Tichys Einblick
Bilderstürmer

Gute Reise in die Vergangenheit!

Werden "sexistische Plakate" verbannt und radikal frauenverachtende Symbole hoffähig, ist klar, wohin die Reise gehen soll. Ein Drittel aller Briten soll glauben, „dass eine Frau, die sich kokett benimmt, teilweise oder ganz dafür verantwortlich ist, wenn sie vergewaltigt wird.“

ANOEK DE GROOT/AFP/Getty Images

In Potsdam haben die Stadtverordneten beschlossen, ein „Konzept gegen sexistische und diskriminierend Werbung“ zu erarbeiten. Geschaffen wird außerdem eine Meldestelle, die Beschwerden über „sexistische Plakate“ entgegennimmt. Diese wird wohlfeil als „Kontaktstelle“ deklariert, um erst gar keinen Bezug zu geschichtlichen Unzeiten aufkommen zu lassen. Kritisiert wird in diesem Zusammenhang auch die (städtische) „kommunale Bäderlandschaft“, die mit sexistischer Werbung auf sich aufmerksam machen würde. Werden dort etwa Badegäste im oder ohne Bikini dargestellt? Unerhört! Freilich, gegen Frauen im Burkini würden die gleichen Gesinnungsbeauftragten nicht vorstellig werden, jenes hat ja angeblich nichts mit der Diskriminierung von Mädchen und Frauen zu tun.

Nachdem eine Schule in Herne zwanzig Burkinis auf eigene Kosten angeschafft hatte, fordert bereits die erste Journalistin „Burkinis für alle!“. Judith Luig von der Zeit begründet: „Dann werden weder religiöse noch exhibitionistische Gefühle zu sehr gekränkt“. Sie selbst hatte es als schwere Erniedrigung empfunden, dass sie als Elfjährige im schulischen Schwimmunterricht im Bikini aufwarten musste. Die Blicke der Jungs hätten nicht ihr, sondern den anderen Mädchen gegolten. Über diese Kränkung scheint sie auch Jahrzehnte später noch nicht hinweggekommen zu sein. Deshalb griff sie dankbar das Thema auf, um Burkinis für den Rest der weiblichen Bevölkerung zu fordern, gleichzeitig schlägt sie damit zwei Fliegen mit einer Klappe. Möglicherweise gelingt es ihr damit besser, die damals empfundene Demütigung („Schwimmen war mein Angstfach. Nicht etwa, weil ich nicht schwimmen konnte. Nein, weil ich keine Brüste hatte.“) zu verarbeiten.

Die Zeit-Journalistin befindet sich in guter Gesellschaft, denn auch die Bundesfamilienministerin Giffey findet Burkinis im Schwimmunterricht völlig vertretbar. Kritiker werden damit mundtot gemacht, dass es doch besser sei, den Mädchen einen Schwimmunterricht im Burkini zu ermöglichen, als deren Unterrichtsverzicht aus religiösen Gründen zur Kenntnis zu nehmen. Nun, Unterricht ist in Deutschland, unabhängig von der Religion, auch nach dem Schulgesetz in NRW (Schulpflicht (§§ 34–41) für alle verpflichtend. Es ist mir neu, dass davon beispielsweise Muslime, Katholiken, Mormonen oder Mitglieder der Neuapostolischen Kirche ausgenommen wären. Warum also Extrawürste für radikale Ansichten? „Integration“ bedeutet eben nicht, Recht und Gesetz auszuhöhlen, sondern den Eltern dieser Mädchen Einhalt zu gebieten, ihren Kindern, in der für Deutschland üblichen Badekleidung eine Teilnahme am Schulunterricht pflichtgemäß zu ermöglichen. Deutsche Eltern, die ihre Kinder nicht zur Schule schicken, werden dagegen mit Bußgeldern beglückt. Da ist der Staat ganz schnell, selbst wenn Eltern ihrem Kind eine Teilnahme am Besuch einer Moschee durch die Schulklasse verweigern. Da sind schon einmal 150 € fällig.

In derselben Woche, in der die Landeshauptstadt von Brandenburg zum Kampf gegen die „sexistische Plakatwerbung“ in der Stadt aufruft, wurde durch die Mehrheit der brandenburgischen Landtagsabgeordneten ein Antrag zum Kopftuchverbot für Kinder und Jugendliche abgelehnt. Aber auch Muslima leben gefährlich, die ihre Glaubensschwestern aufrufen, das Kopftuch abzulegen.

