…
Giovanni Deriu, Dipl. Sozialpädagoge, Freier Journalist. Seit 20 Jahren in der (interkulturellen) Erwachsenenbildung tätig.