Die zum 1. Januar anstehende Grundsteuer-Reform stellt sowohl Eigentümer als auch Mieter vor Herausforderungen. Kern der Reform ist die Neubewertung von Grundstückswerten, was in vielen Fällen zu einem erheblichen Anstieg der Grundsteuer führt. Eigentümer könnten die Kosten an Mieter abwälzen.
Bodenrichtwerte sorgen für Verwirrung
Besonders auffällig ist die Ungleichbehandlung von Grundstücken, die sich teils nur wenige Meter voneinander entfernt befinden. In manchen Gemeinden zahlen Eigentümer gegenüberliegender Häuser unterschiedlich hohe Grundsteuern, allein aus dem Grund, da ihre Grundstücke in unterschiedlichen Bodenrichtwertzonen liegen.
Zusätzlich kritisieren Experten, dass wesentliche Kriterien wie die Topografie eines Grundstücks, die Lärmbelastung oder der Ausblick – etwa auf Grünflächen oder Industriegebiete – bei der Bewertung kaum berücksichtigt werden. Diese Ignoranz gegenüber entscheidenden Faktoren erschwert eine nachvollziehbare und gerechte Steuerbemessung.
Rechtmäßigkeit der Grundsteuer-Reform: Kritik wird laut
Bürger zeigen zunehmend immer größeren Widerstand gegen diese Gesetzesänderung. Bereits im Oktober hatten laut Recherchen der ARD-Sendung Plusminus mehr als 6,16 Millionen Steuerzahler Einspruch gegen ihre Grundsteuerbescheide eingelegt. Daniela Karbe-Geßler vom Bund der Steuerzahler rät betroffenen Eigentümern eindringlich, sich den Beschwerden anzuschließen und zugleich das Ruhen des Verfahrens zu beantragen. „Das Ziel ist, das Gesetz verfassungsrechtlich zu kippen‟, erklärt sie gegenüber dem NDR.
Auch in der Bevölkerung formiert sich Widerstand. Eine Gruppe von etwa 40 Grundstücksbesitzern, die sich in Sachsen unter dem Namen „Grundsteuerrebellen‟ organisiert hat, kämpft gegen die Reform. Gleichzeitig führt der Eigentümerverband Haus & Grund Musterverfahren durch, um das Reformvorhaben notfalls vor das Bundesverfassungsgericht zu bringen.
Ungleiche Bewertung – erschreckende Fallbeispiele
Um zu veranschaulichen, wie tiefgreifend die Neubewertung der Grundstücke die Gesellschaft betrifft, lohnt ein Blick auf einige Fallbeispiele.
Unter den vielen Betroffenen der Grundsteuer-Reform sind die Brüder Peter und Marco Spethmann, deren nahezu identische Grundstücke überraschenderweise völlig unterschiedlich bewertet wurden. Während Peter für sein Grundstück mit einer Gartenlaube künftig deutlich mehr zahlen muss, bleibt die Steuerlast für Marcos Einfamilienhaus verhältnismäßig moderat.
Die Geschichte der beiden Brüder reicht zurück ins Jahr 1996, als sie ein gemeinsames Familiengrundstück am südöstlichen Berliner Stadtrand aufteilten. Eine schlichte Hecke trennt seitdem die beiden gleich großen Parzellen. Auf Peters Grundstück steht lediglich eine Gartenlaube, während Marco dort ein Einfamilienhaus errichtet hat.
Die Ungleichbehandlung ihrer Grundstücke hat eine bürokratische Ursache, wie Hans-Joachim Beck vom Immobilienverband erklärt. Da Peters Gartenlaube nicht ganzjährig bewohnbar ist – vor allem fehlt eine Heizung, die auch im Winter genutzt werden könnte –, wird sein Grundstück als Nichtwohngrundstück eingestuft. „Ganzjährig bewohnbar setzt voraus, dass eine Heizung installiert ist und man auch im Winter darin wohnen kann,“ erläutert Beck. Diese Einstufung führt dazu, dass Peters Grundstück ähnlich wie ein Gewerbebetrieb besteuert wird. Was hier zu rechtfertigen versucht wird, ist in Wahrheit ein Armutszeugnis für das deutsche Sozialsystem.
Für Peter und seine Frau, die beide inzwischen im Ruhestand sind, stellt die neue Belastung eine enorme finanzielle Herausforderung dar. „Ich versuche, das aus meinen Ersparnissen zu zahlen. Aber was bleibt, wenn man älter wird und es nicht mehr schafft? Die einzige Option ist dann, zu verkaufen“, erklärt Peter Spethmann resigniert gegenüber Focus.
Auch Torsten Küllig gehört zu denjenigen, die unter der neuen Grundstücksbewertung leiden. Sein Grundstück liegt malerisch in zweiter Reihe unweit des Schloss Moritzburg, das als Kulisse für den Filmklassiker „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ bekannt wurde.