„In Deutschland erhielt die Bundestagsabgeordnete der Grünen, Ekin Deligöz, Schmähungen und Morddrohungen von radikalen Moslems, nachdem sie am 15. Oktober 2006 im Printmedium Bild am Sonntag, zusammen mit einer Gruppe von deutsch-türkischen Politikerinnen, die Musliminnen dieses Landes aufgefordert hatte, das Kopftuch („Zeichen der Unterdrückung der Frau“) abzulegen.“ Selbst die damalige Staatsministerin für Integration, Maria Böhmer (CDU) ließ sich daraufhin mit den Worten zitieren: „Ich sehe im Kopftuch ein politisches Zeichen der Abschottung.“

Das war allerdings 2006. Inzwischen gilt wieder das vermeintliche Motto: „Ein Schritt vor, zwei Schritte zurück“. Zwölf Jahre später ist unsere „antidiskriminierende Toleranz und Vielfalt“ gewachsen, Kopftücher, Burkinis und anderweitige Verschleierungen sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Es ist alles andere als ein Zufall, dass damit der Abbau bürgerlicher Freiheiten im öffentlichen Diskurs erfolgt. Selbsternannte Aufpasser und Beauftragte streifen durch das Land, um angebliche illustrierte und verbale Gefahren und Verfehlungen aufzuspüren. Da gerät sogar die Bundeswehr unter Verdacht, die in Potsdam für einen internationalen Marsch trainiert. Schneller als die Soldaten sich erträumt haben, wurde die Polizei über dieses „Vorkommnis“ informiert. Dazu beigetragen hat auch, dass es die Marschformation wagte, eine Deutschlandfahne bei sich zu führen. Ob der bei der Polizei anrufende „besorgte Bürger“ vielleicht selbst eine etwas anderweitige Fahne hatte, bleibt in den Archiven des Panoptikums der „politischen Korrektheit“ verborgen. Alles was nicht links von den Linken ist, ist unverzüglich zu melden!

Unter dem Motto der „Antidiskriminierung“ erfolgt sukzessive ein weiterer Abbau unserer Freiheit und Kultur. Um diese zu schaffen, waren in Europa jahrhundertelange Kämpfe notwendig, die viele Opfer und Menschenleben gefordert haben.

Die Schönheit des menschlichen Körper hat in den Abbildungen der über 2.000 Jahre alten griechischen Klassik ihren europäischen Ursprung. Sie ist ebenso wie das Theater (Tragödien), Architektur, Philosophie, Demokratie u.v.m. neben dem Christentum die Grundlage unseres Abendlandes. Ganze Völkerstämme von Malern, Bildhauern u. a. Darstellern haben die Menschheit mit der hohen Ästhetik weiblicher und männlicher Formen erfreut. Später kam noch die Aktfotografie dazu.
Darüber hinaus ist alles im Leben „sexualisiert“. Länder wurden erobert, Erfindungen gemacht, Meisterwerke in der Kunst geschaffen, Karrieren in den Chefetagen gemacht, um den eigenen Status zu erhöhen, teure Autos gefahren – um Frauen zu imponieren. Da neuerdings die Geschlechter nur eine soziale Konstruktion sein sollen, ist man im geschredderten Sinne dabei, uns diese biologischen Ursprünge der Lebensfreude abzugewöhnen.

Wenn „sexistische Plakate“ verbannt und gleichzeitig radikale frauenverachtende Symbole hoffähig gemacht werden, lässt das Rückschlüsse zu, wohin die Reise gehen soll. Falsche Vorbilder inklusive. Angeblich glaubt bereits ein Drittel aller Briten, „dass eine Frau, die sich kokett benimmt, teilweise oder ganz dafür verantwortlich ist, wenn sie vergewaltigt wird.“

Kommt als nächstes die Aufforderung, sich in der Öffentlichkeit nicht zu sexy zu kleiden, damit sich „junge Männer“ nicht provoziert fühlen? Auch das könnte dann unter dem Vorwand der „Antidiskriminierung“ erfolgen.

In Leipzig erteilt die Polizei bereits Mädchen und Frauen Ratschläge, nicht mehr allein joggen zu gehen. Warum werden diese Hinweise nicht auf das „allein trampen“ aktualisiert? Wenn schon solche Ratschläge, dann bitte auch konsequent durchziehen oder ganz sein lassen.

So werden still und heimlich unter dem Motto der „Toleranz und Vielfalt“ unmerklich die grundverschiedenen Lebensweisen angepasst und immer mehr persönliche Freiheiten in unserem Alltag eingeschränkt.

Quintessenz: Vielfalt nur noch für einfältige Meinungen. Wir Deutsche sollen uns mehr integrieren. Punkt.


Steffen Meltzer, Autor von „Schlussakkord Deutschland – Wie die Politik unsere Sicherheit gefährdet und die Polizei im Stich lässt“ >>>

Die mobile Version verlassen