Italiens Botschafter in Deutschland, Armando Varricchio, hat in einem bemerkenswerten Interview, das er der Tageszeitung Die Welt gab, klargestellt, was sein Ministerpräsident Mario Draghi, dessen Politik als Chef der EZB die faktische Enteignung der deutschen Sparer exekutierte, nun von einem Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet. Olaf Scholz hatte bereits als Finanzminister im italienischen, nicht im deutschen Interesse gehandelt, als er zur Finanzierung des „NextGenerationEU“-Programms erstmalig die gemeinsame Aufnahme gemeinsamer Schulden durchsetzte – auch Corona-Wiederaufbaubonds genannt. Von den 750 Milliarden Euro erhält Italien allein circa 200. Die EU der „nächsten Generation“ ist also ein Super-Geschäft für Italien und ein mieses Geschäft für Deutschland. Denn am Ende zahlt der die Schulden zurück, der zahlen kann.
Armando Varricchio nennt den Wiederaufbaufonds zu recht einen „Gamechanger“, denn er beendet Deutschlands Souveränität und führt letztlich zur Herrschaft der demokratisch nicht legitimierten Eurokratie in Brüssel, die Demokratie hat ausgespielt, die Oligarchie kommt. Wenn der italienische Botschafter zufrieden erklärt, dass es kein Zufall sei, „dass in den Mitgliedstaaten populistische und EU-kritische Stimmen viel leiser geworden sind“ enthüllt er ungewollt Draghis Argument für die Finanzierung Italiens, die in der Verhinderung von Matteo Salvini als Regierungschef besteht. Noch ein Ungarn, noch ein Polen will die Brüsseler Administration unter allen Umständen – also koste es Deutschland, was es wolle – verhindern.
Als Olaf Scholz als Finanzminister Deutschland in die europäische Schuldenfalle führte, bewies er ein wenig Bildung, als er die Verabschiedung der Corona-Bonds den „Hamilton-Moment“ nannte. Mit Blick auf die Geschichte der USA erklärte damals der deutsche Finanzminister die gemeinsame Verschuldung gewissermaßen zum Anfang für die Vereinigten Staaten von Europa, die das Ziel der Ampelregierung ist. Ein wenig dreist behauptet der italienische Botschafter, dass die Charakterisierung von Standpunkten als „italienische oder deutsche Haltung“ nur „alte Denkmuster“ „reproduzieren“ würde. Schließlich, so Varricchio, seien „alle EU-Länder, einschließlich Italiens, für sich selbst verantwortlich.“
Damit hat er recht. Er hat nur vergessen hinzuzufügen, dass auch Italien für seine Schulden selbst verantwortlich sei. Vollmundig kann der italienische Botschafter daher erklären, dass jeder Staat „Sorge“ für „gesunde Finanzen“ und für die Rückzahlung der Schulden tragen würde, nur erwähnt er hierbei eben nicht, dass am Ende derjenige zahlt, der noch Geld hat. Humor bewies Varricchio, als er hervorhob, dass „Italien im Moment seine Staatsverschuldung“ abbaue. Das dürfte mit den neuen 200 Milliarden Euro auch nicht schwerfallen. Übrigens erwähnte der italienische Botschafter nicht, wie lange der „Moment“ andauert.
Auf die Frage, ob denn gemeinsame Schulden, im Klartext, Schulden, die Deutschland zurückzuzahlen haben wird, unausweichlich seien, brachte Varricchio die Meisterleistung fertig, sibyllinisch und gleichzeitig gebieterisch klar zu sein. Einerseits nannte er das ein interessantes Thema für eine „Podiumsdiskussion“, anderseits stellte er klar, dass „wir“ hier „nur Schritt für Schritt vorgehen können“, heißt, mit den Corona-Bonds ist der schrittweise Weg in gemeinsame Schulden geebnet.
Der Euro erweist sich immer mehr als Instrument zur Ausbeutung Deutschlands. Dass Italien bei diesem Thema eine „wichtige und konstruktive Rolle“ spielen wird, darf man dem italienischen Botschafter getrost glauben. Varrichio jedenfalls setzt wohl zu recht auf Olaf Scholz, der weniger deutscher Bundeskanzler, sondern Italiens Kanzler für Deutschland zu sein scheint.
Man kann weder Italien, noch Armando Varricchio dafür kritisieren, italienische Interessen wahrzunehmen – und dabei geschickt alle Möglichkeiten zu nutzen, die sich bieten oder geboten werden. Es ist nicht die Aufgabe der italienischen Regierung, es ist nicht die Aufgabe des italienischen Botschafters in Deutschland, deutsche Interessen, das heißt die Interessen der steuerzahlenden Bürger Deutschlands zu vertreten, sondern das ist die Aufgabe der deutschen Regierung, allen voran die Aufgabe von Bundeskanzler Olaf Scholz. An dieser Frage wird sich entscheiden, ob die Bundesregierung eine Regierung für oder gegen Deutschland ist.