Tichys Einblick
Intel-Milliarden

Haushalt: Streite leiser, Ampel!

Christian Lindner hat den „Herbst der Entscheidungen“ angekündigt. Etwa in der Haushaltspolitik soll sich die Ampel nun an der FDP ausrichten. Ein Punkt ist offen, der dafür sorgen könnte, dass in Berlin der Winter schon im Oktober beginnt.

IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Soll bloß keiner behaupten, die Ampel sei nicht zu einer Lernkurve fähig. Seit über einem halben Dutzend verlorener Wahlen nehmen sich ihre Vertreter schon vor, ihren Streit nicht mehr öffentlich auszutragen. In Sachen Haushalt scheint das nun erstmals gelungen zu sein. Der stand am Mittwoch auf der Tagesordnung des Kabinetts – und trotzdem kam nichts an die Öffentlichkeit.

Dabei gibt es in der Tat einen veritablen Streit zwischen Finanzminister Christian Lindner (FDP) und „Wirtschaftsminister“ Robert Habeck (Grüne). Es geht um 4 Milliarden Euro. Geld, das der Bund eigentlich an Intel zahlen wollte, damit die in Magdeburg bauen. Doch das Projekt ist auf Eis gelegt und das Geld steht damit dem Bund zur Verfügung.

Die Frage ist, was dessen Regierung daraus macht: Lindner würde damit gerne die Löcher in seinem allgemeinen Haushalt stopfen. Der beruht auf rund 50 Milliarden Euro neuer Schulden. Gerade so viel, wie die „Schuldenbremse“ zulässt. Auf zwölf Milliarden Euro „globaler Minderausgabe“. Also Geld, das die Minister noch einsparen müssen, ohne zu wissen, wie. Im vergangenen Jahr hatten sie sich acht Milliarden Euro vorgenommen – und scheiterten schon daran. Dazu kommen Zahlungen von 4 Milliarden Euro an die Bahn, die Lindner in Kredite umbenannt hat, um seinem Haushalt den Anschein zu lassen, der Verfassung zu entsprechen – sowie Ausgaben, die er künstlich zu niedrig, und Einnahmen, die er künstlich hoch gerechnet hat. In Sachen „Wachstumsinitiative“ geht es um sechs Milliarden Euro, beim Bürgergeld um mindestens zehn Milliarden Euro, wie jüngst rauskam. Luftbuchungen also von über 30 Milliarden Euro.

Trotzdem will Habeck Lindner das Geld nicht lassen. Die vier Milliarden Euro kommen aus Habecks „Klima- und Transformationsfonds“ und dorthin sollen sie auch wieder zurück. Wenn es nach dem „Wirtschaftsminister“ geht. Er möchte damit in die Klimaindustrie – etwa Wärmepumpen – investieren, damit die Wirtschaft wächst und so die Schulden sinken. So wie bisher. Also Habeck will so wie bisher investieren. Nur, dass bisher die Schulden stiegen und die Wirtschaft schrumpfte. Doch dieses Mal klappt es. Bestimmt.

Diesen Streit hat die Ampel hinter verschlossenen Kulissen ausgetragen. Bisher. Anzunehmen ist, dass ihn Habeck gewinnt. Zum einen aus Erfahrung. Wenn Lindner bisher die Vernunft hinter sich hatte, hat er sich noch nie durchgesetzt. Zum anderen, weil Habeck mit dem Rücken zur Wand und der Kanzlerkandidatur vor Augen wild entschlossen ist. Das hat sein Durchgreifen in der Partei gezeigt.

Habecks Logik dabei: Wenn die vier Milliarden Euro das Loch von über 30 Milliarden Euro im Haushalt ohnehin nicht schließen können – von den Neuschulden gar nicht zu sprechen – dann kann er das Geld auch für andere Projekte raushauen. Als Spielzeug für seine Vorstellung von „Wirtschaftspolitik“ und als weiterer staatlicher Segen für die grünen Geschäftsfreunde in der Klimaindustrie. In der Klimapolitik inszenieren sich die Grünen gerne als die Nachhaltigkeitspartei – in der Finanzpolitik sind sie die Nach-uns-die-Sintflut-Partei.

Anzeige
Die mobile Version verlassen