Die FAZ berichtet soeben, dass Frankfurter Moscheegemeinden ihre Freitagspredigten während des Ramadans und wegen Corona durch einen Gebetsruf ersetzen. Die Gemeinden sagen, die Gläubigen sollen sich also nicht zum Beten und Fastenbrechen treffen. Für die Frankfurter Integrationsdezernentin Sylvia Weber (SPD) ist dieser Gebetsruf eine gute Sache. Sie genehmigt ihn, sofern der Ruf den Immissionsschutzgesetzen entspreche; der Ruf solle den Muslimen „ein kleiner Trost“ sein. Frau Weber bittet zudem darum, „einem kurzen Muezzinruf mit jenem Respekt zu begegnen, den Religionsfreiheit in unserer Demokratie immer beanspruchen kann“. Zuvor hatten schon Hannover, Duisburg, Osnabrück und weitere Städte den Muslimen in der Corona-Krise erlaubt, den Gebetsruf „Adhan“ über Außenlautsprecher öffentlich zu übertragen.
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, will hier nicht abseits stehen. Er vertritt mit seinem „Rat“ zwar nur rund 20.000 der vier Millionen Muslime in Deutschland, trotzdem ist er stets in aller Presse Munde, wenn er jetzt vorschlägt, den Muezzin-Ruf vorübergehend der Corona-Lage anzupassen. Wörtlich: „Ich halte es für denkbar, dass in den öffentlichen Muezzin-Rufen die Zeile ,Kommt her zum Gebet‘ in ,Betet zu Hause‘ umgewandelt wird.“
Der „tolerante, dialogfähige, moderne“ Islam ist ein Mythos
Muezzin-Rufe hin – „Corona“ her: Es geht um mehr. Es geht nicht darum, ob und wann und in welcher Lautstärke mit oder ohne Mikrofon ein „Ausrufer“ fünfmal am Tag zum Gebet in eine Moschee ruft. Sondern es geht wie bei Ceylan und Mazyek darum, die Theorie festzuklopfen, dass der Islam zu Deutschland gehöre. Corona ist da nur eines von mehreren Trittbrettern. Ceylan und Mazyek mögen sich noch so sehr als Vertreter eines toleranten und modernen Islams gerieren. Aber ein solcher Islam ist ein Mythos. Der Syrer, Moslem und weltweit renommierte Orientalist Bassam Tibi ist längst zu dieser Überzeugung gekommen. Von ihm stammte zwar ursprünglich die Idee von einem aufgeklärten Euro-Islam. Tibi hat mittlerweile von dieser Vision Abstand genommen. Für ihn ist die Idee eines Euro-Islams gescheitert.
Dass die interreligiösen und interkulturellen „Dialogiker“ der christlichen Kirchen nicht hinter die Fassade des „friedlichen“ Islams und der Scharia schauen, ist mehr als erklärungs- und gewöhnungsbedürftig. Vielleicht sollten sich die betreffenden Damen und Herren Theologen doch einmal die Rede des damaligen Papstes Benedikt XVI. vom 12. September 2006 in Regensburg zu Gemüte führen, mit der Benedikt in zugleich diplomatischer Sprache wie auch stringenter Gedankenführung unter der Überschrift „Glaube, Vernunft und Universität“ den Unterschied zwischen Christentum und Islam sowie (begrenzt) mögliche Dialogansätze deutlich machte. Text dazu hier.
Wer es denn nicht mit Benedikt halten will oder wem Benedikts ideengeschichtliche Analyse nicht zusagt, der möge sich an den 2014 verstorbenen Schriftsteller Ralph Giordano halten. Für ihn wären die aktuellen Entwicklungen in Deutschland ein weiteres Stück einer schleichenden Islamisierung, die man nicht mit dem naiven Argument der „Bereicherung“ und der „Dialogbereitschaft“ dulden solle. Für ihn, den Holocaust-Überlebenden, wäre auch die aktuelle Akzeptanz des Muezzin-Rufes „Duckmäuserei“. Die türkischstämmige Soziologin Necla Kelek brachte es in Reaktion auf Giordano ähnlich auf den Punkt. Für sie sind Moscheen in Deutschland „Keimzelle einer Gegengesellschaft“.
Das sollten die ach so toleranten Dialogiker nicht vergessen. Und auch der Vergleich mit dem Läuten von Kirchenglocken zieht nicht. Denn das Glockenläuten der rund 50.000 katholischen oder evangelischen Kirchen ist Teil der über Jahrhunderte gewachsenen und Deutschland sowie Europa prägenden Kultur. Während es ein Glockenläuten christlicher Kirchen in muslimisch geprägten Ländern (siehe Türkei) übrigens nicht gibt.