Tichys Einblick
Intrige gegen den Kanzler?

Im Dienste des Wasserstoffs: Habeck gegen Gas aus Afrika

Zwischen Wirtschaftsminister Habeck und Kanzler Scholz klafft ein energiepolitischer Gegensatz. Habeck hintertreibt die Suche nach gesicherter Gas-Versorgung unter anderem im Senegal. Allzu günstiges LNG könnte seinen Traum von der Wasserstoffwirtschaft als ökologistischer Kommandowirtschaft gefährden.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck

IMAGO / Chris Emil Janßen

Es scheint in der Regierung unter der gemeinsamen Flagge des Klimaschutzes zwei verschiedene Ausrichtungen zu geben: eine, die versucht, in energiepolitischer Hinsicht Schaden für Deutschland zu minimieren, indem sie sich um die Versorgungssicherheit kümmert und einen Rest von Realismus gelten lässt, und eine, die ausschließlich im Dienst der Wasserstoff-Wirtschaft steht und damit ohne Rücksicht auf die Interessen der deutschen Bürger den Profitinteressen des Komplexes aus Klima-Industrie und vornehmlich amerikanischer Finanzinstitute dient. Die erste Politik wird vom Bundeskanzler Olaf Scholz betrieben, die zweite vom Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck.

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Programmatischer als durch die personalpolitische Volte, eine ehemalige Führungskraft von BlackRock zur Chefökonomin, zur Leiterin der Grundsatzabteilung „Wirtschaftspolitik“ im Bundeswirtschaftsministerium zu machen, kann man nicht verdeutlichen, wohin Habecks Reise geht. Unter Ludwig Erhard leitete damals Alfred Müller-Armack die Abteilung, in dem man den Projektanten der sozialen Marktwirtschaft sehen kann. 

Habeck will die Abteilung durch die Gründung zweier neuer Unterabteilungen, nämlich für Strukturpolitik und für Wettbewerbspolitik, verstärken. Schließlich soll die Grundsatzabteilung zum konzeptionellen Motor des Umbaus der sozialen Marktwirtschaft zu Habecks ökologistischer Kommandowirtschaft werden, an dem vor allem Investmentbanken, sogenannte Vermögensverwalter und Hedge Fonds verdienen.   

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Zur Erinnerung: Erfolgreich war Robert Habeck bisher nur in Namibia beim geplanten Ausgeben von 11 Milliarden Euro – Minimum – deutscher Steuergelder. Habeck war nicht in der Lage, das Gas-Versorgungsproblem zu lösen. Die Länder seines Desasters heißen Katar, Norwegen und Kanada. Erst Kanzler Scholz vermochte auf seinen Reisen nach Saudi-Arabien, Katar und in die Vereinigten Arabischen Emirate für eine Änderung und gewisse, wenn auch bei weitem nicht ausreichende Entlastung zu sorgen. Doch die Tür stand wieder offen, die Habecks Bückling zugeschlagen hatte. 

Im Mai vorigen Jahres hatte der Bundeskanzler den Senegal besucht. Vor der Küste Senegals wurden große Gasvorkommen entdeckt. Scholz bot dem senegalesischen Präsidenten Hilfe bei Erschließung und Förderung an. Mit Mauretanien zusammen will Senegal diese Vorkommen ausbeuten. Im Dezember 2023 plant Senegal, mit der Förderung von 2,5 Millionen Tonnen Flüssiggas pro Jahr zu beginnen und sie bis 2030 auf 10 Millionen Tonnen zu erweitern. Strategisch ist es klug, sehr früh, schon ab Erschließung der Vorkommen, dabei zu sein. Andere Länder agieren so. Und wenn man die Lieferanten von Flüssiggas diversifizieren will, ist es ohnehin die richtige Vorgehensweise. 

