Dass man aus der Geschichte der Menschheit lernen könne, dass die Menschen nichts daraus lernen, ist ein beliebter, abgewandelter Hegel-Spruch. Ob es bei der SPD mangelndes Geschichtsverständnis, bloße Naivität oder kaltblütige Strategie ist, werden dann ebenfalls spätere Historiker entscheiden.
Dass zur Wahrheit aber auch gehört, dass unter Federführung der SPD (und der CDU) erst die Grundlagen geschaffen wurden, damit die „Waffe“ wirksam ist, bleibt die Kehrseite der Geschichte. Ob CDU/CSU, SPD, Grüne oder FDP: Jede dieser Parteien war in den letzten 20 Jahren zu irgendeinem Zeitpunkt in einer Regierungskoalition auf Bundesebene, um Kernkraftwerke abzuschalten, die Kohleverstromung zu beenden oder die Förderung von Ressourcen zu unterbinden.
Eine besondere Note bekommt der Kanzlerauftritt aber durch eine Nachricht von heute Morgen. WDR und NDR berichten, dass der Verkauf von Teilen des Hamburger Hafens an den chinesischen Staatskonzern Cosco bevorsteht. Eigentlich wollten das die sechs Ministerien, die an der Investitionsprüfung beteiligt sind, ablehnen. Offenbar besteht doch eine gewisse Angst vor zu großer Einflussnahme auf die Wirtschaft, sollte eine so bedeutende kritische Infrastruktur in die Hand eines wirtschafts- und geopolitischen Gegners gelangen. Der BND hat explizit vor dem Geschäft gewarnt.
Man gibt also den Chinesen eine sprichwörtliche „Waffe“ in die Hand. Doch das SPD-geführte Bundeskanzleramt sieht das offensichtlich anders. Es zögert einen Kabinettsbeschluss zum Thema hinaus. Denn: Wenn das Kabinett keinen Beschluss fasst, wird das Geschäft genehmigt. Wer schweigt – stimmt zu. Die Frist läuft Ende Oktober aus.
Während also der Bundeskanzler seine Regierungserklärung vor dem Parlament abgibt und die energetische Waffe Putins beklagt, fädelt das Kanzleramt die Ausgabe kritischer Infrastruktur an das nächste autoritäre Regime mit zweifelhaften Eigeninteressen ein. Die Ironie, dass es neuerlich die SPD ist, die an solchen Geschäften interessiert ist, fällt wohl nicht jedem auf. Und dass die Connections von Schwesig und Schröder zum Allgemeingut gehören, deutlich weniger jedoch von den Freundschaften der Genossen in Peking geredet wird, liegt nur am aktuellen Desinteresse. Freilich bis zu dem Zeitpunkt, wenn das Kind erneut in den Brunnen gefallen ist. Das ist dann der nächste Hegel-Moment der Sozialdemokratie.