Im April 2021 hat das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) den neuen sogenannten Phänomenbereich „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ erfunden, um gegen „demokratiefeindliche und/oder sicherheitsgefährdende Delegitimierung des Staates“ nachrichtendienstlich tätig werden zu können. Objekt der Begierde der Schlapphüte sollte – auf einer Ebene wie linker, rechter und islamistischer Extremismus – die Querdenker-Bewegung sein, sollten also die Kritiker der Corona-Politik und deren „Verschwörungstheorien“ sein. Dass manche der damals offiziell als Verschwörungstheorie inkriminierte Kritik an Lockdowns, Maskentragen, Impfzwang usw. sich mittlerweile als berechtigt erhärtet hat? Das spielt für Legislative, Exekutive und Judikative offenbar keine Rolle mehr. Mit der Aufarbeitung der Corona-Politik hapert es ohnehin.
Vorausgegangen war ein im Netz nicht mehr auffindbares Urteil der 8. Kammer des Truppendienstgerichts Süd vom 28. Juli 2022. Dort waren heftige Äußerungen des Ex-Offiziers gegen die Corona-Politik als Ausdruck der Meinungsfreiheit qualifiziert worden. Gegen dieses Urteil war die Wehrdisziplinaranwaltschaft in Berufung gegangen.
Das Urteil des BVerwG lautet nun: Das Ruhegehalt des früheren Soldaten wird für die Dauer von 24 Monaten um 1/10 gekürzt. Das ist doch keine Staatsaffäre, würde man auf den ersten Blick sagen. Doch, ist es, denn hier wird in einem vermeintlich kleinen Fall überdeutlich, wie übergriffig der (sogenannte?) Rechtsstaat mittlerweile geworden ist. Das Urteil könnte Leitfunktion für weitere, ähnliche Urteile haben.
Was hat der Ex-Offizier gepostet?
Der Ex-Hauptmann, der in seiner aktiven Zeit als untadeliger und vorbildlicher Soldat beurteilt worden war, hatte sich ab April 2020 in Netzwerken heftig gegen die Corona-Politik geäußert. Er hatte diese als „diktatorisch“ bezeichnet und von einer „aufkommenden Diktatur“ geschrieben. Auf Facebook hatte er im April 2020 gepostet: „Ich schäme mich für diesen Staat, dem ich über 30 Jahre treu gedient habe.“ Im Mai 2020 schrieb er: „Ich verstehe nicht, warum meine Kameraden nicht gegen diese geplante Diktatur vorgehen?“ Die Bundesregierung hatte er wahlweise als „kommunistisch“ wie auch „faschistisch“ bezeichnet, und er hatte eine Fotomontage von Angela Merkel mit Hitlergruß geteilt.
Über den Microsoft-Gründer Bill Gates und den damaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), einen gelernten Bankkaufmann, hatte er auf Facebook gepostet: „Die ganze Welt lässt sich von einem Software-Freak, der die Weltherrschaft übernehmen will, verarschen. Und wir in Deutschland lassen uns von einem Bankkaufmann unsere Menschenrechte nehmen. Sind wir denn alle bescheuert?“
Man muss sich nicht mit jeder Äußerung des Ex-Soldaten identifizieren. Aber man hätte erwarten können, dass das Gericht auf das Beamten, Richtern und Soldaten obliegende „Mäßigungsgebot“ abhebt. Dieses Gebot kommt im Urteil des BVerwG aber nicht vor. Nein, es wird gleich die große Keule der Verfassungswidrigkeit und des Extremismus herausgeholt. Politisierte Rechtsprechung ist das. Andere Gerichte standen da eher auf Seite der Meinungsfreiheit. Das Oberverwaltungsgericht NRW hatte einem Lehrer im Jahr 2011 (online nicht mehr verfügbar) zugestanden, dass er im Jahr 2009 in zwei Leserbriefen namentlich genannte Politiker mit Begriffen wie „Spaltpilz“, „Volksfront“, „boshaft ignorant“, „Miesmacherei und Diffamierung“, „perfide“ und „Vasallen“ belegt hatte.
Staat und Regierung als sakrosankte Gottheiten?
Was zeigt uns dieser „Fall“? Er zeigt, dass (verquaste) Definitionen des Verfassungsschutzes („Delegitimierung“) mittlerweile von höchsten Gerichten wie in Stein gemeißeltes Strafrecht angewendet werden. Mehr noch: Der Staat wird zur Gottheit, dessen Regierungsvertreter zu Göttern erhoben. Bloß keine Kritik daran, das wäre ja schier Blasphemie! Ansonsten wird der Staat damit zum Leviathan-Ungeheuer, das alle frisst, die keine schafsgeduldigen Untertanen geben.
Mehr noch: Muss der Merkel-/Ampel-Staat etwa jetzt vor dem freiheitlichen Rechtsstaat geschützt werden? Hoffentlich nicht. Indes aber agieren die Feinde der Demokratie nicht mehr wie in der Weimarer Republik außerhalb des Staates, sondern jetzt agieren sie an der Spitze eines Staates, den sie sich zur Beute gemacht haben, um ihn zu de- und „transformieren“.
Denk ich an Deutschland … Was wird da in Sachen Klima noch alles auf uns zukommen?
* Der Autor des tendenziösen SZ-Berichts, Ronen Steinke, ist bekannt als aktivistischer Schreiber mit durchaus erkennbaren Schlapphutqualitäten. Am 26. Juli 2020 hatte er getwittert: »Sie haben besondere Informationen zu Fällen von #Rassismus in der #Polizei von öffentlichem Interesse und wollen uns @SZ diese anonym zukommen lassen? So erreichen Sie uns …« Zugleich versicherte die SZ, die Zuträger könnten sich beim SZ-»Investigations-Team« melden, selbstverständlich auch anonym. Und damit die Spuren verwischt würden, lieferte die SZ gleich noch Tipps mit, wie man die Spuren verwischen kann. Zum Beispiel: »Kein Telefon nutzen, keine E-Mail schreiben!« Steinke scheint ein besonderer Freund von Polizisten und Soldaten zu sein.