Doch preiswerteres Flüssiggas anstelle eines teureren, ökologisch zweifelhaften, artenzerstörenden und zudem hochriskanten Aufbaus der Produktion von grünem Wasserstoff in Namibia (TE berichtete) passt offenbar nicht ins Konzept des Klima-Komplexes. Es könnte zur unerwünschten Konkurrenz werden, wie jede Alternative zur Wasserstoff-Utopie diese Utopie praktisch in Frage stellt. Wie sehr das Senegal-Vorhaben nicht ins Konzept passt, zeigt in diesen Tagen Habecks brüskes Hineingrätschen in die Bemühungen des Kanzlers, das schon den Hauch von Intrige versprüht.  

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Deutschlands Beteiligung an dem Senegal-Projekt sollte über die KfW erfolgen. Nun läuft Habeck Sturm und fordert: „Die Verpflichtungen, die wir bei G7- und Klimaschutzgipfeln eingegangen sind, besagen, dass wir nicht mehr in fossile Energie-Infrastrukturen für den Import nach Europa investieren. Dazu haben wir uns verpflichtet und das gilt.“ Man kann es intrigant nennen, aber Habeck versucht, die Sicherung deutschen Gas-Bedarfs aus dem Senegal dadurch zu hintertreiben, dass er die KfW Förderrichtlinien nacharbeiten will. Das Ziel der Habeckschen Bearbeitung besteht darin, dass die KfW keine Projekte im Ausland mehr fördern darf, die bspw. Leitungen für Öl und Gas, also die Infrastruktur, betreffen,  die er anderseits in Namibia erst großzügig erschaffen lassen will. 

Wie sehr das Senegal-Projekt Habecks Wasserstoff-Utopie gefährdet, zeigt seine harsche Stellungnahme: „Die Frage ist: Finanzieren wir für den Eigenbedarf Erdgas- oder Erdölfelder? Und da müssen wir uns an die selbstgesetzten Klimaschutzziele halten.“ Habecks Statement stellt einmal mehr bloß, wie falsch und schädlich die willkürlich selbstgesetzten „Klimaziele“ wirken, deren Funktion nur darin besteht, die Große Transformation voranzutreiben. Und dass sie nicht ernst gemeint, sondern nur taktisches Mittel sind, beweist die Ablehnung der klimaneutralen Kernenergie aus dem Hause Habeck. 

Um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen, wurden schon mal die „Zivilgesellschaft“ in Stellung gebracht. Eilig hatten interessierte Kreise auf dem Weltklimagipfel eine „Senegal-Deutschland Bürger*innen-Allianz für Klimagerechtigkeit“ gegründet, die erwartungsgemäß mit viel Pomp Senegals Flüssiggaspläne in Grund und Boden verdammte. Dass in der Initiative Deutschlands Fridays for Future, die Deutsche Umwelthilfe und Greenpeace Deutschland mit von der Partie sind, verwundert kaum. Man ahnt, woher es kommt. 

Dagegen wies der Präsident des Senegals daraufhin, dass von den 1,3 Milliarden Menschen, die in Afrika leben, 600 Millionen keinen Zugang zu Elektrizität hätten. Angesichts dieser Situation und der Armut entgegnete er den Klima-Wandel-Ideologen: „Man muss auch die Industrialisierung unterstützen.“ 

So wie Robert Habeck auf den Artenschutz pfeift, wenn es um die Interessen des Klima-Komplexes geht, wie ihn das Schicksal des Tsau-Khaeb-Nationalpark in Namibia nicht interessiert, so zeigt er auch wenig Empathie für die Menschen im Senegal. In typisch Habeckscher Manier schlägt er zunächst wie ein Haustürverkäufer menschelnde Töne an, wenn er sagt: „Aber nachdem wir – die nordwestliche Hemisphäre – unseren Reichtum auf der Verbrennung von fossilen Energien aufgebaut haben, darf man natürlich auch nicht irgendetwas verbieten. Ehemalige Kolonialmächte, die sagen ,Bitte bleibt arm und klimaneutral‘, das geht nicht.“ Die logische Schlussfolgerung müsste lauten, dass Flüssiggas-Projekt zum Vorteil der Menschen im Senegal und in Deutschland voranzutreiben. Doch, die Interessen der Menschen im Senegal und in Deutschland interessieren ihn nicht, denn er würde dem Senegal zur Energieproduktion mit erneuerbarem Wasserstoff raten. Klar, will er, wenn er schon das Senegal-Projekt nicht verbieten kann, die deutsche Beteiligung daran hintertreiben. Der grüne Wasserstoff sei die Zukunft. Schließlich: „sollten wir nicht in fossile Infrastrukturen investieren, die wir später nicht mehr brauchen und die dann zu Fehlinvestitionen werden.“ Wer ist eigentlich in diesem Zusammenhang wir? Die Menschen im Senegal? Die Menschen in Deutschland? Oder die Profiteure des Wasserssoff-Komplexes? 

