Die Antwort auf die Frage, warum die AfD Erfolg hat, ist bei der CDU zu suchen. Sie hat ihre Oppositionsrolle freiwillig aufgegeben und dabei geholfen, ein Zwei-Parteien-System zu etablieren, das aus AfD und Nicht-AfD-Parteien besteht.
Statt dieses System aufzubrechen, hat Friedrich Merz am Mittwochabend bei Maischberger bestätigt, dass er nicht aus Not dazu gezwungen ist, mit den Grünen zu koalieren. Er will mit ihnen koalieren. Und statt die Politik der Ampel zu begraben, steht ausgerechnet Robert Habeck eine Fortsetzung seiner Karriere in Aussicht.
Merz stört sich daran, dass Christian Lindner vor wenigen Tagen „mehr Musk und Milei“ wollte, ja, er sei darüber „schockiert“ gewesen. Damit erscheint selbst Lindner als Lichtgestalt. Denn der hatte wenigstens den Mut, sich nicht von ihnen rhetorisch zu distanzieren (inhaltlich sieht die Sache bekanntlich anders aus).
Wüsste man es nicht besser, dann betreibt die CDU eine FDP-Rettungstaktik. Mit jedem Auftritt könnten einige Geprellte, denen die AfD zu unfein ist, doch noch mal für die Liberalen breitgeschlagen/wiedergewonnen werden.
Jedes Mal, wenn Merz vor die Kamera tritt, spielt er bereits Kanzler. Das heißt: Moderator. Ein Fehler, den auch Angela Merkel bei ihrer ersten Wahl 2005 beging, etwa, als sie die Anhebung der Mehrwertsteuer ankündigte. CDU/CSU waren gefühlte Regierung, SPD gefühlte Opposition. Es gelang Gerhard Schröder damals noch einmal, seine totgesagte SPD in Schlagreichweite der Union zu rücken, die in den Umfragen segelte, und bei der Wahl kenterte.
Es ist nicht auszuschließen, dass sich die Neuwahl unter ähnlichen Vorzeichen wiederholt. Denn anders als Habeck und Merz hält sich Olaf Scholz zurück.
Um das rhetorische und wahltaktische Gespür des CDU-Chefs zu verstehen, reicht eine Szene. Merz kann in einem Satz sagen, dass die Leute wieder Einfluss darauf haben, was sie sich ins Haus stellen, nur, um ihn damit zu beenden, dass dies natürlich das Ende für Öl- und Gasheizungen bedeutet. Was als Merz-Revolution startete, endete als Spätmerkelismus. Die Merz-Koalition ist eine Ampel mit anderen Mitteln.
Friedrich Merz mag Javier Milei nicht. Mit dem argentinischen Präsidenten kann es jeder halten, wie er will. Eine Lehre sollte die CDU jedoch wenigstens beachten, wenn sie schon nicht den Weg von Entbürokratisierung und Entverdisierung gehen will: Merz: Afuera!
— Björn Peters (@Bjoern_Peters) December 5, 2024