Tichys Einblick
Habeck fliegt die Habeck-Umlage um die Ohren

Ein irrlichtender Minister erteilt sich großzügig selbst Absolution

Nicht alle Unternehmen, die Anspruch auf die Gasumlage erheben, befinden sich in existenzieller Not – das gehört nicht zu den Bedingungen. Dass elf Unternehmen die Möglichkeit nutzen, kann man ihnen nicht verübeln, wohl aber dem Wirtschaftsminister, dass er die Möglichkeit schuf.

Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck, 25. August 2022

IMAGO / Political-Moments

Man könnte Robert Habeck als einen typischen Grünen bezeichnen und mithilfe der Wissenschaften seine Amtsführung illustrieren. Während seine inhaltliche Kompetenz diejenigen, die in Astronomie aufgepasst haben, an ein schwarzes Loch erinnert, erscheint sein moralischer Anspruch den Geographie-Fans hoch wie der Mount Everest, mit dem Mikroskop suchen hingegen die Freunde der Biologie immer noch danach, was er in seiner kurzen Amtszeit eigentlich geschafft hat.

Die Versuche, Ersatz für russische Gas-Lieferungen, die für die Privathaushalte und für die Volkswirtschaft, und dadurch doppelt für die Privathaushalte so existenziell wichtig sind, zu finden, verlief wie das berühmte Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel: Bis Kanada gekommen flog der Minister doch wieder raus, sodass er nun wieder am Anfang, also eigentlich vor Katar steht. Doch da stehen schon die Italiener, das heißt, sie sitzen schon in den schönsten Verhandlungen mit komfortabel viel Geld auch aus Deutschland in den Taschen, die EZB macht es schließlich möglich.

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Die drohende Erdölpleite in Schwedt wird verdrängt. Die Energiepreise explodieren, die Inflation galoppiert – der Wirtschafts- und Energieminister erschöpft seine Arbeitskraft, so will es scheinen, im Geben von immer neuen Energiespartipps. Nicht ganz, nebenbei werden immer neue faule Ausreden verkündet, weshalb die Kernkraftwerke nicht am Netz bleiben können, weshalb man sie abschalten muss und andere nicht hochfahren kann. Zwischendurch sorgt der Minister für berstend gute Laune, wenn er so herrliche Pointen krachen lässt, wie: Wir haben ein Wärme-, kein Stromproblem. Und weil wir kein Stromproblem haben, können wir immer mehr Gas für die Stromproduktion einsetzen, Gas, das wir für die Wärmeproduktion bräuchten. Weil wir kein Stromproblem haben, exportieren wir Strom nach Frankreich, das den Anstieg der Stromkosten deckelt, während der Strompreis in Deutschland von Gipfel zu Gipfel steigt, immer dem Minister hinterher, der, wie schon erwähnt, moralisch auf dem Mount Everest angekommen ist.

Mit der Novelle zum Energiesicherungsgesetz hat der Minister die Energiepreise für die Spekulation freigegeben und mit der Aufhebung der Garantieverpflichtung das Vertragsrecht mal so nebenbei geschliffen – nun haben die Energieversorger alle Rechte und die Energiekunden keine mehr. Die Energieversorger loben dafür gern die Energiewende, denn darin besteht die eigentliche Energiewende: Sie macht den Energiekunden zum Energieabhängigen im neofeudalen System der grünen Eliten, klimaneutrale Gesellschaft genannt.

Doch so klimaneutral ist diese Gesellschaft nicht. Denn die Windraftanlangen nutzen als Isolator das Gas Schwefelhexaflourid, kurz SF6. Bereits 1997 wurde im Kyoto-Protokoll festgelegt, dass die Emissionen von SF6 reduziert werden müssen. Doch in Habecks Energiewende erreicht dieses Gas geradezu Starstatus – nämlich in den Windkraftanlagen. SF6 ist ein wahrer ökologischer Tausendsassa, denn einmal in die Atmosphäre gelangt, muss die Menschheit sich in sehr viel Geduld üben, nämlich 3000 Jahre, bis es unwirksam geworden ist. Dabei kann es mit einer beeindruckenden Wirkung punkten, es ist als Treibhausgas 22800-mal so stark wie die gleiche Menge CO2 – und verplempert keine Wirkung damit, wie beispielsweise das CO2, dass das Wachstum der Pflanzen fördert.

