Tichys Einblick
Riesige Überkapazitäten

Habeck und LNG: der nächste teure Flop

Flüssiggas sollte die Wunderwaffe des grünen Bundeswirtschaftsministers gegen Gas-Engpässe werden. Man will ja kein russisches Erdgas mehr. Die kostspielige Infrastruktur dafür wurde buchstäblich aus dem Boden gestampft. Jetzt zeigt sich: Wir brauchen das gar nicht.

picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Deutschland braucht Gas, da beißt die Maus keinen Faden ab. Sehr, sehr viel Gas: für die Industrie, zum Heizen und immer noch auch zur Stromerzeugung.

Vor dem Ukraine-Krieg haben wir unseren Bedarf überwiegend mit preislich sehr günstigem Erdgas aus Russland gedeckt. Das wollte die Ampel dann nicht mehr: um nicht Moskaus Feldzug gegen Kiew zu finanzieren, und um nicht abhängig von Wladimir Putin zu sein.

Das mag man sehen, wie man will – jedenfalls wurde der Import von russischem Erdgas ziemlich abrupt gestoppt. Jetzt fiel der bisherige Hauptlieferant weg, aber der Bedarf war natürlich immer noch da. Also sah sich der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck etwas hektisch nach Alternativen um.

Und er entdeckte eine vermeintliche Wunderwaffe: LNG.

Die Abkürzung steht für „Liquefied Natural Gas“. Das ist Erdgas, das auf etwa minus 160 Grad Celsius heruntergekühlt und dabei verflüssigt wird. LNG hat 600-mal weniger Volumen als Erdgas in seinem ursprünglichen Aggregatzustand. Ein Kubikmeter LNG entspricht also etwa 600 Kubikmetern Erdgas. Deshalb kann man es in großen Mengen ohne Pipelines transportieren.

Am Zielort wird auf Spezialschiffen aus dem Flüssiggas wieder gasförmiges Gas gemacht, und das wird dann ins Erdgasnetz eingespeist. Dafür braucht man drei Dinge: die Spezialschiffe, sogenannte FSRUs; spezielle LNG-Terminals am Zielort; und Leitungen von den Terminals zum Erdgasnetz.

Das alles ist teuer. Sehr teuer. Sehr, sehr teuer.

Aber Steuergeld hat für die Ampel bekanntlich nie eine größere Rolle gespielt. Und Deutschland braucht eben Gas, da beißt die Maus keinen Faden ab. Also griff Robert Habeck in die Staatsschatulle. Die Bundesregierung mietete binnen kurzer Zeit gleich fünf sündhaft teure FSRUs an. Die Miete für jedes dieser Schiffe beträgt nach übereinstimmenden Recherchen verschiedener Medien 200.000.- Euro. Pro Tag, wohlgemerkt.

Berlin ließ außerdem zwei staatliche LNG-Terminals bauen: in Wilhelmshaven und in Brunsbüttel. Baukosten jeweils: ca. acht Milliarden Euro. Dazu kam ein drittes, privat betriebenes auf Rügen. Zusätzlich wurden die benötigten Verbindungsleitungen von den Terminals zum bestehenden Erdgasnetz verlegt. Kosten hier: unbekannt.

Als Lieferanten für das LNG – das wegen der Umwandlungen und wegen des Transports ein Vielfaches von herkömmlichem Erdgas kostet – standen vor allem die USA bereit, die sich über den Geldregen aus Old Germany ein Loch in den Bauch freuten. Zusätzlich reiste Habeck zu den Menschenrechtsfreunden nach Katar. Das Emirat ist nach den USA und dem fernen Australien der drittgrößte LNG-Produzent weltweit.

Bei den Scheichs machte der Vizekanzler den mittlerweile schon legendären Bückling, was nach Informationen aus für gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen zu erheblichen Verstimmungen bei der grünen Außenministerin Annalena Baerbock gesorgt haben soll.

