Der einzige Grüne Ministerpräsident, Winfried Kretschmann, fiel bei den Stellungnahmen der Ministerpräsidenten vollkommen aus der Reihe. Kretschmann, der sonst stets abgeklärt philosophisch und landesväterlich klingt, verhedderte sich bei seinen Ausführungen ständig. „Seine Ausführungen“, so „Die Welt“ „geraten länglich und missverständlich. So konnte er am Dienstag nicht schlüssig darlegen, dass Baden-Württemberg zwar einerseits die jetzigen Regeln bis zum Ende der Osterferien beibehält, die entsprechende Rechtsverordnung aber bis zum 15. Juni gilt. Das führte zu aufgeregten Debatten im Netz – und bei nicht wenigen zu der Überzeugung, das Land habe beschlossen, die Kontaktverbote so lange aufrechtzuerhalten. Kretschmanns Sätze waren mit unzähligen ‚Ähs’ durchsetzt; beinah verlegen drehte er ständig am Ring seiner rechten Hand. Als er über einen Vorfall in einer Shisha-Bar sprach, redete er ständig von Sushi-Bar.“
Kernkraftwerke abschalten
Wer nur einen Hammer im Werkzeugkasten hat, für den sieht jedes Problem aus wie ein Nagel. Und da der Kampf gegen die Kernkraft der Gründungsmythos der Grünen ist, fällt ihnen jetzt vor allem ein, dass die verbliebenen Kernkraftwerke wegen Corona sofort abgeschaltet werden müssten. Konkret fordern sie die Abschaltung der Kernkraftwerke Emsland, Grohnde und Gundremmingen bis zum Ende der Coronakrise. Das berichtet die Neue Osnabrücker Zeitung unter Berufung auf ein Schreiben von Grünen-Politikerin Sylvia Kotting-Uhl an die Umweltminister in Niedersachsen und Bayern sowie an Bundesministerin Svenja Schulze (SPD). Sylvia Kotting-Uhl ist sie Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Weil der Stromverbrauch aktuell zurückgehe, seien die Anlagen nicht systemrelevant, so argumentieren die Grünen. Die Kernkraftwerke könnten damit „zu Hotspots einer weiteren Verbreitung des Coronavirus“ werden. Das sei „unangemessen und unnötig“. Kotting-Uhl schreibt an die Umweltminister: „Ich bitte Sie, das Risiko abzuwenden.“ Die Revisionen in Niedersachsen sollten bis zur Überwindung der Coronavirus-Pandemie ausgesetzt „und beide Kraftwerke bis dahin abgeschaltet werden“. Auch das Kraftwerk Gundremmingen solle bis auf Weiteres abgeschaltet bleiben. Der Meiler in Bayern war vor einigen Tagen vom Netz genommen worden, weil im Innern ein defektes Brennelement vermutet wird. Die drei Kraftwerke würden aktuell nicht benötigt, schreibt Kotting-Uhl unter Verweis auf den derzeitigen Stromverbrauch in Deutschland. Der ist angesichts zahlreicher stillgelegter Fabriken und Gewerbebetriebe rückläufig. „Die deutschen Atomkraftwerke sind unter den gegebenen Umständen weniger denn je systemrelevant“, schlussfolgert die Grünen-Politikerin.
Ölheizungen austauschen
Grünen-Chef Robert Habeck hatte sich schon im März für umfassende Sofortmaßnahmen für Branchen ausgesprochen, die besonders unter den Folgen des neuartigen Coronavirus leiden. „Es braucht ein unbürokratisches, befristetes Hotel-der-Zukunft-Programm zur Förderung von Investitionen“, so Habeck. Mit entsprechenden staatlichen Zuschüssen und Bürgschaften könnten kleinere und mittlere Betriebe die Zeit, in der die Kapazität nicht ausgelastet sei, nutzen – um notwendige Investitionen zu bewerkstelligen. So könnten Sanierungs- und Umbauarbeiten vorgezogen und Öl-Heizungen ausgetauscht werden. Zudem setzte sich Habeck vehement für „Corona-Bonds“ ein. Dabei handelt es sich um ein neues Wort für „Eurobonds“, die faktisch bedeuten, dass der deutsche Steuerzahler künftig auch für Schulden von Italien und Griechenland haften soll.
„Mindestens 500 vulnerable Personen aus Griechenland holen“
Die Grünen in Bayern haben ein 20-Punkte-Programm zur Corona-Krise vorgelegt. Darin werden viele Vorschläge gemacht, unter anderem wird ein Bayerisches Soforthilfeprogramm gefordert. „Außerdem wird ein Bayerisches Sofortaufnahmeprogramm schnellstmöglich in die Wege geleitet um mindestens 500 besonders vulnerable Personen aus den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln zu holen.“ Begründung: „Solidarität endet für uns nicht an der Landesgrenze!“ Für die Zeit nach der Krise denkt man schon an einen „Green New Deal“: „Zur Stärkung der Wirtschaft werden nach der Krise Konjunkturprogramme notwendig sein. Anders als nach der Finanzkrise 2009 (Beispiel Abwrackprämie) sollen die entsprechenden Mittel aus dem Staatshaushalt zielgerichtet in sozial-ökologische Zukunftsprojekte fließen. Wir wollen diese Zukunftsinvestitionen für eine gerechtere Welt und den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen im Sinne des Green New Deals einsetzen.“
„Wir brauchen so was wie Pandemiewirtschaft“
Katrin Göring-Eckardt glaubt, es sei effektiver, wenn er Staat in der Krise dafür sorge, dass die Unternehmen „die richtigen Dinge“ herstelle. „Wir brauchen aber auch so was wie Pandemiewirtschaft. Es ist doch vollkommen klar, dass wir in Deutschland leider nicht so koordiniert sind und so klar sind. Das ist wirklich an die Adresse der Bundesregierung gerichtet, dafür zu sorgen, dass diese Dinge hergestellt werden von Leuten, die eigentlich was anderes produzieren, Schutzkleidung, Schutzmasken, Beatmungsgeräte etc. pp. Das ist jetzt der Job, den die Bundesregierung hat, da auch einzugreifen und dafür zu sorgen, dass dieses koordiniert wird.“
Am 23. Februar, bevor die Krise so richtig losging bzw. in Deutschland wahrgenommen wurde, hatte ich eine Satire geschrieben, wie die Parteien darauf reagieren werden. Aber die Grünen haben die Erwartungen mit ihren Statements übertroffen.