Der Meister und ein Schüler saßen auf der Terrasse. Es war ein nebliger Tag. Der Meister sagte: »Heute lernen wir, den Himmel zu beobachten.«
Zuerst klarte es auf und die Sonne schmückte den Himmel. Auf dem kleinen See im Garten glitzerte es. Nach einigem Sonnenschein zogen wieder Wolken vor die Sonne und warfen ihre Schatten.
Die Wolken zogen wieder fort und andere Wolken schoben sich zwischen Licht und Erde.
So ging es den ganzen Tag. Das Licht wechselte, als atmete der Himmel, und mit jedem seiner ruhigen Atemzüge war das Licht ein anderes. Mal war ein Glitzern auf dem kleinen See, mal war er in Grau getaucht.
Erst am Abend, als die Sonne unterging und ihre letzten Strahlen den Berg am Horizont, den Garten und den kleinen See mit warmer Farbe übergossen, wurde der Himmel ganz klar. Da war der Tag auch schon vorbei.
»Sollen wir es erklären?«, fragte der Schüler.
»Ach«, sagte der Meister, »ich bin guter Dinge, dass die Leser es verstehen.«
Merry Impeachmas
Gibt es so etwas wie die Vernunft – oder die Wahrheit? Und wenn es sie nicht gäbe, so gäbe es doch bereits unsere Sehnsucht nach Wahrheit, die ja allen angeboren ist und die manche von uns ihr Leben lang spüren, zumindest diese Sehnsucht ließe sich poetisch mit der Sonne vergleichen.
So viele Meldungen, die uns heute angetan werden, sind wie dunkle Wolken zwischen uns und der Vernunft. Erlauben Sie mir, auch heute mit dem Finger auf ein paar dieser Wolken zu zeigen.
Die US-Democrats ahnen schon länger, dass sie Trumps Wirtschaftsdaten und sinkender Arbeitslosigkeit (auch bei Minderheiten, was Democrats oft versprachen aber selten hielten) politisch wenig entgegensetzen können – also haben sie jetzt ein Amtsenthebungsverfahren initiiert. Trump-Hasser jubeln. Rachael Bade, Journalistin bei der Washington Post (Zeitung des reichsten Mannes der Welt, Jeff Bezos) und »Expertin« bei CNN twitterte etwa:
»Merry Impeachmas from the WaPo team! @pkcapitol is buying … w/@karoun @seungminkim @mikedebonis« (@rachaelmbade, 18.12.2019, archiviert)
Freie Übertragung mit Ausschreibung der Twitter-Namen und Zugehörigkeiten: »Frohe Amtsenthebungs-nachten from Team der Washington Post! Paul Kane (Kongress-Reporter der Zeitung) kauft (die Getränke) … mit Karoun Demirjan (Washington Post, CNN), Seung Min Kim (Washington Post, CNN), Mike DeBonis (Washington Post).
Dazu veröffentlicht sie ein Foto von sich und Kollegen an einem Restaurant-Tisch mit Gläsern und Essen. Es sind Politik-Journalisten, die meisten von ihnen für zwei bekannte Trump-Hasser-Medienprodukte arbeitend, Washington Post und CNN – bei dieser spontanen Feier waren keine Journalisten von New York Times oder MSNBC – sollten jene ebenfalls gefeiert haben, wären sie klug genug gewesen, ihre Freude und ihren Trump-Hass noch deutlicher zu zeigen als sie es ohnehin tun.
Etwa eine Stunde später löschte sie den Tweet wieder und schob die zu erwartende Nicht-Entschuldigung nach (»is being misinterpreted«, ihre Aussage würde »falsch interpretiert«), doch es ergibt wenig Sinn: Ihre Leser und Mit-Trump-Hasser sehen es ja genauso wie sie, und klar denkenden Menschen offenbarte sie auch mit ihrem spontanen Freudenbekenntnis längst nichts Neues.
Die Washington Post hat sich seit 2017 den platten Untertitel »Democracy dies in Darkness« gegeben, »Demokratie stirbt in der Dunkelheit« – ähnlich simpel könnte man antworten: Die Zeitung des reichsten Mannes des Welt sollte ihren Redaktions-Saal in »Darkness« umbenennen. (Die Wahrheit ist eher: Demokratie stirbt in Redaktionen – und wird von freien Denkern und Blogs verteidigt!)
