Tichys Einblick
Wieder eine neue Affäre

Habecks Augiasstall wird immer größer

Ein neuer, möglicher Verstoß gegen Compliance-Regeln bringt Robert Habeck neuerlich in Erklärungsnot. Handelt es sich wieder um einen "Fehler"? Vielmehr ist es ein Beleg, dass der Filz im Wirtschaftsministerium System hat.

IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Wenigstens eines lernt die Wirtschaft von diesem Minister: nämlich was Compliance-Regeln sind. Oder besser: wie man sie bricht. Denn selten hat es so viele Compliance-Verstöße in so kurzer Zeit gegeben wie im Wirtschaftsministerium unter Robert Habeck. Vielleicht, weil man sensibler geworden ist. Vielleicht auch kritischer. Vielleicht aber auch, weil der grüne Filz dichter war als der schwarze unter Peter Altmaier und der rote unter Sigmar Gabriel. Das wird man erst mit Sicherheit sagen können, wenn man die Geschichte der Öko-Lobby aufrollt, die seit 2013 dieses Ministerium untergräbt.

Nun also Egbert Laege. Laege hatte früher für die Boston Consulting Group gearbeitet. Nach der Verstaatlichung von Gazprom Germania ernannte die Bundesregierung ihn zum Generalbevollmächtigten. Und wer erhielt nur wenige Tage nach der Verstaatlichung und Ernennung Laeges einen millionenschweren Auftrag? Richtig, die Boston Consulting Group.

Der Business Insider hat dieses nächste pikante Kapitel im Reich der „kleinen Gefallen“ unter Freunden aufgedeckt. Er konfrontierte den Gasversorger mit diesem merkwürdigen Zufall. Antwort: „Nach einschlägiger Prüfung durfte der Auftrag wegen der äußersten Dringlichkeit des Beratungsbedarfs in einem sogenannten Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb an die Boston Consulting Group vergeben werden.“

Das weckt Erinnerungen. Etwa daran, dass Habeck bereits zu Amtsantritt eine ganze Reihe von Referenten im Ministerium ohne Ausschreibung eingestellt werden. Damals sah die Verteidigung so aus: aufgrund der besonderen Position bedarf es eines besonderen Vertrauensverhältnisses. Aber das Problem ist im Wirtschaftsministerium im Besonderen und in dieser Republik im Allgemeinen ja nicht, dass man sich zu wenig kennt – sondern dass man sich viel zu gut kennt.

Der Focus titelt dazu: „Ein weiterer unglaublicher Vorgang“. So bezeichnet es der finanzpolitische Sprecher der Fraktion der Linkspartei, Christian Görke. „Es ist absolut fragwürdig, dass der alte Arbeitgeber von Egbert Laege, die Boston Consulting Group, rund eine Woche nach dessen Antritt als Treuhänder, einen lukrativen Vertrag mit Sefe erhält – und zwar ganz ohne Ausschreibung. Warum hier weder die Bundesnetzagentur noch das BMWK einen möglichen Verstoß gegen Compliance Regeln erkennen wollen, ist nicht nachvollziehbar“, so Görke.

Aber ist der Vorgang wirklich „unglaublich“? Ist es nicht vielmehr mittlerweile ein Beweis dafür, dass der Graichen-Clan kein Ausrutscher, kein „Fehler“, sondern vielmehr ein Beispiel für das System ist, das sich mittlerweile in den Behörden etabliert hat. Die Demission Graichens sollte den Eindruck erwecken, sonst liefe alles geregelt – und die Apologeten der Grünen behaupteten gar, Graichen sei aus nichtigen Gründen „abgesägt“ worden.

In Wirklichkeit zeigt Habeck, dass er bereit ist, demokratische Spielregeln außer Kraft zu setzen, wenn es darum geht, Affären im eigenen Haus unter den Teppich zu kehren. Bereits vor der Anhörung Graichens hatte er gewusst, dass es ein nicht abgeschlossenes Verfahren zu Graichen gab, stärkte diesem aber dennoch den Rücken. Bei der Anhörung von Udo Philipp torpedierten die Ampel-Parteien die Fragerunde, indem sie kurzerhand die Geschäftsordnung änderten.

Mit der „Causa Laege“ erschüttert nun fast jeden Monat ein neuer Skandal das Habeck-Ministerium. Irgendwann verfängt die Strategie, die Affären als Schmutzkampagnen zu „Framen“ nicht mehr. Der Geruch des Augiasstalls verrät den wahren Zustand. Ihn auszumisten bedeutete, nicht nur weitere Personalien vor die Türe zu setzen, sondern den Minister gleich mit. Das wäre aber längst nicht mehr die Angelegenheit von Robert Habeck, sondern die von Kanzler Olaf Scholz.

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