Tichys Einblick
Weil es nicht gut läuft

Seltsame Gedankenspielchen einer Grünen-Runde: Will Habeck die Bundesnetzagentur einschalten?

Eine Strategiegruppe um Habeck überlegt, warum es einen „ungewöhnlich eklatanten Einbruch“ bei „grünen“ Postings gebe: Könnte das etwa mit Zuckerbergs neuer „Medienstrategie“ zu tun haben? Als der Name Bundesnetzagentur fällt, beginnt die Sache übergriffig zu werden. Wollen die Grünen die Behörde für sich einspannen, weil sie zu wenige Klicks haben?

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Auch zehn Tage vor Torschluss, also vor der Bundestagswahl, läuft es nicht so, wie es sich die Grünen vorstellen. Dabei stellen die Grünen seit 38 Monaten fünf leibhaftige Bundesminister und 16 Parlamentarische Staatssekretäre bzw. Staatsminister. Von den 117 Bundestagsabgeordneten ganz zu schweigen. Aber das dumme Volk merkt mit einem Anteil von 87 Prozent nicht, welch Segen diese Leutchen doch für dieses Land, ja für die ganze Welt sind. „Kanzlerkandidat“ Habeck gibt sich zwar Mühe, die ganz großen Zusammenhänge wirklich nachdenkend-staatstragend zu vermitteln.

Aber … aber … aber: Es könnte sogar sein, dass die Grünen noch schlechter abschneiden als bei der Bundestagswahl vom September 2021, als sie mit ihrer „Kanzlerkandidatin“ Baerbock 14,8 Prozent einfuhren. Übrigens, nachdem die spätere Außenministerin im Mai 2021 noch bis zu 25 Prozent prognostiziert bekommen hatte. Derzeit sagen die Institute den Grünen und ihrem Spitzenmann im Schnitt 13,3 Prozent voraus: INSA soeben am 10. Februar 13 Prozent, FORSA am 11. Februar 14 Prozent. Andere Institute gruppieren sich mit ihren Prognosen darum herum im Bereich zwischen 12 und 15 Prozent.

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Also, es läuft nicht. Wiewohl Grüne in sieben der 16 deutschen Länder mitregieren. Wiewohl eine „grüne“ Familienministerin Lisa Paus dreistellige Millionenbeträge in grün-affine NGOs pumpt. Wiewohl Zig- und Hunderttausende gegen Rechts, aber eigentlich für Grün auf die Straße gehen. Wiewohl „Fridays for Future“ aktuell mehr als 140 Demos für das Klima aufstellt. Wiewohl das Spitzentandem Habeck/Baerbock eineinhalbtausend Strafanzeigen gegen unbotmäßige Bürger abgesetzt hat – folgend dem Motto von Mao Zedong: Bestrafe einen, erziehe Hunderte! Es läuft nicht, wiewohl so ziemlich alle Alt-Medien „grün“ ticken, sie nicht nur gegen „Grün“ Beißhemmungen haben, sondern rote Teppiche dorthin legen.

Nein, es läuft nicht. Dann trat im September 2024 auch noch das Parteitandem Ricarda Lang/Omid Nouripour zurück; Habeck steigt intellektuell nicht durch seinen eigenen Vorschlag der Finanzierung der Pflegeversicherung durch, und dann haben die selbsternannten Moralweltmeister auch noch die Affäre um offenbar erfundene Sex-Anschuldigungen gegen ihr Mitglied Stefan Gelbhaar an der Backe.

„Grüne“ sorgen sich um ihre digitale Reichweite

Dann kommt dieser böse Donald Trump daher, dem sich zwei mächtige Herrscher über soziale Netzwerke unterwerfen: Mark Zuckerberg und Elon Musk. Diese zwei bis drei sind jetzt wahrscheinlich schuld, dass die Grünen sich über ihre kürzer gewordene Reichweite auf Facebook sorgen müssen.

