Tichys Einblick
Fünfte Amtszeit für A.M.?

Horst, jetzt reicht´s!

Vor fünf Jahren warst Du als MP in Bayern ihr erbitterter Gegner in der Migrationsfrage. Die nächtliche Telefonkonferenz im Herbst 2015, in der sich die Tore Deutschlands für hunderttausende von Syrern, Irakis, Pakistanis, Schwarzafrikaner öffneten, hast Du verschlafen.

imago Images/Rainer Zensen

Horst, wir kennen uns seit 40 Jahren, wir sind beide Schüler von FJS. Er hat uns gelehrt: sag‘, was Du denkst und mach, was Du sagst. Er hat uns auch beigebracht: hänge Deine Grundsätze so hoch, dass Du auch bequem darunter durchschlupfen kannst. Manchmal ist das notwendig und vertretbar. Aber Du lieber Horst, Du überdehnst, ja überziehst jetzt bei weitem. Du hast das Augenmaß verloren. A.M. hat sich längst damit abgefunden, dass sie 2021 das Bundeskanzleramt verlässt, sie spürt, es reicht. Enough is enough. Wenn es einen gibt, der sie nun wirklich nicht überreden sollte, im Amt zu bleiben, dann bist Du es.

Vor fünf Jahren warst Du als MP in Bayern ihr erbitterter Gegner in der Migrationsfrage. Die nächtliche Telefonkonferenz im Herbst 2015, in der sich die Tore Deutschlands für hunderttausende von Syrern, Irakis, Pakistanis, Schwarzafrikaner öffneten, hast Du verschlafen. Aber am Tag darauf hast Du in alter CSU-Manier zu kämpfen begonnen: Du hast erkannt, dass A.Ms. Spruch, „wir schaffen das“ ein politischer Fehler war. „Obergrenze“ hieß Dein Schlachtruf und Millionen in Deutschland und Europa standen hinter Dir. Du wußtest aus Deiner Zeit mit FJS, dass das Eintreten für eine Idee immer Gegenwind bedeutet. Du warst standhaft, bist es aber nicht geblieben. Leider.

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Du hattest die Chance, in einem Atemzug mit Moses genannt zu werden. Er hatte das Volk der Juden gegen viele Widerstände aus Ägypten geführt. Belohnt worden ist er nicht. Er durfte ins Heilige Land nicht einziehen. Du hattest die Chance, in einem Atemzug mit Winston Churchill erwähnt zu werden. Er hat Großbritannien zum Sieg gegen Hitler-Deutschland geführt. Gewürdigt worden ist er zu seinen Lebzeiten nicht. Er wurde abgewählt. Du hattest die Möglichkeit, mit FJS in die Annalen Bayerns und Deutschlands einzuziehen. FJS hat gegen die Ostverträge Willy Brandts und Egon Bahrs geklagt und die juristisch politischen Voraussetzungen für eine Wiedervereinigung geschaffen. Er hat gegen massive Proteste der Straße für den NATO-Nachrüstungsbeschluss gekämpft und damit den Zusammenbruch der Sowjetunion eingeleitet. Die erlösende Freude darüber war ihm nicht vergönnt. Er hat den Abzug der russischen Truppen aus Berlin nicht erlebt.

Du bist umgefallen. Heute gerierst Du Dich als Türöffner für Millionen Muslime, die in der Türkei nur darauf warten, gen Westen zu ziehen. Wenn es noch eines Beweises bedurfte, dass der deutsche Weg ein falscher ist, dann zeigt es auch die aktuelle Kinder-Transport-Aktion. Luxemburg und Deutschland haben ein paar Jugendliche aufgenommen, weil es unbegleitete Kinder nach allem, was bisher bekannt wurde, nicht gibt. Sie sind eine Erfindung zur Emotionalisierung der Massen. Kein weiteres EU-Land hat sich bisher an dieser Rettungsaktion beteiligt. Du stellst Dich an die Spitze der Politik der Gefühle, wohlwissend, dass Staatslenker die Interessen des Landes und ihrer Bürger zu vertreten haben, sie in Gesetze fassen müssen und diesen Gesetzen nach demokratischen Grundsätzen gehorchen sollten. Wer seine Gefühle beruflich ausleben will, hat viele Spielplätze in unserem Land. Die Politik gehört sicher nicht dazu.