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Muss es auch nicht, denn zum Aufstellen der Windparks und der Errichtung der zugehörigen Stromtrassen werden Wälder gefällt und Flächen in riesigem Ausmaß versiegelt. Würde das nicht von den Grünen betrieben, würde man es ein Kardinalverbrechen an der Natur nennen. Angeblich entweicht momentan nur wenig SF6 in die Atmosphäre, laut Tagesschau allerdings tragen schon diese geringen Mengen mehr zum Treibhauseffekt bei als „der gesamte innerdeutsche Flugverkehr“. „In Europa“ berichtet die Tagesschau, „befindet sich fast 50 % mehr SF6 in der Luft als laut gemeldeten Emissionsdaten möglich wäre.“

Von grünen Wirtschafts- oder Umweltministern hört man nichts dazu. Melden die guten Wind-Firmen etwa keine korrekten Emissionsdaten? „Deutschland ist in Europa der größte Emittent.“ Deutschland forciert auch den Ausbau der Windkraftanlagen. Auch wenn die gemeldeten Daten der Wind-Industrie offensichtlich falsch sein müssen, bedauert das Umweltbundesamt nur das unzureichende „Monitoring des Recycling“. Eines der großen Geheimnisse des Wirtschaftsministers, der auf Kosten der Bürger den Ausbau der Windenergieanlage vorantreibt, besteht ohnehin im Recycling der Altanlagen, der Rotorblätter, des SF6 etc.

Womit wir bei der Habeck-Umlage angekommen sind. Die Pointe von Habecks Idee besteht darin, dass durch die falsche Politik bereits der Vorgängerregierung und verstärkt der Ampel und durch das fehlerhafte Agieren des Managements Energieversorger in eine wirtschaftliche Schieflage kommen, die nun auch, nebst ihren Gewinnen vom Gaskunden gerettet werden sollen, indem die Gaskunden einen Aufschlag auf ihre ohnehin schon explodierende Gasrechnung entrichten sollen. Die FDP kann eigentlich nicht dagegen sein, denn für eines der Unternehmen, das noch dazu den Löwenanteil aus der Habeck-Umlage beansprucht, sitzt Lindners Parteifreund Philipp Rösler im Aufsichtsrat, nämlich für die finnische Fortum, die Großaktionär von Uniper ist – wer will schon den verdienstvollen Mann ins Elend stürzen?

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Doch die Habeck-Umlage scheint auch nicht mehr durch die Wunderwaffe, die von den Öffentlich-Grünen gefeierte Habecksche Kommunikation und Rhetorik, gerettet werden können, sodass der Wirtschaftsminister öffentliches Leiden zelebriert und auf die bösen Firmen und die bösen Anwälte schimpft, die seine so schöne, lyrisch perfekte Umlage so sehr verhunzten, dass er nun gezwungen sei, das Gesetz nachzubessern. Nicht alle Unternehmen befinden sich in existenzieller Not, die Anspruch auf die Habeck-Umlage erheben – und laut Gesetzentwurf müssen sie das auch gar nicht, denn die Gefahr der Insolvenz gehörte nicht zu den Bedingungen.

