Tichys Einblick
Keine Angst vorm grünen Mann

Friedrich Merz will Schwarz-Grün – aber mit wem?

Der Medienwald blättert: Schwarz-Grün ante portas, ein Zusammengehen von Merz und Habeck zugunsten eines milliardenschweren Sondervermögens. Doch in Wirklichkeit soll dieses Manöver vor allem eine Partei begünstigen.

picture alliance / Geisler-Fotopress | Bernd Elmenthaler

Die Bild-Zeitung spekuliert mal wieder über das Ende der Ampel – oder wenigstens über die Zeit danach. CDU-Chef Friedrich Merz sei „auffallend freundlich“ zu Spitzen-Grünen. Robert Habeck rechne außerdem mit einem „milliardenschweren Sondervermögen“ für den Klimaschutz nach der nächsten Bundestagswahl. Habeck: „Das, was jetzt nicht möglich ist, wird mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit nach der Bundestagswahl schneller möglich sein, als wir bis drei zählen können.“

Daraus schließt das Blatt: Weil es mit der FDP nicht möglich sei, wäre das ein klares Signal Richtung Union. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai ist alarmiert: „Offensichtlich geht Robert Habeck davon aus, auch der nächsten Bundesregierung anzugehören, die wahrscheinlich von Friedrich Merz geführt wird. Und offensichtlich gibt es bereits Absprachen diesbezüglich zwischen Habeck und Merz, dann die Schuldenbremse auszuhebeln und mehr Schulden zu machen.“

So weit, so viel Spekulation. Dass Schwarz-Grün unter Merz nicht nur eine Option, sondern sogar sehr wahrscheinlich ist, war noch nie ein Geheimnis. Für den Blackrock-Mann ist der Klimaschutz eine Schnittmenge zwischen CDU und Grünen. Und das Verbrennerverbot, von dem die europäische Dachgesellschaft der Christdemokraten, nämlich die EVP, derzeit so schnell zurückrudern will, hat konsequenterweise die CDU-Frau Ursula von der Leyen durchgesetzt.

Die entscheidende Frage dabei bleibt: Mit wem soll es Schwarz-Grün geben? Es ist derzeit alles andere als sicher, sogar eher unwahrscheinlich, dass Schwarz und Grün auf eine gemeinsame Mehrheit kommen. Es bräuchte also eine weitere Fraktion im Bundestag, die sich dem Projekt anschließt. Wer soll der Mehrheitsbeschaffer sein?

Erster Kandidat: die FDP. Dagegen sprechen mehrere Gründe. Zuerst: Ihr Einzug ist nicht sicher. Und Djir-Sarai geht offenbar selbst nicht davon aus, dass auf die Ampel ein Jamaika-Bündnis folgt. Böte sich die FDP an, ist auch fraglich, warum nicht gleich eine Deutschland-Koalition infrage kommt, bei der man die störrischen Grünen gegen die handzahmeren Sozialdemokraten austauschen könnte. Die haben in den letzten 26 Jahren bewiesen, dass sie für die Macht auch die Großmutter verkaufen.

Zweiter Kandidat: die SPD. An dieser Stelle wäre aber fraglich, warum ausgerechnet Rote und Grüne zusammen einen CDU-Kandidaten unterstützen sollten. Da könnte man auch gleich Scholz beibehalten. Das weiß auch Friedrich Merz. Entweder mit den Roten oder den Grünen. Beides würde für ihn strategisch ungünstig.

Dritter Kandidat: das BSW. Dass Sahra Wagenknecht mit der CDU flirtet, hat mittlerweile jeder verstanden. Auf einen Probelauf in Magdeburg oder Erfurt könnte ein Bündnis in Berlin folgen. Doch auch die Sache hat einen Haken. Denn eigentlich will Wagenknecht nicht mit den Grünen regieren. Und ihre Partei trägt den Klimaschutz nicht mit wie die anderen Parteien. Dann müsste Wagenknecht bereits kurz nach der Wahl die Klimakröte schlucken, will sie in Regierungsverantwortung. Schwierig.

Alles in allem: Die Warnung vor Schwarz-Grün ist ein Schreckgespenst, das sich erledigt hat. Es überrascht niemanden mehr. Auf Bundesebene ist es zudem aufgrund der Faktoren BSW und AfD arithmetisch nur noch schwer ohne dritten Partner durchzusetzen. Das gilt für linke und zentristische Koalitionen.

Wem die Debatte vor allem nutzt: der FDP. Die kann sich dann wieder als Partei der Vernunft empfehlen, die in der Ampel Habecks Plan blockiert, indem ihm der CDU-Chef die Steigbügel hält. Es herrscht Döpfner-Stimmung: „Please stärke die FDP“. Bild. Mal wieder.

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