Tichys Einblick
Liberale kämpfen um ein Comeback

Die FDP muss die Ampel verlassen – am besten gestern

Die FDP versucht mit liberaler Politik verlorene Stammwähler zurückzugewinnen. Das hat zwar für Bürger erfreuliche Folgen – ist aber für die FDP angesichts ihrer Koalitionspartner ein aussichtsloser Kampf.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bei der Kabinettssitzung am 17. Januar 2024 in Berlin

IMAGO / Christian Spicker

Die FDP hat in Brüssel das „Lieferkettengesetz“ gestoppt. Ohne Deutschlands Ja hat das in der EU keine Mehrheit. Denn bisher war Deutschland dort der Antreiber für solche Gesetze. Der Entwurf sieht vor, dass Unternehmen für alle Komponenten jeder ihrer Produkte schriftlich nachweisen müssen, wie diese zustande gekommen sind.

Manche Geschäfte würden platzen. Geschäfte, die bisher vorbildlich sauber waren, würden ebenfalls scheitern – weil die Unternehmer durch das Gesetz in einem irrsinnigen bürokratischen Aufwand ersticken würden. Produkte, die bisher aus Belgien, Frankreich oder Deutschland kamen, würden auf den internationalen Märkten stattdessen aus China, Indien oder anderen Vorreiter-Ländern des Arbeitsschutzes bezogen. Das Lieferkettengesetz ist auf allen Ebenen Unsinn. Von einer moralischen Mission angetriebener Unsinn. Die grün-rote Handschrift halt.

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Dieses unsinnige Gesetz zumindest vorläufig gestoppt zu haben, ist ein echter Verdienst der FDP. Hinzu kommt, dass den Liberalen ebenfalls in Brüssel ein weiterer, kleinerer Erfolg gelungen ist: In die Klimaauflagen für LKW hat Deutschland auf Initiative der FDP die Möglichkeit der E-Fuels als Antrieb hinein verhandelt. Das sind synthetische Kraftstoffe, die aus vermeintlich klimafreundlichen Energien gewonnen werden.

Stehen die beiden Erfolge der FDP für ein Comeback? Nun: nein. Ihre Probleme bleiben. Da ist zum einen prominentes Personal wie Christian Lindner, Marco Buschmann oder Agnes-Marie Strack-Zimmermann, das kaum noch Wähler anspricht. Zum anderen sind da die zwei größten Probleme der FDP: die SPD und vor allem die Grünen. Solange ihr diese Probleme bleiben, kann die FDP in der Wählergunst nur schwer punkten.

In einer Woche, in der Finanzminister Lindner und „Wirtschaftsminister“ Robert Habeck (Grüne) öffentlich festgestellt haben, dass die deutsche Wirtschaft „nicht mehr wettbewerbsfähig“ sei – denn neben hohen Steuern drücke vor allem die umständliche Verwaltung den Unternehmen die Gurgel zu. Und was diskutiert die Ampel in so einer dramatischen Situation? Sie will eine Haftpflicht für Sitzrasenmäher und Gabelstapler einführen.

Die Lebensmittelpreise sind im vergangenen Jahr im zweistelligen Prozentbereich gestiegen. Während die allgemeine Inflation allmählich wieder in den Zwei-Prozent-Bereich zurückkehrt, ist die Preissteigerung bei Lebensmitteln immer noch höher. Was diskutiert die Ampel? Sie will eine Fleischsteuer einführen. Nachdem sie die LKW-Maut erhöht hat. Die CO2-Steuer ebenso. Die Abgaben auf Agrardiesel. Die Mehrwertsteuer für Restaurants. Und obendrein hat die Ampel mit der Plastiksteuer eine gänzlich neue Steuer erfunden.

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Die FDP will ihre Wähler – und ihre Funktionäre – daran erinnern, dass sie die Wirtschaftspartei sei. Deswegen suchen die Liberalen in diesem Bereich nach Gewinnerthemen. Das soll vor allem der Bürokratieabbau sein. Doch da gibt es ein „Wachstumschancengesetz“, über den der Verband „Die Familienunternehmer“ klagt, dass die Ampel höchstens zehn Prozent der Forderungen aus der Wirtschaft umgesetzt habe. Mit Punkten wie: Unternehmer dürfen Belege künftig nach acht statt zehn Jahren wegwerfen, hat Buschmann wenig in der Hand. Ihn aber will die FDP zum Mister Bürokratieabbau aufbauen.

Als Justizminister wäre Buschmann eigentlich auch das Gesicht für das zweite wichtige Themenfeld der FDP: die Bürgerrechte. Doch da sieht die „Erfolgsbilanz“ für die FDP genauso verheerend wie in der Wirtschaftspolitik aus. Die umständliche Legalisierung von Cannabis lässt sich noch mit viel gutem Willen als liberaler Erfolg lesen. Doch das Selbstbestimmungsgesetz und das Verbot der „Gehwegbelästigung“ sind Katastrophen für die FDP: Ihr Mann setzt Gesetze um, die Meinungsfreiheit unter Strafe stellen. Selbst wenn er nochmal zehn Prozent der Forderungen aus der Wirtschaft umsetzt, wird Buschmann so nicht zum Gesicht des Bürokratieabbaus. Er bleibt der Mann, der Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) bei der Kriminalisierung von Meinungen assistiert.

Apropos Faeser. Die FDP kann es kaum schaffen, in die Offensive zu kommen. Denn sie befindet sich in einem andauernden, zermürbenden Abwehrkrieg gegen ihre Koalitionspartner. Faeser arbeitet gerade einerseits daran, den Radikalitätsbegriff neu zu definieren und andererseits Geldflüsse „Radikaler“ überwachen und stoppen zu können. In der Summe würde die Regierung entscheiden, welche politische Meinung noch zulässig ist und welche nicht. Und wem die Existenz zerstört wird, wenn er eine andere Meinung vertritt. Noch ein potenzieller Sündenfall, der die nächsten FDP-Wähler zum Schwur treiben würde, diese Partei nie wieder zu wählen.

Das Fazit ist simpel: Solange die FDP grün-rote Politik ermöglicht, solange ist sie verantwortlich für die fragwürdige Innenministerin Faeser, für den irrlichternden Wirtschaftsminister oder für die sprachverwirrte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Solange sie für deren Politik steht, ist die FDP für ihre Stammwähler nicht wählbar. Auf Wechselwähler aus dem grün-roten Lager braucht sie nicht zu hoffen. Deren Medien hassen die FDP und behandeln sie entsprechend. Deren Anhänger tragen auf den Demos „gegen Rechts“ Schilder, die darauf hinweisen, dass mit „Nazis“ und „Rechtsextremen“ auch Christian Lindner gemeint sei. Um es kurz zu machen: Will die FDP wieder in den Bundestag einziehen, muss sie die Ampel verlassen. Am besten gestern.

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