Tichys Einblick
Großer Zapfenstreich für Afghanistan-Truppe

Angemessen und doch ein scheinheiliger Akt der Heuchelei

Die Erlebniswelt der Bundeswehr mit ihren Einsätzen hat mit der Mentalität dieses Landes so gut wie nichts mehr gemein. Und deshalb haftet dieser hohen Ehrung unserer Soldaten auch viel Scheinheiligkeit an. Der Einsatz unserer Soldaten wurde lange verharmlost, die Ehrung von vielen abgelehnt.

IMAGO / Stefan Zeitz

Eigentlich war die gestrige Danksagung an das Afghanistan-Corps der Bundeswehr durch die höchste militärische Ehrung, den „Großen Zapfenstreich“, ein feierlicher und erhabener Moment. Stellvertretend für die über 100.000 Soldaten, die über zwanzig Jahre gemeinsam mit anderen Truppen des Bündnisses in Afghanistan gegen den islamistischen Terror gekämpft haben, meldete der Offizier des Wachbataillons zwei Vertretern von ihnen den „Großen Zapfenstreich“. Einem Kommandoführer und einer Ärztin, die mehrfach in Afghanistan zum Einsatz kamen und sich dabei durch Mut und Tapferkeit ausgezeichnet haben. Der Moderator des ARD-Fernsehens beschrieb dies so: „Er führte im Gefecht und sie verband.“ Es ist zu hoffen, dass dieser Journalist für diese exakte Beschreibung eines Kampfeinsatzes nicht der „Frauenfeindlichkeit“ oder gar des „Sexismus“ bezichtigt wird. Denn Männlichkeit als Kategorie des Kampfes ist ebenso von der „political correctness“ längst geächtet, wie die Zuordnung von Sanftmut und Hilfe zur Weiblichkeit. Die Welt der Bundeswehr mit ihren Einsätzen hat mit der Mentalität dieses Landes so gut wie nichts mehr gemein. Und deshalb haftet dieser hohen Ehrung unserer Soldaten auch eine gehörige Portion Scheinheiligkeit an. 

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Die Beteiligung deutscher Soldaten an der versuchten Befriedung Afghanistans war vielen Politiker und den meisten Medien in der Heimat von Anfang an spürbar suspekt. Über Jahre hinweg wurde verschämt von Aufbauleistungen, wie Brunnenbauen und dem Errichten von Mädchenschulen berichtet. Das Wort Kampfeinsatz war ebenso tabu wie die Benennung zu Tode gekommener Soldaten als Gefallene. Gleich mehrere Ungereimtheiten des offiziellen Bewusstseins spielen hier ineinander. Da ist zum einen die aus den Erfahrungen zweier Weltkriege entstandene pazifistische Grundhaltung der Deutschen. Daran ist natürlich nichts auszusetzen. Nur kommt man dabei als Mitglied eines Verteidigungsbündnisses und der sich daraus ergebenden Existenz einer Armee schnell in Widersprüche, ja sogar zur Bewusstseinsspaltung. Besonders immer dann, wenn der Einsatz der Waffe notwendig wird. Immerhin können Soldaten in der Bundesrepublik nach höchstrichterlicher Entscheidung straffrei als Mörder bezeichnet werden. Dies ist in keinem anderen Land der Welt möglich. Auch wird die Kampffähigkeit der Truppe durch mangelhafte Bereitstellung der nötigen Mittel bewusst beeinträchtigt. Ohne den Einsatz von Hubschraubern der US-Streitkräfte, die immer wieder zu Hilfe gerufen werden mussten, wenn es galt, Verwundete vom Gefechtsfeld zu bergen oder bei schwerem Feindbeschuss der kämpfenden Truppe aus der Patsche zu helfen, wäre die Zahl der Gefallenen wesentlich höher. Bis zum Schluss des Einsatzes verweigerte eine Mehrheit des Bundestages aus SPD, Grünen und selbstredend Links-Partei die Zustimmung zu Drohnen-Einsätzen zum Schutz unserer Soldaten.

Vielleicht noch mehr von Bedeutung für das Bild des Soldaten in unserer Gesellschaft ist die Ächtung jeder Art von Männlichkeit als „toxisch“ – also gemeingefährlich. Gleichzeitig wird ein Männerbild favorisiert, das durch feminine Züge geprägt ist. Da ist es nur selbstverständlich, dass jede Form des Militärischen abgelehnt wird. Ebenso, wie das für jede Armee notwendige Prinzip von Hierarchie, sowie Befehl und Gehorsam, dem dominierenden linken Selbstverständnis in Erziehung und Werteordnung widerspricht. Soldaten des Kommando Spezialkräfte (KSK) müssen da zwangsläufig als Monster aus einer außerirdischen Welt des Grauens erscheinen. Dort, wo Tapferkeit, Kameradschaft und Vaterlandsliebe hochgehalten werden, ist vor diesem Hintergrund die Assoziation zu Wehrmacht und SS stets abrufbar. In diesem Zusammenhang ist es bezeichnend, dass die geehrten Soldaten sich als persönliche musikalische Begleitung des Zeremoniells den Soundtrack des US-Kriegsfilms „Band of Brothers“ wählten, in dem Kameradschaft und gegenseitige Treue eindrucksvoll dargestellt werden. Es dürfte ihnen schwerfallen, ihre Motive dafür verständlich zu machen.

Ende des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr
Erbärmlich: Niemand aus der Polit-"Elite" begrüßt die heimkehrenden Soldaten
So ist es auch nicht verwunderlich, dass innerhalb der politischen Führung dieses Landes die Entscheidung für einen „Großen Zapfenstreich“ äußerst umstritten war. Insbesondere bei der Kanzlerin, der bekanntlich jedes militärische Zeremoniell zuwider ist, müssen sich gestern sämtliche Haare zu Borsten aufgestellt haben. Wenn man bedenkt, dass bei der akuten Rückkehr der Afghanistan-Truppe kein Einziger der hohen Damen und Herren den Weg zu ihrer Begrüßung gefunden hat, muss einem die verspätete Geste des „Großen Zapfenstreichs“ aufgesetzt und unglaubwürdig vorkommen. 

Sicher haben das auch viele der Geehrten so empfunden. Nur sei ihnen gesagt: Sie haben jedes Recht, auf diese Ehrung und sich selbst stolz zu sein. Wenn man ihre Gesichter während des Höhepunkts des Zapfenstreiches, dem Befehl: „Helm ab zum Gebet“ und dem anschließenden „Ehre sei Gott in der Höhe“ betrachtete, musste jeder Demokrat Stolz und Anerkennung für diesen Teil unserer jungen Generation empfinden. Er wurde von denen in den Krieg geschickt, die später verschämt zur Seite blickten und die Truppe mit einem Desaster zurückholten. Für all das tragen die jungen Frauen und Männer in Uniform keinerlei Verantwortung. 

Ganz besonderer Dank und Anerkennung und ewiges Gedenken gebührt den 59 gefallenen Soldaten, die von den Kampffeldern Afghanistans nie mehr zurückkehren. 


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