Tichys Einblick
TE-Exklusivinterview

Maaßen über seine Nominierung: „Die Basis hat entschieden und nicht das Establishment.“ 

Hans-Georg Maaßen ist CDU-Direktkandidat in Südthüringen. Erstmals gibt er einem Medium nach Bekanntwerden seiner Kandidatur ein Interview – gegenüber TE zeigt er eine klare inhaltliche Vision für die CDU und für Deutschland. Er will eine öko-sozialistische Regierung verhindern.

IMAGO / ari

Hans Georg Maaßen hält sich medial zurück, seit seine Kandidatur bekannt wurde. Jetzt gibt der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsschutzes erstmals als CDU-Bundestagskandidat ein Interview. Gegenüber TE nimmt er Stellung zu seiner Kandidatur, zu den Vorwürfen, er sei in der falschen Partei, und zu seinen Plänen für die CDU und für Deutschland. 

TE: Sie sind frisch gebackener CDU-Direktkandidat, das sorgte deutschlandweit für Aufmerksamkeit. Was bedeutet die Nominierung für Deutschland und die CDU? War das ein Denkzettel für die Parteielite? 

Das war meiner Meinung nach in erster Linie ein Sieg für die innerparteiliche Demokratie. Die Basis hat entschieden und nicht – wie von Seiten der SPD oder anderen gefordert wurde – das Establishment. Das ist ein wichtiges Signal für die parteiinterne Kultur.

Ich glaube die Wahl war in erster Linie ein Vertrauensbeweis für mich. Ich habe mich sehr gefreut und bin sehr dankbar dafür, dass so viele, nämlich 86 Prozent der Delegierten meine Positionen und mich als Person mit Ihrem Votum unterstützen.

Warum soll Deutschland gerade Sie, gerade jetzt im Bundestag brauchen? Was haben Sie vor? 

Ich stelle mir vor, dass ich im Deutschen Bundestag meine Erfahrung – sowohl meine Berufserfahrung, als auch meine Lebenserfahrung – einbringen kann. Ich habe viele viele Jahre in einem Ministerium gearbeitet, ich weiß wie Gesetze geschrieben werden, ich weiß wie Verwaltung funktioniert und ich sehe mit einem großen Bedauern, dass Deutschland derzeit weit hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt. Ich nehme wahr, dass Deutschland in Teilen nicht mehr erste Liga ist, ob in der Bildung, in der Technologie oder auch in neuen profitablen Wirtschaftszweigen. Wir schöpfen in Teilen unser Potential nicht wirklich aus. Deshalb möchte ich im Bundestag darauf hinwirken, dass wir besser werden als bisher. Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, dass eine Grün-Rot-Dunkelrote Regierung verhindert wird – eine öko-sozialistische Regierung wäre eine Katastrophe – und dass die CDU den Kanzler stellt und eine verlässliche realistische Politik betreibt. Der Wahlkampf muss in erster Linie mit einer klaren inhaltlichen Argumentation geführt werden. Die Menschen müssen wieder wissen, wofür die CDU steht. Nämlich für Freiheit, gegen Sozialismus.

Ihnen wird vorgeworfen, dass Sie in einem Wahlkreis kandidieren, zu dem Sie eigentlich gar keinen richtigen Bezug haben. Wollen Sie wirklich der Anwalt dieser Region werden, oder legen Sie Ihren Fokus auf die Bundespolitik?

Nun, wenn ich Wahlkreisabgeordneter für Südthüringen werden sollte, dann wäre ich natürlich in erster Linie Botschafter und Interessensvertreter des Wahlkreises in Berlin – das ist mir klar, und das möchte ich auch. Deswegen muss ich mich hier im Wahlkreis auch in die Themen einarbeiten, damit ich verstehe, was für Probleme und Fragen die Menschen haben, die man auf Bundesebene lösen könnte. Aber darüber hinaus – und das ist meinen Parteifreunden hier in Südthüringen klar – verfolge ich natürlich auch eine deutschlandpolitische Agenda: Ich möchte für Thüringen und auch für ganz Deutschland an politischen Veränderungen mitwirken.

Die CDU ist in schlechter Verfassung – wie ist Ihre Sicht auf die aktuelle Lage der Partei? Und vielleicht auch: Wie ist Ihr Verhältnis zu Armin Laschet?

