Tichys Einblick
Von der Leyen

Gelöschte Handydaten – Rauch und Feuer

Von der Leyens Handydaten gelöscht, liest man. Frau Clintons Handys mit dem Hammer zertrümmert, hört man. Beide werden damit wohl durchkommen. Es ist fast, als ob für »alte weiße Frauen« ein anderes Recht gelten würde – oder für »die da oben« insgesamt…

Frederick Florin/AFP/Getty Images

Am Horizont, etwa auf halber Höhe des Berges, stieg Rauch in den Himmel auf. Der Schüler sagte, denn er wollte auch einmal weise sein: »Da ist Rauch, dann muss da auch Feuer sein.«

Der Meister nickte, dann sagte er: »Das ist richtig. Es ist klug, von einem aufs andere zu schließen – und vom anderen aufs eine. Doch, zur Frage nach Rauch und Feuer ließen sich noch zwei weitere Fragen stellen!«

Der Schüler war unsicher, also beantwortete der Meister die Frage nach den Fragen selbst: »Wenn du Rauch siehst, dann schließt du darauf, dass da ein Feuer ist, und das ist auch meistens richtig. Doch, eine weitere Frage lautet: Was ist es, das da brennt?«

»Etwas Brennbares brennt«, sagte der Schüler eifrig, »das kann ein Müllhaufen sein, oder ein alter Baum!«

»Oder es kann ein Haus brennen, und seine Einwohner schlafen noch«, sagte der Meister, »es macht einen Unterschied was brennt. Und dann müssen wir uns fragen: Wer hat das, was brennt, denn angezündet? War es ein Brandstifter mit böser Absicht oder war es die Unvorsicht?«

Der Rauch am Horizont wurde dichter und weitere dunkle Rauchschwaden zogen drohend auf.

»Das Feuer wird größer«, sagte der Schüler,

Der Meister sagte: »Also brennt auch mehr, und umso dringender wird die Frage, was es ist, das brennt.«

»Und wer es angezündet hat!«, sagte der Schüler.

Der Meister nickte, doch er lächelte nicht.

Wo wir gerade davon sprechen …

Es ist immer wieder charmant, wenn Fernsehsender etwas senden, was nicht in ihre Version von Wahrheit passt, ob sie es aus Versehen tun oder als »Ventil, um etwas Druck vom Kessel zu lassen«. Manchmal kann man die armen Moderatoren dabei beobachten, wie sie sich unwohl winden, und versuchen, doch noch das Narrativ des Senders zu retten. Ein solcher Fall schien es etwa im US-Wahljahr 2016 zu sein, als CNN-Reporterin Brooke Baldwin während einer Sendung erfuhr, dass im US-Außenministerium über ein Dutzend von Hillary Clintons Mobilgeräten (Blackberrys und iPads) mit dem Hammer zerstört wurden (siehe YouTube). Panisch lässt die Moderatorin das »factchecken«, und ja, da wurden Geräte zerstört. – Ich bin sicher, dass Frau Clinton einfach nur hinter sich aufräumen wollte und keinesfalls irgendwelche Vermischung von Staatsjob und Clinton-Business verdecken wollte. Es muss ja auch unangenehm sein, erklären zu müssen, dass man nicht weiß, wo die Geräte sind, wenn das FBI nach diesen fragt (sich etwa auch snopes.com: »Did Hillary Clinton Smash Her Phone with a Hammer?«)

Wo wir gerade davon sprechen, wie Frauen in der Politik alles besser machen – eine weitere Ikone der politikgewordenen Gleichberechtigung ist in den Nachrichten! Über die ehrenwerte Frau von der Leyen lesen wir: »Handydaten von Ursula von der Leyen gelöscht« (focus.de, 19.12.2019, siehe auch welt.de(€))

Ich persönlich fände es sehr überraschend, wenn im stets gut beratenen deutschen Verteidigungsministerium so etwas absichtlich passiert sein sollte, gerade wenn man weiß, dass das eigene Handeln der Gegenstand eines Untersuchungsausschusses ist. Und selbst wenn es passiert sein sollte – die Löschung soll laut dem Bericht im August 2019 geschehen sein. Dies wäre zwar nachdem das Parlament das Handy als Beweismittel einstufte, aber auch nachdem Frau von der Leyen dort nicht mehr Chefin war, da sie von Millionen von EU-Bürgern begeistert zum neuen EU-Boss gewählt worden war – und damit ist sie sowieso für nix verantwortlich, was dort passiert. Ich finde, es gibt keinerlei Anlass für derbe populistische Sprüche, wie man sie etwa aus der FDP hört: »Wir fühlen uns verarscht« (focus.de, 19.12.2019, siehe auch welt.de(€)).

Nur Positives und Gutes

Ich bin, wie Sie ja wissen und schätzen, ein Mensch mit einer durchgehend positiven Grundeinstellung. Ich traue jedem anderen Mensch erst einmal nur Positives und Gutes zu, und davon will ich mich auch in der Angelegenheit »alter weißer Frauen« und ihrer Mobilgeräte leiten lassen!

