Andrea Nahles (SPD) übernimmt in dieser Woche als Chefin die Agentur für Arbeit. Es ist die Art von Posten, mit denen Parteisoldaten abgefunden werden, wenn sie aus dem Dienst scheiden. Für Heiko Maas (SPD) ist ein solch nobler Chefposten nicht in Sicht. Im September wird er 56 Jahre alt. Seine Tage muss Maas im Bundestag absitzen – auf einer der hinteren Bänke. Die Fraktion behandelt ihn nicht wie einen Prominenten, sondern wie einen Ausrangierten.
Dabei ist der ehemalige Justiz- und Außenminister gerade in diesen Tagen medial präsent. Vor allem ein Bild macht die Runde: Es zeigt einen lachenden und selbstzufriedenen Maas. Er verspottet den damals amtierenden amerikanischen Präsidenten Donald Trump. Der hatte in einer Rede gesagt, dass sich Deutschland mit seiner Energiepolitik in russische Abhängigkeit begibt. Er sagte das vor dem 24. Februar 2022. Trump behielt recht – und Maas sein selbstzufriedenes Lachen. Das Problem des ehemaligen Außenministers ist nicht, dass er in Vergessenheit gerät. Sein Problem ist, dass sich noch zu viele daran erinnern, was er getan hat.
Was auffällt: Der ehemalige Außenminister bleibt bevorzugt jenen Abstimmungen fern, in denen es um internationale Einsätze der Bundeswehr geht. Als im April die allgemeine „Impf“pflicht zur Abstimmung stand, hat Maas für Wolfgang Kubicki (FDP) und gegen die „Impf“pflicht gestimmt – für die sein Kanzler und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) so massiv persönlich geworben haben. Rücksicht auf seine Fraktion scheint Maas keine mehr zu nehmen.
Ohnehin scheint Maas auf dem Weg, ein unpolitischer Mensch zu werden. Seine Homepage könnte auch die eines Seniorenclubs im Saarland sein. Es gibt eine Rubrik, die Fotos mit Menschenansammlungen zeigt. Meist ohne Masken. Wer da zu sehen ist, wird nicht erklärt. Ohnehin sagt die Seite nicht viel aus. Es gibt Allgemeinplätze wie „Europa ist unsere Chance und unsere Hoffnung.“ Und weil das ein so bedeutungsschwerer Satz ist, hat ihn das Team Maas mit einem Ausrufezeichen versehen.
Ebenfalls von poetischer Qualität ist der Satz: „Meine Heimat ist nicht nur ein landschaftlich schöner Fleck Erde, sondern es ist auch etwas wie der Motor und das Herz einer ganzen Region.“ Der Motor stottert. Das Ford-Werk in Saarlouis schließt. Die Bedingungen in Valencia seien besser, sagt der Konzern. Im November bewerteten laut Infratest Dimap zwei von drei Saarländern die wirtschaftliche Lage als „weniger gut“ oder als „schlecht“. Das Bruttoinlandprodukt des Saarlands ist von 2010 auf 2020 um 5 Prozent zurückgegangen – während es bundesweit um über 10 Prozent zugenommen hat, wie das Institut der deutschen Wirtschaft mitteilt. Aber was ist das schon? Zahlen, Fakten, Realität … wenn ein Satz wie „Meine Heimat ist der Motor einer ganzen Region“ so schön selbstzufrieden klingt – so schön nach Heiko Maas.
Das Saarland ist geprägt durch den Bergbau. Die Menschen sind eher proletarisch als weltmännisch. Sie arbeiten und feiern gerne hart. Einer wie Maas gilt ihnen als zu weich. Auch wenn er alles getan hat, um diesem Image entgegenzuwirken. Er betont seinen Ferienjob bei Ford. Er lässt sich mit offenem Hemd und Drei-Tage-Bart ablichten. Doch sein Image des gelackten Bürschchens verstärkt das eher noch. Die Worte, mit den Saarländer den verhinderten Ministerpräsidenten tatsächlich beschreiben, sind hier nicht zitierbar. In seiner Heimat ist er ein Verlierer: 2009 holt er das schlechteste Ergebnis der SPD in der Landesgeschichte. 2012 startete Maas mit Vorsprung in den Wahlkampf. Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) war noch kein Jahr Ministerpräsidentin, da musste sie nach einer Regierungskrise Neuwahlen ausrufen. Trotz der widrigen Umstände überholte Kramp-Karrenbauer im Wahlkampf den von seinen Landsleuten ungeliebten Maas.
TE fragt Maas, an welchen politischen Projekten, er arbeitet. Maas antwortet nicht. Im Saarland regiert die SPD seit dem Frühjahr mit absoluter Mehrheit. Doch die Genossen halten den ehemaligen Minister am Spielfeldrand. Also sitzt er seine Zeit im Bundestag ab. 10.000 Euro Gehalt dürften ihn trösten. Ebenso wie eine monatliche Unkostenpauschale von 5.000 Euro, die auch ausgezahlt wird, wenn keine Unkosten anfallen. Vielleicht gibt es doch noch einen Versorgungsposten für den Parteisoldaten. Botschafter in Moskau oder Teheran wäre nett.