Du hast frühzeitig erkannt, dass die Hoffnung auf eine europäische Lösung inhaltsloses Gerede ist. Wenn es zum Schwur kommt, ist sich in der EU jeder selbst der Nächste. Du hast erkannt, dass Gutmensch zu sein, ein hehres Gefühl sein mag. Aber die Menschen aus dem Nahen Osten müssen von der Bevölkerung akzeptiert werden und die Neuankömmlinge müssen Deutschland, seine Kultur und sein Grundgesetz annehmen und respektieren. In dieser Gemengelage gibt es bisher nur Verlierer. Integration ist mehr als Geld verteilen, Unterkünfte bauen und Lebensmittel verschenken.

Wir sind bereit, Dir vieles zu verzeihen: Es war nicht einfach für Dich, von M.S. aus der Staatskanzlei in München verjagt zu werden. Niemand hat es Dir gedankt, dass Du die CSU nach der Wahlniederlage von Huber und Beckstein wieder auf den Weg des Erfolgs gebracht hast. Aber Du weißt aus den FJS-Tagen – Stichwort Milliardenkredit -, dass Dankbarkeit in der Politik in unsichtbaren Buchstaben geschrieben wird.

Dein Aufruf für eine fünfte Amtszeit A.Ms. ist auch längst durchschaut. Du kannst es nicht ertragen, dass M.S. in den Wochen der Corona-Krise Deutschland beeindruckt.

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Seine Beliebtheitswerte in den Umfragen schießen verdientermaßen nicht nur in den weiß-blauen Himmel. Er könnte es sogar als erster (Beute-)Bayer nächstes Jahr ins Bundeskanzleramt schaffen, prophezeien sogar Mitte-Links-Auguren. Er ist mit der Bundeskanzlerin auf Augenhöhe, aber er hält keine Steigbügel hin. Das verschafft Dir schlaflose Nächte. Du hast eilfertig aktuell ein paar Punkte gesammelt durch Polizei-Aktionen gegen Rechts und das längst überfällige Verbot der Terror-Organisation „Hisbollah“. Aber auch das war nur halbherzig. Ein Organisationsverbot wäre angemessen gewesen, nicht nur ein minderwertiges Betätigungsverbot.

Großbritannien, Kanada, Israel, die Niederlande, USA, 22 Mitglieder der Arabischen Liga, die sechs Mitglieder des „Gulf Cooperation Council“ genauso wie Argentinien, Kolumbien, Guatemala, Honduras and Paraguay haben Hisbollah vollständig verboten. Dazu hat es Dir an Mut gefehlt.

Mach Dir nicht allzu viel Hoffnung, dass Dich A.M. aus Dank für Deine aktuelle Empfehlung in ihr fünftes Kabinett als Bundesinnenminister übernehmen wird. Sie hat den verdienten Wiedervereinigungs-Kanzler H.K., der deutsche Geschichte geschrieben hat, in der aus heutiger Sicht mickrigen Spendenaffäre eiskalt abserviert. Dass sich ihr Herz für einen CSU-Bayer erwärmt, ist eher unwahrscheinlich.

Horst, es wird alles nichts helfen: Die Jüngeren scharren mit den Füßen, wollen übernehmen und das ist gut so. Das gilt für A.M. und für Dich. Du hattest viel Glück im Leben, hast das achte Lebensjahrzehnt aufrechtstehend erreicht und solltest Dich auf den Austrag vorbereiten. Du erinnerst Dich an den FJS-Spruch: dankbar rückwärts, mutig vorwärts, gläubig aufwärts. Die Märklin-Eisenbahn in Ingolstadt muss entstaubt werden.


Godel Rosenberg war von 1978 bis 1988 Pressesprecher der CSU und Medienberater des CSU-Vorsitzenden, Ministerpräsident Franz Josef Strauß. Rosenberg ist Journalist, Buchautor und High-Tech-Unternehmer, lebt seit 1999 in Israel und besitzt beide Staatsangehörigkeiten.

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