Tichys Einblick
Gesetzliche Pflicht zur Prüfung auf Fehlalarm

Lockdown müsste wöchentlich überprüft werden

Da auch in den USA gesetzliche Zwangsmechanismen zur Überprüfung von Notstandsmaßnahmen fehlen, stecken auch dort die Lockdown-Politiker in den Zwängen bloßer Gesichtswahrung. Wenn dieser Mangel nach Ende der Maßnahmen abgestellt wird, hätte man für die Zukunft etwas erreicht.

imago Images

Dass ein Lockdown eine Viruswelle partiell ins Leere laufen lasse, darf man hoffen, solange das Gegenteil nicht bewiesen ist. Schnell kommt beispielsweise in Deutschland heraus, dass bereits vor dem Lockdown Infektionsraten fallen. Jetzt hätte man nachdenken können. Stattdessen behauptet etwa Prof. Christian Drosten mit der Reputation der Charité im Rücken, dass freiwillige soziale Distanzierungen den Lockdown gewissermaßen vorweggenommen und deshalb bereits vor seiner Anordnung die Infektionszahlen gesenkt hätten. Überdies habe er seine These durch einen Blick aus dem Fenster bestätigt: „Das war eine Zeit, in der hier in Berlin die Straßen schon ziemlich leer waren.“

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Man hätte mit dem Nachdenken allerdings beginnen müssen, wenn bei Strafe vorgeschrieben gewesen wäre, einen Ausnahmezustand – sagen wir – wöchentlich zu überprüfen. Das würde Virologen und Politiker vor Gesichtsverlust schützen. Sie könnten aus billionenteuren Maßnahmen heraus, weil andere sie nicht nur stoppen könnten, sondern bei entsprechender Sachlage sogar stoppen müssten, um sich nicht ihrerseits strafbar zu machen.

Eine Prüfung auf Fehlalarm würde sich selbstredend auf Todesfälle konzentrieren, die ausschließlich dem Virus zugeordnet werden können. Die Behörden wären mithin vor Anordnung eines Lockdown zu repräsentativen Obduktionen gesetzlich gezwungen. Hätte das Sterben bei Menschen ohne Vorerkrankungen durch den verdächtigen Virus signifikant zugenommen, hätte man einen Versuch mit Lockdown bis zur Verfügbarkeit neuer Obduktionsbefunde beginnen können. Wäre dann die Sterberate bei der einschlägigen Gruppe gefallen, hätte man ihn fortsetzen können.

Bis heute hat jedoch niemand ein Hochschnellen der Sterbezahlen für Menschen ohne Vorbelastungen nachweisen können. Hätte es die gesetzliche Pflicht zu solchen Überprüfungen gegeben, wäre die Menschheit längst aus den Lockdowns heraus oder niemals in sie hineingeraten. Der März-Widerstand des Robert Koch Instituts gegen Obduktionen wäre umgehend verfolgt worden. Stattdessen steigt die Hektik von Politikern, Virologen und in der Sache festgelegten Medien, das Angeordnete immer dünnhäutiger zu rechtfertigen.

Das wird täglich schwerer, weil aus den USA ein nationsinterner Vergleich zwischen Bundesstaaten mit und ohne Lockdown seit dem 22. April 2020 vorliegt. Wilfred Reilly, Assistenzprofessor an der Kentucky State University, überprüfte die Bundesstaaten Arkansas, Iowa, Nebraska, North Dakota, South Dakota, Utah und Wyoming, wo es lediglich Empfehlungen zu sozialer Distanzierung gibt. Da es um Territorien mit geringer Bevölkerungsdichte geht, hat er diesen Faktor kontrolliert. Auch danach schneiden die Staaten ohne Lockdown besser ab. Sie haben auf eine Million Einwohner 643 weniger Infizierte und 42 weniger Verstorbene.

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Reilly hat dann auch noch Faktoren wie Durchschnittseinkommen, Durchschnittsalter und ethnische Zusammensetzung kontrolliert. Wiederum schneiden die Lockdown-freien Staaten besser ab. Übereinstimmung gab es lediglich bei Großstädten. Hier liegen die Staaten ohne Lockdown nahe bei den stillgelegten. Der Lockdown hat letzteren also keinen Vorteil, dafür aber immense ökonomische Nachteile eingetragen.

Da auch in den USA gesetzliche Zwangsmechanismen zur Überprüfung von Notstandsmaßnahmen fehlen, stecken auch dort die Lockdown-Politiker in den Zwängen bloßer Gesichtswahrung. Wenn dieser Mangel nach Ende der Maßnahmen abgestellt wird, hätte man für die Zukunft etwas erreicht.


Gunnar Heinsohn (*1943) lehrt seit 2011 Kriegsdemographie am NATO-Defense College in Rom.

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