In der Vergangenheit und in Ländern, die wir »böse« nennen, mochte und mag es ja passieren, dass Beweismittel verschwinden (oder Zeugen sich kurz vorm Verfahren das Leben nehmen), bei uns, im Westen, bei den Guten also, da würde so etwas nie passieren. Ich bin auch guter Dinge, dass das Überwachungsvideo vom tragisch früh verstorbenen Jeffrey Epstein wieder auftaucht (siehe etwa nbcnews.com, 19.12.2019).

Wer heute unangenehme Fragen stellt, der wird von der Meinungsmaschinerie schnell als »Verschwörungstheoretiker« oder »Aluhut« gebrandmarkt, aber wir stellen keine Fragen, also kann uns das Schicksal nicht treffen! (So hoffe ich.)

Und wenn ich auch brav bin und keine Fragen stelle, so muss ich doch feststellen, dass solche Unfälle und Versehen den Glauben daran erschüttern könnten, dass die Guten wirklich gut sind! Was, wenn das kleine Plagiatchen in Frau Dr. von der Leyens Promotionsarbeit (spiegel.de, 9.3.2016) nicht die einzige Fuddelei in ihrem Leben war? Oh, jetzt habe ich doch wieder eine Frage gestellt. Außerdem ist das unmöglich, dass sich so etwas wiederholt, nur in viel größer! Menschen verhalten sich nicht gemäß Verhaltensmustern, und ein Ausrutscher ist immer ein Ausrutscher – und außerdem war sie da ja längst nicht mehr im Amt!

Und dann fragt man sich …

»Der Rauch am Horizont wurde dichter und weitere dunkle Rauchschwaden zogen drohend auf«, so lesen wir heute in der Geschichte. (Und gestern lasen wir von Wolken, und wir fragten ob sie vorüberziehen würden.)

Wir wissen ja, wie Wolken entstehen, und wenn wir es nicht selbst und persönlich wissen, dann gehen wir davon aus, dass Wissenschaftler es wissen – mit manchen Nachrichten wie den von gelöschten Handys, ist es schon schwieriger.

Wenn Beweismittel vernichtet werden, dann ist das ja gewissermaßen Rauch, und man fragt sich, welches

Feuer es ist, das da brennt – und dann fragt man sich, wer es angezündet hat.

Einst fürchteten die Mächtige die Frage danach, wo das »Feuer« ist und wer »es anzündete«, doch ich habe immer mehr den Verdacht, dass es ihnen heute egal ist.

Was kümmert von der Leyen, dass ihre Beraterpraxis durchleuchtet wird? Wird sie als mögliche Konsequenz bestraft werden oder gar ihre Karriere beenden? Nun, die Fragen zur Promotion und zu den Vorgängen in ihrem Ministerium kamen ja auf bevor sie zur EU-Chefin ernannt wurde, insofern…

Wo Rauch ist, da ist auch Feuer, und wenn Rauch und Feuer gewissen Akteuren auffällig gut gelegen kommen, könnte mancher misstrauisch werden und bezweifeln, dass das Feuer sich »von selbst« angezündet hat.

Die gelöschten Daten auf Frau von der Leyens Handy könnten manchen fast schon in der Ansicht bestätigen, dass »die da oben« genau die Leute sind, für die wir sie halten.

Stets von allein

Wir sehen Rauch und wir schließen auf Feuer. Die da oben werden uns glauben lassen wollen, dass das Feuer sich stets von allein entzündete, oder dass da in Wahrheit kein Feuer ist, oder dass wir uns den Rauch nur einbildeten. Das alles kann man glauben oder man kann es anzweifeln.

Es ist, als würde Brandrodung an Demokratie und Rechtsstaat betrieben – gewisse Leute machen Karriere, und wir hier unten werden immer zynischer, und zurück bleibt verbrannte Erde – und Behörden, viele, große Behörden.

Wo Rauch ist, da ist auch Feuer. Sollte es tatsächlich absichtsvoll angezündet worden sein, dann werden diese Leute nicht davor zurückschrecken, auch andere Feuer zu legen.

Was bleibt? Vielleicht dies: Lasst euch nicht auf den Arm nehmen, lasst euch nicht einreden, dass ihr keinen Rauch seht, lasst euch nicht einreden, dass der Dreck der feinen Leute nicht stinkt.

Wo Rauch ist, da ist auch Feuer, und meistens dann doch jemand, der es angezündet hat. Passt auf euch auf, und passt extra sorgfältig auf, nicht selbst in die Flammen zu geraten!


Dieser Beitrag erschien zuerst auf dushanwegner.com

Dushan Wegner (geb. 1974 in Tschechien, Mag. Philosophie 2008 in Köln) pendelt als Publizist zwischen Berlin, Bayern und den Kanaren. In seinem Buch „Relevante Strukturen“ erklärt Wegner, wie er ethische Vorhersagen trifft und warum Glück immer Ordnung braucht.

Anzeige
Die mobile Version verlassen