Vor neun Jahren erwarb der Familienvater das 2.600 Quadratmeter große Grundstück, das überwiegend aus Garten- und Wiesenflächen besteht, für 33.000 Euro. Auf dem Areal befinden sich lediglich zwei Doppelgaragen. Dennoch hat das Finanzamt Meißen den Wert des Grundstücks nun auf beeindruckende 852.000 Euro festgesetzt, obwohl eine Bebauung darauf untersagt ist. Die Begründung: Ein Großteil des Geländes wird als baureifes Land eingestuft, mit einem Quadratmeterpreis von 308 Euro.
„Das wäre mehr als das 60-Fache“, erklärt der Familienvater im Gespräch mit dem SWR. „Rechnet man es um, müsste ich für den Garten ab nächstem Jahr jeden Monat 200 Euro allein an Steuern zahlen.“
Diese Beispiele machen deutlich, dass es sich keineswegs um Einzelfälle handelt. Ähnlich wie Torsten Küllig und die Gebrüder Spethmann könnte es ab dem nächsten Jahr wohl Hunderttausenden, wenn nicht sogar Millionen von Eigentümern, aber auch Mietern ergehen. Viele Vermieter werden voraussichtlich nicht davor zurückschrecken, die durch die Reform gestiegenen Kosten auf ihre Mieter umzulegen. Ein Dominoeffekt, der breite Schichten der Bevölkerung treffen und die Wohnkrise auf ein neues Level heben wird.
Rentner leiden unter hohen Mieten – Grundsteuer könnte weiter ins Budget schlagen
Besonders Senioren könnten durch die Reform der Grundsteuer vor Probleme gestellt werden, insbesondere jene, die bereits jetzt finanziell stark belastet sind. Dazu gehören Rentner, die aufgrund ihrer geringen Pension kaum ihre Miete zahlen können, aber auch Eigenheimbesitzer, die unter den hohen Lebenshaltungskosten in Deutschland leiden.
Die Münchnerin Sigrid, die selbst zur Miete wohnt, berichtet über die bereits jetzt schon fatalen Umstände: „Die Grundmiete stieg in vier Jahren von gut 300 auf knapp 500 Euro. Das ist zwar noch unter den ortsüblichen Mieten, aber meine Rente liegt unter der Armutsgrenze.“ Ihre finanzielle Situation beschreibt sie so: „Ich habe noch einen 520-Euro-Job und komme so gerade über die Runden. Aber das kann ich natürlich nicht ein Leben lang machen.“
Für gewisse Eigentümer könnte die finanzielle Belastung so hoch werden, dass sie ihr Zuhause verkaufen müssen. Illse und Reinhard Gans haben vor Kurzem ihren Wertbescheid vom Finanzamt erhalten. Das Ergebnis: Ihr Grundstück wird nun auf den achtfachen Wert im Vergleich zu früher geschätzt. Das Rentnerpaar ist verzweifelt. „Müssen wir die 5000 Euro pro Jahr an Grundsteuer bezahlen, müssen wir das Haus verkaufen “, erklären sie gegenüber Focus.
Allgemeine Rentensituation in Deutschland ist mehr als bestürzend
Die allgemeine Rentensituation ist alarmierend. Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland katastrophal schlecht ab: Rund 60 Prozent der Rentner erhalten weniger als 900 Euro im Monat, und jeder sechste ist von Altersarmut bedroht. Mit einer Nettoersatzquote von nur 52,9 Prozent liegt Deutschland weit hinter anderen europäischen Ländern. Zum Vergleich: In der Türkei liegt die Nettoersatzquote bei 103 Prozent. Ungarn erreicht 94 Prozent.
Durch großzügige Sozialleistungen wie das Bürgergeld sinkt die Motivation zu arbeiten. Das Resultat: Deutschland entwickelt sich zunehmend zum Migrationsmagnet für Fachkräfte im Bereich der „chronischen Arbeitsverweigerung“. Die aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit belegen, dass knapp 5 Millionen Menschen in Deutschland Bürgergeld beziehen und so dem Staat auf der Tasche liegen. Ein Großteil davon besitzt nicht den deutschen Pass. Diese Menschen verschlingen wichtige Gelder, die für die Unterstützung von Rentnern essenziell wären.
Fazit: Grundsteuer-Reform trifft jede Schicht der Gesellschaft
Abschließend zeigt sich, dass die Grundsteuer-Reform wie ein Flächenbrand durch alle Schichten der Gesellschaft fegt. Vom wohlhabenden Immobilienbesitzer über den hart arbeitenden Mittelstand bis hin zu Rentnern, die ohnehin kaum über die Runden kommen – niemand bleibt von dieser finanziellen Bürde verschont. Eine sofortige Aussetzung der Reform ist deshalb erforderlich.