Tichys Einblick
"Fachkraft Rechtsextremismusprävention"

So werden Sie zertifizierter Nazijäger

Lassen Sie sich mit dem Landesinnenministerium zum zertifizierten Nazijäger ausbilden. Lernen Sie alles über rechte Frauen, rechte Medien, rechte Psychologie und hinterfragen Sie Ihre Privilegien. Am Ende erhalten Sie feierlich das Nazijäger-Zertifikat.

Getty Images | Screenprint: wbz-ingelheim

Wussten Sie, dass man sich zur Fachkraft für Rechtsextremismusprävention ausbilden lassen kann? Ich für meinen Teil bis vor kurzem nicht – aber es stimmt. An der Fridtjof-Nansen-Akademie für politische Bildung im Weiterbildungszentrum Ingelheim (WBZ) wird für schlappe 270 Euro Teilnahmegebühr eine berufsbegleitende „fachliche und didaktisch-methodische“ Weiterbildung in fünf Modulen angeboten, aus der man dann als „Zertifizierte Fachkraft für Rechtsextremismusprävention“ herausgehen kann. Die Zielgruppe sind dabei Menschen mit fachlichem Hintergrund in „Politikwissenschaften, Soziale Arbeit, Sozialpädagogik“ etc..

Die Voraussetzung zum Erwerb des Zertifikats sind nur die regelmäßige Teilnahme an allen fünf Modulen und die Konzepterstellung für ein Bildungsprojekt im Bereich der Rechtsextremismusprävention. Vom Ansatz her wirkt es ein bisschen wie ein Lehrgang einer Sekte – der einzige Sinn der Übung ist zu lernen, wie man andere bekehrt.

Die fünf Module bestehen jeweils aus zwei Tagen Schulung, über den Zeitraum von März bis November verteilt. Der Kampf gegen den Rechtsextremismus eilt anscheinend nicht. Im ersten Modul werden die Basics vermittelt. Im zweiten Modul geht es um die „Ziele, Akteure, Strategien“. In der dazugehörigen Broschüre werden zum Themenauszug Stichpunkte wie „Rechtsextremismus, Musik und Geld“ oder „Frauen in der extremen Rechten“ aufgeführt. Rechtsextreme Frauen sind für Linke ein unglaubliches Mysterium, das weiß ich noch aus Tagen des Jugendmagazins Bento vom Spiegel. Ganze Artikel wurden da veröffentlicht über die Rolle der Frauen, die rechte Parolen im Internet verbreiten. Für bento-Redakteure war es gänzlich ausgeschlossen, dass die Frauen einfach nur irgendwo falsch abgebogen sind und jetzt frei ihre Meinung verbreiten. Munter kreierten die Autoren bunte Verschwörungstheorien darüber, dass die Rechten gezielt junge hübsche Frauen aussuchen, um ihre Propaganda zu verbreiten, weil sie ihnen ein weicheres Image verleihen und ihre Ideen hoffähig machen. Selbstbestimmte politische Frauen, die nicht links sind, kommen in diesem Mindset nicht vor: Da muss mehr dahinter stecken, es muss!

Heft 03-2021
Tichys Einblick 03-2021: Es reicht.
Im dritten Modul geht es um „Hate Speech, Fake News und Verschwörungsmythen; Rechtsextreme Strategie in Medien“, u.a. mit dem Punkt „Rechte Medien im Überblick“. Da würde mich doch wirklich sehr interessieren, was da stattfindet.

In der Broschüre schreiben sie zwar, dass das WBZ sich selbst als „offenes Forum für die politische Meinungsbildung und für den Austausch kontroverser Positionen“ versteht und sich „dem Streben nach wissenschaftlicher Objektivität verpflichtet“, aber einen Workshop zu Linksextremismusprävention habe ich dort bisher nicht finden können. Das mit der Objektivität ist heutzutage einfach ein sehr dehnbarer Begriff.

Als viertes Modul ist der Themenbereich „Vorurteile, Radikalisierung und Rückschlüsse für die Präventionsarbeit“ angedacht. Hier geht es dann so richtig los, mit Programmauszügen wie: „Entstehung von Vorurteilen: Individualpsychologische, gruppenpsychologische und gesellschaftliche Aspekte“ und „Dynamiken, Strukturen und Prozesse in rechtsextremistischen Gruppen“. Also Stoff, mit dem sich der Verfassungsschutz hauptberuflich beschäftigt, der hier in zwei Tagen vermittelt werden soll. Was dieser Gesellschaft definitiv noch gefehlt hat, sind Politikwissenschaftsstudenten, die auf Basis eines zweitägigen Seminars psychologische Ferndiagnosen über Rechtspopulismus unternehmen, über tatsächlichen und vermeintlichen und alles, was man darunter zu verbuchen hat.

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 Das fünfte und letzte Modul, das den Titel „Methodenworkshop pädagogische Rechtsextremismusprävention“ trägt, werde ich gar nicht weiter kommentieren. Es reicht die Erwähnung, dass dort „Selbstreflexion der eigenen Privilegien“ auf der Tagesordnung steht. Ich denke das spricht für sich selbst.

Damit ist es allerdings noch nicht vorbei, denn danach kommt ein ganz großes Highlight. Das Ganze findet in Kooperation mit dem Ministerium des Inneren und für Sport Rheinland-Pfalz statt. Und so gibt es zum Ende der Ausbildung eine Abschlussveranstaltung im Innenministerium, mit einer feierlichen Übergabe der Zertifikate – durch den Minister. Ganz neu ist das Konzept nicht. Zuvor bot bereits der DGB eine Weiterbildung zur „Fachkraft Rechtsextremismus“ an.

Man könnte meinen, dass im Kampf gegen Rechtsextremismus, oder überhaupt Extremismus, der Verfassungsschutz und die Polizei zuständig sind – die könnten ja tatsächlich für Konsequenzen sorgen. Aber die Regierung scheint das etwas anders zu sehen. Denn wer könnte besser gegen rechtsextreme Parolen ankämpfen, als ein Potikwissenschaftsstudent, der sich freiwillig zur Fachkraft für Rechtsextremismusprävention ausbildet? Die natürliche Folge wird eine Entwicklung sein, die man schon jetzt beobachten kann: Wer auf Rechtsextremismus geschult ist, der sieht auch überall Rechtsextremismus. So wie Deutschlehrer überall Methaphern und Stilmittel herauslesen wollen, Historiker alles im Kontext zur Geschichte betrachten und Psychiater alle Menschen für psychisch krank halten. Aber das scheint ja genau das Ziel zu sein. Und klar: Nur in Deutschland kann es einen Jagdschein geben, der zur Hatz auf abweichende Meinungen berechtigt und „Rechte“ zum Abschuss freigibt.

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