Dass die CDU derzeit im Bund laut Umfragen bei unter 23 Prozent liegt, in Thüringen um 15 Prozent, ist aus meiner Sicht katastrophal, zumal die CDU hier in Thüringen über viele Jahre die prägende Kraft war und zeitweise über 50 Prozent der Stimmen erreicht hatte. Ich möchte gerne, dass die CDU wieder Profil hat, dass die CDU als bürgernahe Partei wahrgenommen wird, die die Interessen der Bürger und nicht die der Berufspolitiker vertritt, und dass die CDU nicht ein Kanzlerwahlverein mit beliebigen und austauschbaren politischen Positionen ist. Stattdessen sollte sie wieder Werte vertreten und für diese Werte im Wahlkampf auch streiten und die Bürger von der Richtigkeit ihrer Positionen überzeugen. Ich habe den Eindruck, die Bürger wollen unterscheidbare politische Angebote und nicht Parteien, die alle das gleiche wollen.

Herr Laschet ist der Kanzlerkandidat von CDU und CSU und ihm gilt meine volle Unterstützung als CDU-Mitglied und Kandidat. Ihn zu unterstützen ist alleine deshalb wichtig, weil wir keine ökosozialistische Regierung unter Führung der Grünen wollen.

Nun wird es ja von vielen so wahrgenommen, dass Sie in Themen wie der Coronapolitik, aber auch zum Beispiel in der Flüchtlingspolitik von vornherein in diamteraler Opposition zur Parteispitze, oder zumindest zur CDU-Politik der letzten Jahre stehen. Wie würden Sie mit dem Mandat umgehen, wie sehr wollen Sie sich an der Fraktion orientieren – sehen Sie sich als innerparteilicher Oppositioneller?

Ich sehe mich gar nicht als Oppositioneller, sondern als ein Mensch der Fragen stellt und der diese Fragen auch in eine Diskussion einbringen will. Ich finde es schade, dass die Diskussionskultur in Deutschland im allgemeinen aber auch in meiner Partei so verkümmert ist, dass manche Fragen gar nicht mehr aufgeworfen und nicht mehr diskutiert werden. Und wenn es doch geschieht, wird man dann als Störenfried wahrgenommen und ausgegrenzt. Ich halte es für wichtig, dass wir ohne Scheuklappen und ohne den Gesprächspartner als Gegner politisch zu diskreditieren Fragen und Probleme diskutieren und gemeinsam lösen.

Viele sagen ja, Sie wären in der falschen Partei. Was entgegnen Sie?

Ich bin in der richtigen Partei. Ich bin 1978 in die Junge Union eingetreten und danach in die CDU. Ich bin der Auffassung, ich habe die Grundwerte der Union über die Jahrzehnte vertreten und muss leider feststellen, dass einige in der Partei diese Grundwerte nicht verstanden haben. Ich möchte, dass die CDU wieder Volkspartei ist, nämlich bereit ist, sowohl soziale als auch liberale als auch konservative Positionen unter einem Dacht zu vereinen.

In den letzten Wochen wurden Sie ja scharf angegriffen, der Ostbeauftragte der Bundesregierung bezeichnete Ihre Kandidatur als Irrsinn, Markus Söder sprach sich gegen Sie aus, Herr Klingbeil forderte vorgestern Ihre Parteispitze dazu auf, Ihre Kandidatur zu verhindern. Wie haben Sie das aufgenommen, haben Politiker aus der Bundespolitik versucht hier Einfluss zu nehmen? Fanden Sie, die Unabhängigkeit der Ortsverbände wurde angegriffen?

Ich glaube die Wahl zeigt, dass die CDU immer noch eine Volkspartei und eine basisorientierte freiheitliche Partei ist. Das bedeutet, dass letztendlich die Parteibasis über das Personal und die Politik entscheidet, nicht die Parteiführung. Anders ist es nach Lenin bei den sozialistischen Parteien, bei denen die Parteiführung oder das Politikbüro die Funktionäre und Kader auswählt. Diese leninschen Parteien wie die SED der DDR hatte der frühere Antifa-Anhänger und heutige Generalsekretär Lars Klingbeil vor Augen, als er forderte, in der CDU müsse der Parteivorsitzende entscheiden, wer für Südthüringen für den Bundestag aufgestellt wird. Ein derartiges leninistisches Verständnis von innerparteilicher Demokratie ist mit den Vorstellungen des Grundgesetzes schlicht unvereinbar.

Was ist Ihr Ausblick auf den jetzt folgenden Wahlkampf hier in Thüringen?

Ich gehe davon aus, dass das eine harter Wahlkampf wird, aber ich hoffe auch, dass alle Beteiligten fair miteinander umgehen werden. Aus meiner Sicht ist es wichtig, den Menschen in Deutschland zu vermitteln, dass eine grün-rot-tiefrote Volksfrontregierung mit ihrer ökosozialistischen Ideologie eine große Gefahr für Freiheit und Wohlstand darstellt.

Vielen Dank für das Gespräch!

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