Damit hat eigentlich niemand gerechnet. Die Hessen-CDU hatte seit 2014 ziemlich geräuschlos zusammen mit den Grünen regiert. Nun will es die CDU völlig überraschend für fünf Jahre zusammen mit der vom Wähler gedemütigten SPD machen. In dieser Konstellation für Hessen ein Novum! Allerdings findet die Koalition ohne SPD-Spitzenkandidatin Nancy Faeser statt. Diese hält sich in Berlin als Bundesinnenministerin für alternativlos, auch wenn sie für SPD-Kanzler Scholz längst zum Mühlstein am Hals geworden ist.
Die Landtagswahl vom 8. Oktober 2023 hatte jedenfalls ein Ergebnis erbracht, das die Aversion vieler Wähler gegen die Ampel in Berlin und wohl auch gegen die hessische SPD-Spitzenkandidatin Nancy Faeser mehr als deutlich zum Ausdruck brachte: Die SPD verlor in ihrem vormaligen Stammland trotz (oder wegen) „Spitzen“-Frau Faeser gegenüber 2018 weitere satte 4,7 Prozent und sackte auf 15,1 Prozent ab; die Grünen mit dem bürgerlich daherkommenden Tarik Al-Wazir verloren 5,0 Prozent und blieben bei 14,8 Prozent hängen, die FDP rettete sich noch eben mit 5,0 Prozent in den Landtag. Die CDU mit dem bisherigen Kurzzeit-Amtsinhaber Boris Rhein aber legte um 7,6 Prozent gegenüber 2018 zu und landete mit 34,6 Prozent auf Platz 1.
Die AfD kletterte mit einem Plus an 5,3 Prozent auf Platz 2 und stellt damit so oder so die größte Oppositionspartei im Hessischen Landtag, der sich am 18. Januar 2024 offiziell konstituieren wird. Man darf nicht nur am Rande gespannt sein, ob es dann zur Wahl eines AfD-Landtags-Vizepräsidenten kommt. Bislang stellen die FDP mit 7,5 Prozent und die „Linke“ mit 6,3 Prozent einen der fünf „Vizes“. Die AfD ging hier leer aus.
Was aber bedeutet der hessische Partnertausch?
Auch wenn Hessen mit 6,4 Millionen Bevölkerung nur das fünfgrößte der 16 deutschen Länder ist, dürfte die neue Konstellation bundespolitische Signalwirkung haben. Denn zusammen mit der Bayern-Wahl ebenfalls vom 8. Oktober 2023 war die Hessen-Wahl doch eine kleine Bundestagswahl.
Wir spekulieren mal und rühren im Kaffeesatz:
- Diese neue, „große“ Koalition in Hessen (Wähleranteil zusammen 49,7 Prozent) könnte signalisieren, dass es angesichts der drängenden Probleme insbesondere im Zusammenhang mit „Migration“ dieser Konstellation bedarf. Denn die „Grünen“ wollen die Tore des Sozialparadieses Deutschland weiter offenhalten. Die SPD wird und muss sich hier von den Grünen entfernen, wenn sie nicht noch weiter unter 15 Prozent absacken will. Das dürfte auch der Grund für den Bruch der bisher regierenden schwarz-grünen Hessen-Koalition und die Hinwendung der CDU zur hier wohl braven SPD sein. Boris Rhein hat schließlich Alternativen.
- Diese neue Hessen-Koalition ist im Sinne von CDU-Chef Friedrich Merz. Einmal, weil Merz damit doch noch zusammen mit Scholz einen „Deutschlandpakt“ schmieden könnte. Zum zweiten aber auch, weil eine „große“ CDU/SPD-Koalition in Hessen ein Gegenmodell zu „Grün-Grün“ in NRW und Schleswig-Holstein ist.
- Boris Rhein hat mit seinem Wahlergebnis jedenfalls an Gewicht innerhalb der Bundes-CDU gewonnen; er könnte damit innerhalb der CDU zum Königmacher werden. Sprich: Wenn sich im Jahr 2024 die Frage zuspitzt, wer die CDU/CSU 2025 in die Bundestagswahl führt. Die Ambitionen eines ergrünten NRW-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst haben jedenfalls einen Dämpfer erfahren.
In Hessen dürfte/sollte es zu einer Rückbesinnung auf Realitäten kommen, schließlich stellt die hessische SPD in großer Zahl Kommunalpolitiker, und die haben die Überlastung durch die wachsenden Probleme mit Flüchtlingen zu schultern.
Ob das bei der gescheiterten SPD-Spitzenkandidatin, Bundesinnenministerin Faeser, zu einem Umdenken führt? Wir haben Zweifel. Diese Zweifel kann aber nur Kanzler Scholz beseitigen, wenn er Faeser vor die Tür setzt. Oder wenn er über kurz oder lang einem Kanzler Boris Pistorius Platz macht.
Scholz jedenfalls wird bei einer Wahl keinen Blumentopf mehr gewinnen. Zumal mit einem Kabinett, in dem neben den medial unvermindert gepamperten „Grünen“ SPD-Leute wie die Faesers und die Lauterbachs die Wahrnehmung prägen und Scholz etwa in Sachen Cum-Ex-Skandal weiter an „Erinnerungslücken“ festhält.