Tichys Einblick
Attentat auf slowakischen Premier

Habeck und „Spiegel“ missbrauchen das Attentat auf Robert Fico

Robert Habeck stellt die AfD in einen Zusammenhang mit dem Attentat auf den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico. Der Vorwurf des „geistigen Brandstifters“ steht im Raum. Der „Spiegel“ schiebt die Verantwortung für das Attentat sogar Fico selbst zu.

picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka

Die wichtigste Nachricht zuerst: Nach dem Attentat auf den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico befindet sich dieser nicht mehr in Lebensgefahr. Das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen, gehört allerdings zu den Tugenden, die in der Politik in Verruf geraten sind. Auf dem Gipfel der Migrationskrise 2015/2016 warfen die selbst ernannten „demokratischen Parteien“ der AfD etwa vor, jede Straftat aus dem Migrantenmilieu zu instrumentalisieren, um „abzulenken“.

Dabei ist politische Instrumentalisation seit Jahren ein Feld, auf dem sich die politische Linke hervorragend auskennt. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck dürfte dabei gestern einen Höhepunkt erreicht haben. Während Fico noch verletzt im Krankenhaus lag und die Umstände unbekannt – das galt für die Schwere der Verletzungen und Überlebenschancen wie für Herkunft und Motiv des Täters –, hatte Habeck nichts Besseres zu tun, als das Attentat für den Wahlkampf zu verwenden.

Der Minister nahm direkten Bezug auf den AfD-Redner vor ihm und hob hervor, dass diese „gesichert rechtsextremistisch“ sei. Der „slowekische“ (sic!) Ministerpräsident sei gerade niedergeschossen worden. „Und ich sage das deswegen, weil wir wissen, dass aus Worten Taten folgen, und dass diese Taten meistens eine geistige Vorbereitung haben.“ Die Parteien, die sich dem „demokratischen Spektrum“ zugehörig fühlten, sollten deswegen ihre Worte „sorgsam wägen“.

Habeck insinuierte damit gleich mehrere Dinge. Erstens, dass der Rechtsextremismus der AfD ähnliche Taten in Deutschland vorbereitet habe (und vermutlich vorbereiten wird). Zweitens, dass womöglich auch der Attentäter diesem Spektrum zuzuordnen sei – denn sonst hätte er keinen expliziten Zusammenhang aufgebaut. Drittens, dass nur die AfD oder ihr ideologisch nahestehende Parteien den Humus für solche Taten vorbereiteten.

Alle drei Suggestionen sind dabei so skandalös wie falsch. Die Ermittlungsergebnisse konnte Habeck auch im Nachhinein nicht beeindrucken, denn die Note war gesetzt – und einzig darum ging es. Findet ein politisches Attentat statt, muss die AfD federführend in der vorbereiteten Diskursvergiftung und Radikalisierung gewesen sein. Der Vorwurf des „geistigen Brandstifters“ steht im Raum, auch, wenn Habeck sich nur der „leichten Sprache“ bedient, um das eigene Publikum nicht zu sehr zu irritieren.

Doch es kam anders. Der Täter kam nicht aus der rechten Ecke. Und seine Motivation rührte nicht aus der vermeintlichen „Verrohung des Dialogs“, wie er so oft beklagt wird, sondern aus der Überzeugung, dass ein Land ohne öffentlich-rechtlichen Rundfunk dem Untergang geweiht sei. Übrigens eine Meinung, die besonders im grünen Spektrum anzutreffen ist. Sind nun alle Anhänger der Grünen automatisch eine tickende Zeitbombe? Nach Habecks Logik wäre das konsequent.

Medialen Flankenschutz lieferte am selben Tag das Magazin Spiegel. Dort spielte man jedoch nicht das Narrativ, ein rechter Attentäter habe in einer zurückgekehrten Weimarer Republik – Parallelen zur heutigen Bundesrepublik beabsichtigt – ein politisches Attentat auf den Regierungschef verübt. Vielmehr trägt Fico selbst Verantwortung. Die Schüsse fielen in Zeiten des „politischen Hasses“, und das Opfer habe „zur Polarisierung beigetragen“.

Dabei hatte der Spiegel wohl zwischendurch gemerkt, dass er den Bogen überspannt hatte. Er änderte seinen Titel von „Wie Fico das Klima in seinem Land mit vergiftet hat“ zu „Entsetzen in einem gespalteten Land“.

Screenprint Spiegel

Der Inhalt blieb freilich derselbe. Denn zu frisch ist die Beleidigung bei linken Medien geblieben, dass sich mit Fico ein Sozialdemokrat gegen die Massenzuwanderung einsetzt. „Ich möchte nicht einmal in diesem Land aufwachen und 50.000 Menschen hier haben, über die wir nichts wissen. Ich will keine Verantwortung für einen möglichen terroristischen Angriff tragen, nur weil wir etwas unterschätzt haben“, hat Fico einmal gesagt. Das ist das, was Quantitätsmedien als „AfD-Sound“ bezeichnen.

Wäre das Ereignis also nicht viel mehr so zu deuten, dass auch die vermeintlichen „rechten Hetzer“ nur eine Facette sind, dass linke Scharfmacher ebenso ihren Teil an der „Vergiftung“ tragen, dass Extremismus auch aus linkem Ressentiment hervortreten kann? Natürlich nicht. Denn anders als Rechte wägt das „demokratische Spektrum“ seine Worte „sorgsam“ ab, wie Habeck gestern sagte. Moralisch ist, was den Grünen nützt.

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