Natürlich ist die Amtsenthebung eine Farce, ein weiterer Versuch gewisser Kreise, die demokratische Entscheidung der Wähler rückgängig zu machen (ähnlich wie die Versuche, den Brexit zu verhindern). Dass es wenig um »die Sache«, also Recht und das Wohl der Demokratie, geht, wird deutlich aus aktuellen Überlegungen, das Impeachment nicht wie vorgesehen in den Senat weiterzureichen (»Doch im Senat haben nun die Republikaner*innen das Sagen.«, taz.de, 19.12.2019), sondern dies eventuell unendlich hinauszuzögern (siehe etwa washingtonpost.com, 19.12.2019). Die US-Democrats (und wohl auch einige ihrer Spender) sind bereit, die USA noch tiefer zu spalten und das Ansehen der Demokratie noch weiter zu beschädigen, und wenn man keine moralische Leitlinie außer der eigenen Macht hat, keine Werte außer seines Bankkontos, kein Zuhause außer der dunklen Abgründe der Gier, dann ist ein solches Vorgehen sinnvoll. Was wäre für die »Democrats« denn die Alternative? Sollen sie etwa argumentieren, dass Arbeitsplätze, Frieden und Sicherheit schlecht für Amerika sind? Selbst in linken Kreisen würde das schwer, und das will etwas heißen.
In den USA wird deutlich, was »links« heute bedeutet: Tricks, um sich selbst im Amt und die Globalisten zufrieden zu halten. »Links« bedeutet heute, mit allen Mitteln für Konzerne, Spekulanten und ausländische Geldmacher zu kämpfen, und wenn die Demokratie dabei draufgeht, dann scheint das für gewisse Mächte ein willkommener Nebeneffekt zu sein.
(Nebenaspekt: Kann mir irgendwer erklären, warum Merkels Entscheidungen so oft zum schweren Nachteil Deutschlands zu wirken scheinen (siehe etwa 2015), aber dann wieder zum Vorteil etwa Chinas (siehe Huawei) oder Russlands (siehe »Putin-Pipeline«)? Ja, Ex-FDJ Merkel wirkt durchaus wie eine »Linke«, insofern das, was sie will und tut, oft nachhaltig zum Schaden Deutschlands um zum Vorteil von Globalisten und fremder Mächte auszufallen scheint.)
Währenddessen
Die News von Trump und den zynisch-verlogenen Mätzchen der sogenannten »Democrats« ist natürlich auch heute nicht die einzige Nachricht. Die Welt dreht sich ja weiter, während die Ach-so-Guten hüben wie drüben ihren Krieg gegen Demokratie und Vernunft führen. Es wird allmählich zum Trend: Wer besonders laut »auf Linie« und mit »Haltung« wirkt, dessen Frau bekommt einen guten Job. Da wäre etwa der Merkel-Vertraute, Soros-Händeschüttler und Nr. 7 auf der aktuellen Antisemitismus-Liste des Simon-Wiesenthal-Zentrums (spiegel.de, 18.12.2019), über den wir vor einiger Zeit lasen: »Knapp 140.000 Dollar Jahresgehalt – Merkel-Vertrauter schachert Ehefrau Mega-Job zu« (bild.de, 18.11.2017). Da wäre ein Herr Feldmann, ehemaliger AWO-Funktionär, heute lauter Anti-AfD-Aktivist und SPD-OB von Frankfurt, und die großzügige Job-Ausstattung seiner werten Gattin (siehe etwa dushanwegner.com, 14.12.2019), und aktuell lesen wir von Sachsens Ministerpräsident: »Eine Stelle, die jetzt ganz neu geschaffen wurde – Top-Job für Frau von Sachsens Ministerpräsident Kretschmer« (bild.de, 18.12.2019)
Im Text »Populismus angeblicher Komplexität« warne ich davor, dass Populismus nicht nur »unangemessen einfach« daherkommen muss, sondern auch denselben Effekt des »Nichtdenkenmüssens« nutzen kann, indem er Dinge unnötig kompliziert darstellt, um dann dem Publikum anzubieten, ihm das Denken abzunehmen. Ich frage mich, ob es nicht ein solcher Populismus unangemessener Komplexität wäre (und ein Verstoß gegen Ockhams Rasiermesser sowieso), wenn man die einfachstmögliche Erklärung ablehnt. »Diese Angriffe auf Trump oder deutsche Andersdenkende«, so würde die These lauten, »dienen zuerst dazu, vom eigenen Tun abzulenken.«
Was, außer Gänsehaut?
