Unternehmen können in ihrem Betrieb neuerdings ein Kopftuchverbot erlassen und müssen auch auf andere islamische Forderungen nicht mehr eingehen: Gebetspausen, Freistellung für das Freitagsgebet und Minderleistung während des Ramadan. Muslime haben nach europäischen Recht ihre Privilegien verloren, die ihnen das deutsche Recht bislang einräumt.
Bislang galt ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG), das 2002 in einem Grundsatzurteil feststellte, dass religiöse Symbole am Arbeitsplatz nicht verboten werden dürfen. Der EuGH urteilte nun einem neuen „Kopftuch-Urteil“ über die grundsätzliche Freiheit des privatwirtschaftlichen Unternehmers. Die bisher sakrosankte Religionsfreiheit kann jetzt auf Weisung des Unternehmers beschränkt werden.
Sowohl die Bundesregierung als auch der politische Islam poltern gegen das EuGH-Urteil. Trotzdem hat es Bestand. Angekommen ist es allerdings in Deutschland noch nicht – im Gegenteil. Noch werden islamische Privilegien gefeiert und gefordert. So titelten die Wirtschaftsblätter Handelsblatt und WiWo: „Mit scharfer Kritik haben islamische Verbände in Deutschland auf das Kopftuch-Verbot am Arbeitsplatz reagiert. Die Richter hätten das Tor für eine weitere Diskriminierung muslimischer Frauen in Europa geöffnet“. Auch anderen Medien berichteten nur kurz in diesem Duktus über das Urteil. Die Chefin der Antidiskriminierungsstelle äußerte Bedenken, da das Urteil als „Diskriminierung von Muslimen“ zu bewerten sei. Dabei wurde in keiner Mitteilung ausführlich und sachlich über die nun mögliche Form der Ausübung der unternehmerischen Freiheit informiert.
Die europäischen Richter allerdings folgten dem Schlussantrag der EU-Generalanwältin vom Mai 2016: „Letztlich stehen die Rechtsprobleme rund um das islamische Kopftuch stellvertretend für die grundlegendere Frage, wie viel Anderssein und Vielfalt eine offene und pluralistische europäische Gesellschaft in ihrer Mitte dulden muss und wie viel Anpassung sie umgekehrt von bestimmten Minderheiten verlangen darf.“ Es ist bemerkenswert: Der EuGH fordert von Minderheiten, sich anzupassen. Und kein deutsches Medium traute sich, die Richter in Luxemburg als „islamophob, rechtspopulistisch oder menschenverachtend“ zu titulieren. Die Richter befanden es für rechtens, dass ein belgisches Unternehmen festgelegt hatte:
„Es ist den Arbeitnehmern verboten, am Arbeitsplatz sichtbare Zeichen ihrer politischen, philosophischen oder religiösen Überzeugungen zu tragen und/oder jeglichen Ritus, der sich daraus ergibt, zum Ausdruck zu bringen.“
Sie verschafften am 14. März 2017 dieser Neutralitätsregel Geltung in über 22 Millionen Unternehmen aller EU-Länder – auch in Deutschland.
Doch bislang wurde diese höchstrichterliche Entscheidung im EU-Land Deutschland weder von den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft, noch vom Wirtschaftsministerium, den Handwerkskammern, oder den IHK kommuniziert. So glauben die Unternehmer weiterhin treuherzig an das Recht auf Ausübung der Religionsfreiheit am Arbeitsplatz und finanzieren augenblicklich zähneknirschend die Minderleistung ihrer muslimischen Mitarbeiter im Ramadan. Sorgenvoll und sehr persönlich schrieb die Leiterin der Antidiskriminierungstelle, Frau Lüders, auf ihrer Webseite über das Urteil:
„Ich kann nur hoffen, dass die Arbeitgeber begreifen, dass sich hinter dem Gedanken der „weltanschaulichen Neutralität“ im Klartext der Ausschluss einer ganzen Gruppe verbirgt.“
Das Urteil soll also in Deutschland gewissermaßen auf freiwilliger Basis nicht befolgt werden. Damit dem Arbeitgeber dieses Begreifen erleichtert wird, verkürzte die Dienststelle dann in der eilends geschaffenen Broschüre „Religiöse Vielfalt am Arbeitsplatz“ vom 09.05.2017 das Urteil auf die Zeichen und unterschlug den Teil unter der knappen Überschrift „Riten“. Damit gibt die Antidiskriminierungsstelle des Bundes den wesentlichen Teil eines EuGH-Urteils bewusst falsch wieder, weil es nicht in die Politik der Bundesregierung passt.
Aber es geht nicht nur um ein Kopftuch. Das sind die religiösen Riten, die in Deutschland – als einzigem EU-Land – dem Unternehmer viel Geld kosten. In Deutschland – als einzigem EU-Land – musste der Arbeitgeber bisher das Gebet am Arbeitsplatz und während der Arbeitszeit gestatten, ebenso die Minderleistung während des Ramadan hinnehmen. Das summierte sich bei religiösen Muslimen auf bis zu 8 Wochen im Jahr. Nach dem Wortlaut der vom EuGH akzeptieren Regel umfasst sie aber nicht nur das plakative Kopftuch, sondern alle religiösen Gebräuche und Riten.