Habecks Antwort an den Senegal erinnert an das Marie Antoinette zugeschrieben Wort, dass, wenn die Armen zu arm sind, um sich Brot zu kaufen, sie doch Kuchen essen sollen. Also: Bleibt weiter arm und klimaneutral. „Arm“ und „klimaneutral“ gehören übrigens zusammen, denn die Deutschen werden im Prozess der Großen Transformation zur klimaneutralen Gesellschaft jeden Tag ärmer. 

Zur Wahrheit gehört, dass es dem Präsidenten Senegals keine schlaflosen Nächte bereiten wird, wenn Deutschland aussteigt, weil Habeck sich gegen den Kanzler bei der Neuformulierung der Richtlinien der KfW durchsetzt. Präsident Macky Sall hat jedenfalls im Mai 2022 bekräftigt, dass er auch nach Kiew und nach Moskau reisen wird. Im Juni 2022 traf er Putin in Sotschi. Vorderhand ging es um die Sanktionen für Getreide und Düngemittel. 

Doch man darf sicher sein, dass, wenn Deutschland aus dem Geschäft der Erschließung und Förderung des Gases vor der westafrikanischen Küste mit Senegal und Mauretanien aussteigt, Deutschland eine Lücke hinterlässt, die noch im gleichen Moment gefüllt sein wird. Für Deutschland ist die Tür dann jedoch zu – und würde es wohl bleiben. Politische Physik: wo ein Staat ist, kann kein anderer sein.  

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Habecks Klimaneutralität bedeutet für Deutschland Industrieneutralität, oder einfacher gesagt: De-Industrialisierung. Baden-Württembergs Ministerpräsident sieht im Jahr 2023 „den Kipppunkt für den deutschen Wohlstand.“ Doch Kretschmanns Problem scheint das nicht zu sein, denn er verkündet munter: „Wenn Energie teurer wird, wird das Leben teurer. Also werden wir für die wichtigen Dinge des Lebens – gute Ernährung, eine warme Wohnung, Mobilität – wieder mehr Geld ausgeben müssen.“ Recht hat er, wenn er einschätzt: „Unser materieller Wohlstand wird sich verschieben.“ Oder, wie es in der Weltfinanzkrise so treffend hieß: Ihr Geld ist nicht weg, es hat jetzt nur ein Anderer.

Die Erfolge von Habecks Energiepolitik sind im Portemonnaie eines jeden und aller Orten zu besichtigen, so schätzt Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, der dennoch kein Problem damit zu haben scheint, das AKW Emsland abzuschalten, ein: „Die energieintensive Industrie in Deutschland befindet sich in einer besorgniserregenden Situation.“ Richtig sieht er: „Gerade eine solche Industrie braucht wettbewerbsfähige Bedingungen – sonst besteht das reale Risiko einer Abwanderung von Unternehmen und Produktion. Deswegen müssen wir vor allem an die Energiepreise für solche Unternehmen ran.“ Indem man das AKW abschaltet? 

Man darf gespannt sein, wer sich bei den KfW-Richtlinien und beim Senegal-Projekt durchsetzt, der rote Kanzler oder der grüne Wasserstoffminister. 


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