Tichys Einblick
Bundesparteitag in Essen

80.000 Gegendemonstranten wollen AfD-Parteitag stören – im Namen der Demokratie

Unter den 80.000 Protestlern, die in Essen gegen den AfD-Parteitag demonstrieren wollen, sind rund 1.000 gewalttätige Linksextremisten. Ein Verbot ist dennoch nicht erforderlich. Es ist eine Eskalation mit Ansage. Doch die Anti-AfD-Demos machen die AfD stärker denn schwächer.

picture alliance/dpa | Helge Toben

Einen Parteitag im Namen der Demokratie verhindern zu wollen – auf die Idee muss man erst einmal kommen. Die 80.000 Gegendemonstranten, die die Stadt Essen zum AfD-Parteitag erwartet, tun sich mit diesem Spagat nicht schwer.

Dass sich darunter auch zahlreiche Gewalttäter tummeln, hat erst jüngst der NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) bestätigt. Es gebe „gewalttätige Störer aus dem Bereich der linksextremistischen Szene“. Sie hätten vorher Blockadeaktionen geübt. „Genau da hört nicht nur das Verständnis auf, sondern da fängt auch die Strafbarkeit des Gegenprotestes an“, so Reul weiter.

Die Polizei rechnet mit rund 1.000 Linksextremisten, die für die Veranstaltung anreisen. Der Staat gibt sich in der Person Reuls als gewappnet. Dabei ist es mittlerweile ein offenes Geheimnis, dass dieselben „Aktivisten“ der NGOs, die am Wochenende erwartet werden, nicht selten an den Fördertöpfen desselben Staates hängen.

Insofern stehen auch die friedlichen 80.000 Demonstranten in einem Kontext, nämlich jener Zivilgesellschaft, die im „Kampf gegen Rechts“ herangezüchtet wurde und sich mal im Getümmel der „Wir sind mehr!“-Initiativen engagieren oder die Demokratie durch Aufmärsche retten wollten, weil eine Buchvorstellung von Martin Sellner einen Madagaskarplan 2.0 vorbereitet hätte.

Die 80.000 verstehen sich selbst als demokratisches Korrektiv. In Wirklichkeit haben die Demonstrationen zu Jahresanfang wenig genützt; mit ihrem Spitzenkandidaten hat die AfD ihre Prozente ganz alleine dezimiert. Vielmehr zeichnen sie im Ausland das Bild einer defizitären Demokratie, die nicht in der Lage ist, ihre Konflikte in der politischen Debatte zu lösen, und in der die Opposition unter Verdacht steht.

Das mag man im deutschen Goldfischglas vergessen, aber über X und TikTok verbreiten sich bereits seit einiger Zeit immer wieder Videos und Schlagzeilen, die ein Deutschlandbild widerspiegeln, das zahlreiche Ideologen nicht mehr wahrnehmen. Ein gutes Beispiel dafür ist Elon Musk, der in deutschen Medien angeprangert werden mag, wenn er auf die Situation der AfD in Deutschland verweist, aber dessen globale Reichweite so enorm ist, dass man sich im restlichen Westen fragt, was eigentlich zwischen Alpen und Nordsee los ist. Fußballfans, die derzeit zu Gast sind, dürften sich auch ihren Teil denken.

Überdies wartet Essen auch mit allen bekannten „woken“ Verrenkungen auf. Die Haltestation an der Gruga-Halle, wo der Parteitag stattfindet, heißt nun „Vielfalt“. Vor der Halle wehen Regenbogenflaggen. Eine Initiative namens „Gemeinsam laut“ lässt Protestler per „solidarischem Buchungssystem“ herankarren. Alte Bekannte wie Fridays for Future gehören dazu.

Die Frage, warum eine Demonstration nicht verboten werden kann, wenn dem Innenministerium klar ist, dass unter den Protestlern gewaltbereite Extremisten vorhanden sind, erschließt sich nicht. Corona-Proteste wurden aus minderen Anlässen aufgelöst und verboten. Andersherum würde vermutlich bei einem Parteitag der Linken, bei dem sich unter Gegendemonstranten rechtsextreme Schläger versteckten, im Ansatz erstickt.

Es reicht freilich nicht sich neuerlich über die zweierlei Maß zu beschweren, die es im Übrigen schon lange vor der Gründung der AfD gegeben hat. Das wird sich auch nicht so schnell ändern. Festzustellen bleibt, dass der Staat seine Mittel in den letzten Jahren hinreichend gezeigt hat. Er ist fähig, wenn er will. Und er lässt Salafisten und Linksextremisten auftreten, wenn er will.

Das allein wird umso mehr Wähler darin bestätigen, ihr Kreuz bei der AfD zu machen. In dem Fall wäre der Staat neben der Förderung von linksradikalen NGOs auch der intransparenten Parteienfinanzierung überführt. Schließlich unterstützt er mit seiner eigenen, gewollten Unfähigkeit den Stimmenzuwachs der Alternative. Bekanntlich hat schon Franz Josef Strauß die Störer bei seiner Wahlkampfrede mit den Worten begrüßt: „Zuerst danke ich den Kommunisten und Kommunistenfreunden, die aus der ganzen Bundesrepublik hier zusammengekommen sind, um der CDU beim Wahlkampf zu helfen.“

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