So ordnet sich also auch Jens Spahn (CDU) in die Reihen der „Unions-Hardliner“ in Fragen der Migrationspolitik ein. In der Bild stellte er allerdings einen bunten Strauß an Forderungen, etwa eine „wirtschaftspolitische Wende“ für mehr Wachstum, weniger Steuern auf Strom, mehr Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen, weniger Bürokratie und Öko-Auflagen. Auch die Sozialabgaben für Krankheit, Pflege und Rente sind dem Ex-Gesundheitsminister zu hoch.
Das sind also alles so Forderungen, die von der Oppositionsbank gut klingen, aber im Amt allermeistens nicht angegangen werden. Eher schon kümmert man sich darum, dass sich die Parteifreunde mit Maskendeals einen goldenen Hintern verdienen dürfen – nur vom Rumsitzen in Plenum und Lobby. Die Ampel versinke derweil im Chaos, show-randaliert Spahn weiter: „Kiffen legalisieren, aber Jobs und Wirtschaft abwürgen“, das sei in der Kombination „gesellschaftliches Gift“. Aber wenn Spahn seine Agenda (zum Beispiel runter von 40 Prozent Lohnnebenkosten) mit der SPD nicht umsetzen konnte, warum zieht er dann nicht andere Koalitionen in Betracht? Das werden Fragen für die Zukunft sein.
Natürlich immer in dem Maße, das sich für eine loyale Opposition gerade noch ziemt. So hält er eine Abkehr vom bisher praktizierten Asylrecht zwar für denkbar, aber nur um den Preis einer „europäischen Aufnahme“ von „300.000 bis 400.000 Schutzbedürftigen“ pro Jahr, die dann vielleicht ähnlich wie heute die Afghanen eingeflogen werden sollen. Oder würden sich auch Ukrainer für diese Art Transfer qualifizieren? Und wer wird verhindern, dass sich die übergroße Mehrheit von ihnen erneut, wie heute schon, einen Versorgungsplatz in der Bundesrepublik sichert?
„Pause“ mit Aufschlag: Spahn für bis zu 500.000 Schutzsuchende im Jahr
Spahn scheint Frei recht zu geben. Aber eigentlich geht er nicht so weit. Spahn spricht nicht von einem grundlegenden Systemwechsel, wie immer der auch bei Frei am Ende aussähe. Spahn wünscht sich nur eine „Pause von dieser völlig ungesteuerten Asylmigration“. Das ist eine Aussage, die vage bleibt: Was will Spahn denn nun pausieren, die „Asylmigration“ insgesamt oder nur ihre „ungesteuerte“ Variante, die wir mindestens seit 2015 in Deutschland am Werk sehen können? Aber eigentlich ist das auch egal, es bleibt nämlich bei der „Pause“. Zugleich legt er auf Freis Kontingentlösung vorsichtshalber noch 100.000 drauf, so dass Spahn sich sogar bis zu 500.000 Asylbewerber im Jahr in der EU vorstellen kann.
Darf man also erwarten, dass er sich bald schon für Mauern und höhere Zäune an den EU-Außengrenzen in die Bresche wirft? Dass auch Zurückweisungen in die sicheren Länder rund ums Mittelmeer (Türkei, Libanon, Syrien, ganz Nordafrika) künftig in Ordnung gehen? Giorgia Meloni sollte sich einen Gesprächstermin mit Spahn sichern, um diesen Scheck möglichst bald nach seiner erneuten Ministerwerdung einzulösen. Hoffentlich hat er dann aber auch Prokura, um seine Versprechungen aus dem Wahlkampf – bald ist es in Hessen so weit – umzusetzen.