Die Fake-Empörung der Guten und Gerechten, die auffällig oft lanciert wird, wenn eigene Skandale sogar in den Medien, die sonst »Haltung« zeigen, zum Thema zu werden drohen, sie sind wie Wolken, die sich zwischen uns und die Vernunft schieben, die jene dunkle Atmosphäre schaffen, in der tatsächlich die Demokratie stirbt.
Das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump ist eine weitere Wolke, die sich zwischen die Bürger und den Glauben an die Demokratie schiebt. Ja, solche Wolken bringen Dunkelheit, und in solcher Dunkelheit stirbt die Demokratie wieder ein bisschen. Doch auch diese Wolke wird vorüberziehen – hoffe ich.
Wir könnten uns darüber ärgern, uns könnte frösteln – und mich fröstelt es gelegentlich! – doch was brächte es uns, außer Gänsehaut?
Wohl dem, der im Boot sitzend, auf dem offenen Meer und bei wildem Sturm noch über die Logik der Strömungen, die Physik des Windes und die Geschichte der Seefahrt nachzudenken vermag. Wir wollen versuchen, solche Ruhe zu bewahren. Wir wollen lernen, die am Himmel ziehenden Wolken zu lesen, und zwischen ihnen, wie man heute zwischen den Zeilen der Zeitung liest.
Wohl dem, der den Gang der Wolken zu betrachten vermag, und nicht zuerst darüber nachdenkt, ob er frösteln könnte.
Zumindest versuchen
Gegen Ende der heutigen Meistergeschichte heißt es: »am Abend, als die Sonne unterging und ihre letzten Strahlen das Land mit warmer Farbe übergossen, wurde der Himmel ganz klar. Da war der Tag auch schon vorbei.«
Die Wolken werden weiterziehen, und wer die richtigen Augen hat, der kann schon jetzt durch die Wolken hindurchsehen, und hier und da sieht er etwas Sonne glitzern. Andere Wolken werden kommen.
Mächte mit tiefen Taschen führen die Masse am Nasenring gefühlter Wahrheit durch die Manege, sitzen breit und fett auf den Rängen, schlürfen prickelnde Subventionen und lachen. Ich weiß nicht, wann und ob wir wieder eine Zeit der Vernunft erleben werden. Ich weiß nicht, wann und ob diese Wolken sich verziehen, und doch hoffe ich – schon zum Wohl unserer Kinder! – dass sie bald wieder fortziehen werden.
Journalisten mögen beim Bier jubeln, dass dem dummen Wahlvolk eins ausgewischt wird, doch wir sind keine Journalisten. Wir wollen zumindest versuchen, anständiger zu sein – und unsere Hoffnung aufs Gute setzen, nicht auf die Zerstörung! – Die Demokratie stirbt in Redaktionen. Lassen wir nicht zu, dass auch unsere Hoffnung von den Wolken erstickt wird.
Gegen Ende der heutigen Meistergeschichte heißt es: »… am Abend, als die Sonne unterging und ihre letzten Strahlen das Land mit roter Farbe übergossen, wurde der Himmel ganz klar. Da war der Tag auch schon vorbei.«
Lassen Sie uns hoffen, dass es noch einige Mal klar und sonnig wird, dass die Wolken der Lüge und Dummheit sich verziehen, wenigstens für einen Moment, und zwar lange bevor der Tag vorbei ist!
Dieser Beitrag erschien zuerst auf dushanwegner.com
Dushan Wegner (geb. 1974 in Tschechien, Mag. Philosophie 2008 in Köln) pendelt als Publizist zwischen Berlin, Bayern und den Kanaren. In seinem Buch „Relevante Strukturen“ erklärt Wegner, wie er ethische Vorhersagen trifft und warum Glück immer Ordnung braucht.