Der Fluch der bösen Tat – Robert Habeck wird ihn nicht los. Seit seinem Amtsantritt als Wirtschaftsminister hat Habeck seine wichtigsten Posten mit fragwürdigen Personalien besetzt. NGO-Verbindungen und Filz galten mehr als Kompetenz und Unabhängigkeit. Zusammen mit ideologischer Verbohrtheit hat sich daraus ein toxischer Mix ergeben. Das ministerielle Kartenhaus wankte spätestens seit der Energiekrise. Mit Graichen hat sich ein weiteres Blatt gelöst. Weitere Teile drohen zu brechen. Habeck hat auf diese Probleme bisher mit Vertuschung, Verzögerung und verfahrenstechnischen Tricks geantwortet.
Das jetzt vom Bundesverfassungsgericht vorerst verschobene Heizungsgesetz ist nicht nur ein Habeck-Gesetz, sondern auch ein Graichen- und Agora-Gesetz. Nicht nur der Koalitionsfrieden war an eine schnelle Verabschiedung geknüpft. Staatssekretär Patrick Graichen war federführend an dem Entwurf beteiligt. Einen Teilerfolg hat Habeck errungen, weil diese Zusammenhänge mittlerweile totgeschwiegen werden. Sie könnten nämlich daran erinnern, dass die Skandale im Hause Habeck nicht ausgestanden sind.
Ebenso wie die Agora-Affäre haben die Medien die Zähne bei der Causa Udo Philipp verloren. TE hatte bereits darüber berichtet, wie Habeck und die Ampelparteien das parlamentarische Fragerecht aushebelten, um eine echte Anhörung zu unterminieren. Julia Klöckner (CDU), die in der Graichen-Anhörung Habeck in Bedrängnis brachte, wurde de facto an die Leine gelegt. Das Desaster durfte sich nicht wiederholen.
Zwar war nicht die Anhörung, sondern eine Förderung an den BUND die Ursache für Graichens Versetzung in den Ruhestand. Aber Klöckner demaskierte Habeck und Graichen öffentlich, dass auch die großen Medien immer weiter auf Distanz gingen. Auch bei jenen, die mit der ideologisch angestrichenen Amigo-Wirtschaft nichts anfangen konnten, verstärkte sich der Eindruck, dass Habeck einen Fehler beging, sich in diesem Moment vor Graichen zu stellen. Für einige Tage war nicht nur Habeck, sondern auch der Minister angezählt.
Die Affäre um den Staatssekretär Philipp drohte deswegen nur kurze Zeit darauf die Krise des Ministeriums zu verfestigen und Habeck selbst in Gefahr zu bringen. Mit der Knebelung des Ausschusses und der Aufmerksamkeitsverlegung auf das Heizungsgesetz kühlte diese Flanke ab. Dass sie neuerlich aufbrechen könnte, dürfte das Ministerium nach dem Schock-Stopp aus Karlsruhe in ähnliche Unruhe versetzen, wie sie bei der Graichendämmerung herrschte.
Zur Erinnerung: Es geht mittlerweile um 600.000 Euro Förderung, die aus dem Wirtschaftsministerium an Firmen geflossen sind, an denen Philipp beteiligt ist. Der Wirtschaftsausschuss hat deswegen Philipp zu einer Befragung zitiert – zu der er aber nicht erschienen ist. In anderen Ländern wäre das die Eskalation eines Konfliktes zwischen Exekutive und Legislative, eine klare Missachtung parlamentarischer Spielregeln und eine Demütigung des demokratischen Systems. Doch Habeck findet nichts dabei. Er hält seine schützende Hand über Philipp.
Klöckner betont, dass noch viele Fragen offen seien, dass diese nur beantwortet werden könnten, wenn dieser auch persönlich im Ausschuss antwortet. „Doch Minister Habeck mauert und lässt seinen Staatssekretär nicht in den Ausschuss kommen“, sagt Klöckner. „Damit wird die parlamentarische Kontrolle des Bundestages ausgebremst. Was hat er zu verbergen?“ Parteikollege Hansjörg Durz, Obmann im Wirtschaftsausschuss, bezeichnet das Spiel als „Farce“. „Dass Minister Habeck ihn vor dem Parlament verstecken muss, spricht Bände“, bewertet er den Vorgang.
Auch Leif-Erik Holm, der für die AfD im Ausschuss sitzt, sagt, dem Ausschuss sei ein „Maulkorb“ verpasst worden. Statt auf Transparenz setze Habeck auf Aussitzen. „Nach wie vor ist ungeklärt, wie gut Philipp Ministeriumsberater Sebastian Böhmer wirklich kennt, an dessen Fonds er Anteile besitzt“, führt Holm zusätzlich aus. „Zwar bestreitet er eine Bekanntschaft, Recherchen legen aber nahe, dass beide sich aus einer internen Arbeitsgruppe der Grünen kennen.“ Solange dies nicht „restlos aufgeklärt“ sei, stehe der Verdacht der Vorteilsnahme im Raum.
Der Vorfall zeigt: Es geht nicht um einzelne Gesetze, nicht um einzelne Personalien, nicht um einzelne „Fehler“. Es handelt sich um ein System. Dieses System heißt Habeck. Es war Habeck, der ein Gesetz trotz aller Warnungen und verfassungs- wie verfahrenstechnischen Bedenken vor der Sommerpause aus egopolitischen Gründen durch das Parlament jagen wollte.
Auf ebenso verfassungs- wie verfahrenstechnisch problematische Art will Habeck die Aufklärung im eigenen Ministerium verhindern. Man könnte darauf zu sprechen kommen, dass mit Michael Kellner der Schwager Graichens weiter als Parlamentarischer Staatssekretär fungiert; und dass Staatssekretär Sven Giegold als Mitglied im Europarat der Agora sitzt, wie so viele andere Staatssekretäre der Bundesregierung. Habeck versucht, über die Probleme den Teppich zu legen. Aber mittlerweile stinkt es unter dem Teppich gewaltig.