Stellt jetzt ein Unternehmer die vom EuGH beschriebene interne Neutralitätsregel auf und sorgt dafür, dass sie von allen Mitarbeitern mit Kundenkontakt eingehalten wird (also keine betriebliche Weihnachtsfeier mit Kunden, keine T-Shirts mit politischen Statements, kein sichtbares Kreuz an der Halskette, kein Kreuz in Räumen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind und kein Sticker mit politischen Inhalten am Revers) so kann er bereits im Einstellungsgespräch auf diese Regel verweisen und mitteilen, dass islamische Kleidung und Riten während der Arbeitszeit nicht opportun sind. Es kann auch nicht nachträglich eingeklagt werden.
Wenn also ein Arbeitgeber eine Kippa oder ein Kreuz genauso wenig toleriert wie das Kopftuch, liegt laut Urteil keine Diskriminierung vor, wenn einer muslimischen Frau das Tragen des Kopftuchs untersagt wird. Sie kann gekündigt werden, sollte sie sich weigern, das Kopftuch am Arbeitsplatz abzunehmen.
Darin steckt die eigentliche Brisanz des Urteils: Muslimische Arbeitnehmer verlieren ihre Privilegien und werden christlichen und generell nicht-muslimischen Arbeitnehmern gleichweder Religionszugehörigkeit gleichgestellt. Während deutsche Medien und Politiker dazu schweigen – die Vertreter des politischen Islams schweigen nicht.
Am 7. Mai 2017 veröffentlichte die Plattform des politischen Islams www.kalifat.com in deutscher Sprache eine Stellungnahme zum EuGH „Kopftuch-Urteil“ unter dem richtigen Titel „Ein Urteil mit weitreichenden Folgen.“
„Kalifat“ ist die offizielle Homepage des Medienbüros von Hizb-ut-Tahrir. Das Arabische nennt „Kalif“ den Vertreter des Gesandten Gottes, und unter Kalifat versteht man in der islamischen Welt seinen territiorialen Herrschaftsbereich.
„Untersucht man das Urteil des EuGHs etwas genauer, so stellt man fest, dass das Gericht im Grunde grob fahrlässig gehandelt hat. Denn anstatt den verpflichtenden Charakter des Kopftuchs aus Perspektive der Muslime zu berücksichtigen, hat es sich vom öffentlichen Diskurs leiten lassen und das Kopftuch gemeinsam mit religiöser Symbolik im Allgemeinen subsumiert“.
Das Kalifat erkannte, anders als die deutschen Medien, die Brisanz, die rechtlich zutreffend beschrieben wird:
“Neu ist aber die Dimension des Urteils des Europäischen Gerichtshofs, das den Arbeitgebern europaweit eine Anleitung an die Hand gibt, wie sie ein Kopftuchverbot durchsetzen können, ohne dass auf juristischem Weg eine Chance besteht, ein solches Verbot mit dem Argument der Religionsfreiheit oder aber der Diskriminierung am Arbeitsplatz abzuwenden.“
Denn das Gericht lege fest, dass ein Arbeitgeber lediglich einen Neutralitätsanspruch geltend machen muss, um alle religiösen Riten und Besonderheiten in seinem Bereich zu stoppen.
„Es öffnet den Arbeitgebern Tür und Tor und bestärkt sie darin, zunehmend von muslimischen Frauen unter Androhung ihrer Entlassung zu verlangen, das Kopftuch am Arbeitsplatz abzunehmen. Hierbei geht es nicht mehr nur um muslimische Frauen im Öffentlichen Dienst, sondern um die berufstätige Muslima im Allgemeinen.“
Das Kalifat vermutet dahinter ein gezielte Diskriminierung: „Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs stützt somit die ohnehin schon vorhandene Islamfeindlichkeit und Diskriminierung der muslimischen Frau in der Gesellschaft“.
Denn nach Ansicht des Kalifen gibt es eine unbedingte islamische Kopftuchpflicht. EuGH oder Arbeitgeber hin oder her, Muslimas müssten immer ein Kopftuch tragen. Diese Gebot sei auch durch das Arbeitsrecht nicht aufhebbar, würde das Abnehmen des Kopftuchs am Arbeitsplatz nicht rechtfertigen. Und dann mit drohendem Unterton:
„Auch muss bewusst sein, dass der Lebensunterhalt einer muslimischen Frau nicht gekürzt wird, wenn sie sich der Aufforderung, ihr Kopftuch abzunehmen, widersetzt und sie ihre Arbeitsstelle verliert. Denn der Lebensunterhalt ( rizq ) liegt allein in Allahs Hand.“
Christen haben es nach Ansicht des Kalifen leichter:
„Die Forderung nach weltanschaulicher Neutralität am Arbeitsplatz trifft weder den christlichen Arbeitnehmer, der keinem religiösen Gebot unterliegt, etwa ein Kreuz zu tragen, das er zudem noch unter der Kleidung verstecken kann.“
Mehr dazu im Buch: „Das „Kopftuch-Urteil“ des EuGH und seine Auswirkungen auf die Integration von 6 Mio. Muslimen in Deutschland / Basiswissen für Arbeitgeber“
Eine digitale Leseprobe (pdf) mit 24 Seiten plus einigen Anlagen können Sie unter basiswissen@mail.de kostenlos anfordern.