Nachdem Kanadas Premierminister Justin Trudeau den Trucker-Protest gegen eine Impfpflicht lange kleinredete, hat er jetzt mit der Erklärung des Notstands die Lage selbst eskaliert. Zum ersten Mal in der kanadischen Geschichte kommt nun der „Emergencies Act“ (Gesetz für Notstände) von 1988 zum Einsatz, auch wenn Trudeau beteuert, das Militär werde nicht eingesetzt. Von einem Tag auf den anderen werden die Trucker damit in den Augen der kanadischen Regierung von nervigen, hupenden Demonstranten zu potenziellen Terroristen oder Aufständischen – diesen Eindruck jedenfalls vermittelt Trudeau.
Justin Trudeau: Der weiche Held entpuppt sich als rücksichtsloser Machtpolitiker
Kanadas Premierminister Justin Trudeau ist mit ein Lieblingspolitiker der neuen Linken. Doch ausgerechnet er, der sonst von den Kanadiern als eine „Familie“ spricht, zeigt sich nun als Notstandspolitiker, wenn es gegen die Corona-Proteste in seiner Hauptstadt geht.
„Was diese Bewegung antreibt, ist eine sehr kleine, organisierte Gruppe, die von einer Ideologie getrieben wird, die Regierung zu stürzen, welche Mittel auch immer sie dabei einsetzen“, sagte etwa der Minister für öffentliche Sicherheit, Marco Mendicino. Vize-Premierministerin Chrystia Freeland sprach davon, dass Banken Konten von Demonstranten und Unterstützern ohne einen Gerichtsbeschluss einfrieren könnten und Regeln gegen Terrorfinanzierung dazu ausgeweitet werden würden.
Kanadas staatlicher Rundfunk CBC nimmt Berichten zufolge wohl nun Spender für den Trucker-Protest ins Visier. Deren Identitäten waren nämlich durch einen Hack der Spendenplattform „GiveSendGo“ publik geworden und anscheinend werden nun einige vom Sender kontaktiert. CBC war es auch, der kürzlich einen Beitrag darüber brachte, wie beliebt das Wort „Freiheit“ besonders unter „Rechtsextremen“ sei. Dort zitierte CBC eine Extremismus-Expertin, die andeutete, der „Wunsch nach Freiheit von staatlicher Intervention“ sei „vielleicht inspiriert von dem, was wir am 6. Januar gesehen haben“, bezogen auf die Randale gegen das US-Kapitol.
Auch die Opposition im Parlament verurteilte Trudeaus Vorgehen. Die konservative Oppositionsführerin Candice Bergen warf ihm vor, einen „beispiellosen Vorschlaghammer“ zu verwenden, und sagte, bei der Entscheidung des Premierministers, das Notstandsgesetz anzuwenden, gehe es um eine „ideologische Bindung an die Aufrechterhaltung von Covid-Beschränkungen und -Mandaten“.
Kritiker verwiesen dabei auf Trudeaus frühere Statements, die in direktem Widerspruch zu seinem aktuellen Handeln stehen. „Kanada wird sich immer für das Recht auf friedlichen Protest überall auf der Welt einsetzen. Und wir freuen uns über Schritte in Richtung Deeskalation und Dialog“, sagte Trudeau etwa, als Farmerproteste in Indien Autobahnen blockierten. Aber wenn kanadische Trucker Ähnliches machen, müssen sie mit Notstandsgesetzen verfolgt werden? Das scheint Trudeaus neue Meinung zu sein. Eine Ansicht, die aber immer unhaltbarer wird. Bereits seine frühere Taktik, die Demonstranten zu einer unwichtigen Randgruppe zu erklären, ging nicht auf, aber das jetzige Vorgehen gegen die Demonstranten zu eskalieren, ruft nur noch schärfere Kritik von allen Seiten hervor.
Trudeau war gerade für die neue Linke in Europa lange ein Idol – der charmante Kanadier, der nicht mehr von „mankind“, sondern von „Peoplekind“ sprach und stets darauf achtete, seine Beine beim Sitzen eng zusammen zu nehmen, um nicht zu „manspreaden“. Jetzt zeigt sich derselbe Trudeau, der gerne von „unserer kanadischen Familie“ spricht, wenn es um die Einbürgerung von Einwanderern geht, als unnachgiebiger Machtmensch, der „law enforcement“ ankündigt und gegen eigene Bürger mit repressiven Notstandsmaßnahmen vorgeht.
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