Jetzt stellt sich heraus: Die ganze Aktion war eine einzige große Geldverschwendung.

Das LNG-Terminal auf Rügen ist im laufenden Jahr nur zu kümmerlichen zehn Prozent ausgelastet. Die beiden Terminals in Wilhelmshaven und Brunsbüttel, die vom bundeseigenen Unternehmen Deutsche Energy Trading GmbH (DET) betrieben werden, sind nur jeweils zu zwei Dritteln ausgelastet. Das weisen die öffentlich verfügbaren Einspeisezahlen aus.

Wenig verwunderlich, hat die DET auf der europäischen Transparenzplattform ALSI angegeben, dass das Terminal in Wilhelmshaven in den ersten vier Monaten des Jahres 2025 nicht zur Verfügung stehen wird. Beim zweiten Terminal in Brunsbüttel gibt es seit längerem Gerüchte, dass es im kommenden Jahr gar nicht eingesetzt wird. Auch das dritte, private Terminal auf Rügen steht derzeit still: Dort wurde die Technik umgestellt, das macht eine neue Betriebsgenehmigung des Landes erforderlich. Wann die kommt, ist ungewiss.

Ebenfalls Probleme mit Genehmigungen hat die DET mit ihren Standorten in Wilhelmshaven und Brunsbüttel: Weil es sich hier um staatliche Einrichtungen handelt, fallen sie unter das Beihilferecht der EU und müssen von der EU-Kommission genehmigt werden. Für 2025 stehen die Genehmigungen aber noch aus. Warum, ist unklar – klar ist dagegen: Es ist kurz vor Weihnachten, und bis zum Jahresende wird das wohl nix mehr werden.

Da passt ins Bild, dass von den fünf FSRU-Spezialschiffen, die Robert Habeck angemietet hat, zum Jahresbeginn wohl nur zwei im Einsatz sein werden. Zwei haben immer noch technische Probleme. Das dritte ist für Rügen vorgesehen, aber da stehen im Moment ja alle Räder still, weil die Genehmigung fehlt.

Trotz des Desasters an der LNG-Front redet aber kein Mensch mehr über eine mögliche Gasknappheit in Deutschland. Es ist Winter, es ist kalt, doch unsere Gasspeicher sind derzeit zu 84 Prozent voll. Das ist üppig. Der Markt, dem Robert Habeck so wenig zutraut, hat das russische Gasproblem ganz alleine gelöst – völlig ohne staatlichen Aktionismus.

Ausgerechnet die Deutsche Umwelt-Hilfe DUH hatte das vorhergesehen. Sie war von Anfang an skeptisch gegenüber Habecks LNG-Konzept. „Offenbar werden die Terminals für die Versorgungssicherheit gar nicht benötigt“, lässt die DUH jetzt mitteilen. „Es ist nicht mehr wegzudiskutieren, dass das Wirtschaftsministerium Überkapazitäten geschaffen hat.“

Es passiert wirklich nicht oft, aber hier möchte man der DUH zustimmen.

Doch es ist Wahlkampf, und da gibt die Regierung eigene Fehler und Geldverschwendung noch weniger zu als sonst. Also beharrt Robert Habeck darauf, alles richtig zu machen. Die LNG-Terminals trügen als „erforderliche Versicherung gegen eine Gasverknappung oder gar eine Gasmangellage zur Versorgungssicherheit bei“, lässt sein Ministerium ausrichten.

Weil alles so gut läuft, hält Habeck auch an seinem Plan fest, noch drei weitere feste LNG-Terminals an Land zu bauen. Sie sollen irgendwann die FSRUs ersetzen und 2026 in Betrieb gehen. Eigentlich. Denn auch bei diesen Projekten gibt es schon jetzt massive Probleme, der Zeitplan ist niemals einzuhalten.

Abgesehen von der Frage, ob die überhaupt je zu Ende gebaut werden, weil man sie gar nicht braucht.

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