Zwölf Unternehmen haben sich für Finanzhilfe registrieren lassen, elf wollen sie in Anspruch nehmen, RWE verzichtet erst einmal darauf. Dass die Unternehmen die Möglichkeiten, die sich ihnen bieten, nutzen, kann man ihnen nicht verübeln. Verübeln kann man dem Wirtschaftsminister aber, dass er diese Möglichkeit schuf. Natürlich, Robert Habeck wäre kein Grüner, wenn er sich nicht qua Parteimitgliedschaft für unschuldig hielte und stets die anderen sich vergangen hätten. Schuld sind also die unmoralischen Firmen und natürlich die Juristen, die ihn falsch beraten hätten.

Zur Begründung der Überarbeitung seiner Umlage, die er in den letzten Tagen so wacker verteidigt hatte, äußerte Habeck Folgendes: „Weil wir aber nicht wussten, das muss man ehrlicherweise sagen – und niemand wusste das – wie dieser Gasmarkt verflochten ist, wie er im Undurchsichtigen, welche Firmen irgendwelche Anteile an Töchtern und so weiter haben, ist durch diese im Prinzip richtige Entscheidung, ein Problem entstanden, dass sich dann nämlich ein paar Unternehmen reingedrängt haben, die nun wirklich viel Geld verdient haben und die Umlage der Bevölkerung nicht brauchen.“ Das geneigte Publikum darf die Klarheit der Sprache des Ministers und früheren Autors bei dieser Gelegenheit bewundern. Mehr allerdings nicht, denn die Unternehmen haben sich nicht „hineingedrängt“, sondern sie haben einfach die Rechte wahrgenommen, die ihnen zugestanden worden sind.

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Es wird Zeit, dass Habeck erwachsener zu argumentierten lernt. Weil das irgendwie auch Habeck weiß, weil ihm irgendwie bewusst ist, dass die Unternehmen aufgrund der Gleichheit vor dem Gesetz einen Rechtsanspruch besitzen, kommt er mit einem schiefen Vergleich: „Ich kriege auch Kindergeld, weil ich Kinder habe, Gleichheit vor dem Gesetz. Ob ich das Kindergeld brauchen würde, ich weiß nicht, ich würde auch so klarkommen mit dem Ministergehalt, aber es gibt eine Gleichheit, das kennen Sie, das Prinzip.“ Und weil ihm irgendwie im Reden auffällt, dass der Vergleich tatsächlich schief ist, schwurbelt er fort: „Und beim Kindergeld ist es übrigens gar nicht gleich, sondern die höheren Einkommensbezieher, das wissen Sie auch, bekommen eine Steuergutschrift oder einen Steuerfreibetrag, der noch höher ist“.

Aber Habeck, der von gierigen Managern und einer Legion hinterhältiger Juristen betrogen worden war, wollte ja darauf hinaus, dass die Habeck-Umlage überarbeitet werden soll: „Aber es ist sicherlich nicht moralisch richtig, dass Unternehmen, die – lassen Sie mich das mal plattdeutsch sagen – ein Schweinegeld verdient haben, dann auch noch sagen: Ja, und für die paar Einnahmeausfälle, die wir haben, da bitten wir die Bevölkerung um Hilfe, die soll uns auch noch Geld geben … Also, ich will damit nur sagen: Das schauen wir uns noch mal an.“ Peinlich, aber „ein Schweinegeld verdient haben“ ist linguistisch natürlich kein Dialekt, ist natürlich auch kein Plattdeutsch, plattes Deutsch vielleicht, bezüglich der Stilebene ist einfach nur vulgär.

Robert Habeck wird also seine Umlage überarbeiten. Er hofft wohl, dass die Bürger nicht so genau hinschauen, wo der Arme sich doch alle Mühe gibt: „Ich bin in keiner guten Position, das muss man einfach sagen“, barmt Robert Habeck, denn schließlich versucht Robert Habeck doch nur, „Gerechtigkeit walten zu lassen, aber ich bin vor allem verpflichtet, die Versorgungssicherheit in Deutschland aufrechtzuerhalten – for better or worse“.

Stellt sich am Ende doch nur eine Frage: Wenn er dazu verpflichtet ist, weshalb tut er es dann nicht?

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