Ausgerechnet die ARD hat das – so ein (Künstler-)Pech aber auch! – aufgedeckt. Am 10. Februar gab es nämlich eine 60-Minuten-Reportage mit dem Titel „Vertrauensfrage. Wer kann Deutschland regieren“.

Parallelen zur Causa Baerbock 2021
Plagiatsvorwürfe: Kandidat Habeck wird nervös und macht auf „proaktive“ Verteidigung
Das Interessanteste in dieser ARD-Stunde ist die Minute 46:00 bis 47:00. Eine achtköpfige Strategiegruppe inklusive Habeck sitzt zusammen und martert sich, weil es einen „ungewöhnlich eklatanten Einbruch“ bei „grünen“ Postings gebe. Eben nur bei den Grünen, nicht bei anderen Parteien. Die „grünen“ Posts zum Themenkomplex „Israel, Hamas, Geiseln“ seien bei den Klickzahlen eingebrochen. Na sowas! Auf die Idee, dass es die Leute herzlich wenig interessiert, was die Grünen dazu zu sagen haben, kommt die Runde nicht. Auch nicht auf die Idee, dass Spitzenfrau Baerbock noch zigmal in den Nahen Osten fliegen kann, um dort ihre niemand interessierenden „Ich-habe-klargemacht-dass …“-Statements abzusetzen. Seit dem Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023 war sie ja zehnmal dort.

Es ging in der Runde kurz hin und her. Habeck wollte wissen, ob der Einbruch der Grünen bei den Klickzahlen mit Zuckerbergs neuer „Medienstrategie“ zu tun haben könnte. Aha, Habeck schließt eine Verschwörung nicht aus. Irgendeiner fragte, ob man Kontakte zu „Meta“ (=Zuckerberg) habe. Es kann natürlich keiner damit dienen. Also geht es weiter: Man sucht einen Strohhalm und meint, diesen in der EU und mit der Bundesnetzagentur gefunden zu haben. Schließlich gibt es ja Tante Ursula und den „Digital Services Act (DAS)“ der EU, der dafür sorgen soll, das digitale Umfeld verantwortungsvoll zu gestalten. Also gegen Rechts und für Grün?

Kommt es zum Missbrauch der Bundesnetzagentur?

Gar nicht so lustig ist, dass in der Runde der Name Bundesnetzagentur fällt. Da beginnt die Sache übergriffig zu werden. Denn offenbar stellt man sich in der Runde in Habecks Beisein vor, die Bundesnetzagentur könnte/sollte/müsste/dürfte eingreifen, wenn die „Grünen“ zu wenig Klickzahlen haben. Für Leser, die es nicht wissen: Die Bundesnetzagentur ist eine Behörde, die – so ein Zufall aber auch! – dem Wirtschaftsministerium Habecks unterstellt ist. Sie wird seit Februar 2022 geleitet von einem stramm Grünen, nämlich Klaus Müller. Dieser war schon einmal „grüner“ Bundestagsabgeordneter und „grüner“ Minister in Schleswig-Holstein.

Leider bricht die ARD den 1-Minuten-Schwenk in die „grüne“ Runde ab, als Bundesnetzagentur und EU ins Gespräch kommen. Indes: Allein der Gedanke, eine Habeck unterstellte Bundesbehörde für parteiliche Zwecke nutzen zu wollen, grenzt an Amtsmissbrauch. Wie „unabhängig“ Müller übrigens sein Amt führt, hat er kürzlich belegt: Er drohte Zuckerberg Konsequenzen an, wenn dieser die Zusammenarbeit mit „Faktencheckern“ wie Correctiv (ausgerechnet dem Fake-News-Erfinder Correctiv!) beenden würde. Müller schrieb auf X (= Musk) „aus gegebenem Anlass“, dass laut DSA „die Zusammenarbeit von sehr großen Onlineplattformen mit Faktencheck-Organisationen zwar nicht zwingend vorgeschrieben ist, allerdings sinkt ihr Sanktionsrisiko, wenn sie es in der EU tun“.

Zuckerberg wird sich ins Hemd gemacht haben.

 


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