Einen „Umfrage-Hammer“ kann man als Journalist der Bild das nennen, was INSA gerade für Rheinland-Pfalz veröffentlicht hat. Dann tut man entweder einem guten Werbekunden einen Gefallen, weil der es gerade nicht leicht hat. Oder man hat halt keine Ahnung, worüber man da schreibt. Vielleicht auch beides. Jedenfalls ist der „Hammer“ eher eine Interpretation zugunsten des Werbekundens, der in einer echten journalistischen Erklärung etwas Kontext benötigt.
Laut der besagten Umfrage steht die CDU bei 28 Prozent und die SPD bei 21 Prozent, obwohl sie seit 34 Jahren in Rheinland-Pfalz den Ministerpräsidenten stellt. Aktuell Alexander Schweitzer. In der Landtagswahl 2021 schafften die Sozialdemokraten noch rund 36 Prozent. Ein Hammer also? Hat die CDU in Rheinland-Pfalz mit lokalen Themen die SPD überrundet? Oder profitiert sie gar von dem Rückenwind aus Berlin, weil die Politik des designierten Kanzlers Friedrich Merz so gut ankommt?
Beides nein. Rheinland-Pfalz ist ein Land mit einer äußerst schwachen lokalen journalistischen Landschaft. Umfragen sind zwischen Saar, Mosel und Rhein selten. Deswegen lässt sich nur bedingt daraus ablesen, wie sich welches Ereignis auf die jeweilige Umfrage auswirkt. Zwar steht die CDU in Rheinland-Pfalz nun klar vor der SPD. Aber die 28 Prozent entsprechen dem Wahlergebnis von vor vier Jahren – und das war das mit Abstand historisch schlechteste in der Geschichte des Landesverbandes.
Rheinland-Pfalz ist eine CDU-Hochburg. Besser gesagt. Es war eine oder noch genauer: Dies trifft nur noch teilweise zu. Bei den Bundestagswahlen lag die CDU in den meisten Fällen im Landesergebnis vor der SPD. Nur bei Landtagswahlen fällt die Partei immer wieder hinter die Sozialdemokraten zurück. Obwohl die CDU bis 1991 ohne Unterbrechung die Ministerpräsidenten gestellt hat, darunter so beliebte wie Helmut Kohl oder der jüngst verstorbene Bernhard Vogel – das Ganze oft genug mit absoluten Mehrheiten.
Doch in Rheinland-Pfalz beging die CDU den gleichen Fehler wie in Baden-Württemberg. Irgendwann glaubte die Partei, sie könne den Kandidaten aufstellen, der in den eigenen Reihen am besten vernetzt ist. Wie er nach außen wirkt, sei komplett egal, weil der Wähler einen ja eh wähle. So – und nur so – sind die Karrieren von Stefan Mappus oder Carl-Ludwig Wagner zu erklären. Mit ihnen als Ministerpräsidenten verlor die CDU beide Stammländer.
Beide wählen im März 2026. Beide werden zum echten Prüfstein – ganz ohne Hammer-PR – wie die Politik von Friedrich Merz aus dem März 2025 ankommt. In beiden Ländern hatten sich die Christdemokraten als Berliner Opposition berechtigte Hoffnungen gemacht, alte Fehler korrigieren und die Hoheit wiederherstellen zu können. Nun droht diese Hoffnung der künftigen Regierungspartei wie eine Seifenblase zu zerplatzen. Denn INSA sagt auch, dass die AfD in Rheinland-Pfalz aktuell bei 19 Prozent steht. Das ist in etwa doppelt so stark wie in der Landtagswahl von 2021. Laut der Umfrage überholt die AfD bald die Regierungspartei SPD.
Doch das könnte der CDU egal sein. Sie könnte in Mainz zum ersten Mal von der „Brandmauer“ profitieren. Sie läge vorne und würde im Bleichenviertel wieder den Ministerpräsidenten stellen. Zusammen mit der SPD und/oder den Grünen. So möchte man meinen. Wenn man gewillt ist, die Umfrage als „Hammer“ zu feiern. Doch so ist das nicht in Rheinland-Pfalz.
Sieben Prozent Rückstand in den Umfragen? Da lachen die Genossen zwischen Saar, Mosel und Rhein. Die rheinland-pfälzische SPD ist eine Wahlkampfmaschine. Dass sie immer wieder einen strukturellen Rückstand in der Heimat von Helmut Kohl ausgleichen muss, weiß die Partei, wie Ministerpräsident Schweitzer in Interviews des Öfteren erklärt hat. In den zurückliegenden 34 Jahren hat sie schon innerhalb weniger Wochen zweistellige Rückstände aufgeholt und umgedreht. Allein zweimal gegen Julia Klöckner, die Friedrich Merz jüngst zur Bundestagspräsidentin befördert hat.
Im Wahl-März schmilzt der Vorsprung der rheinland-pfälzischen CDU schon fast traditionell schneller als der Schnee. Wer da zu früh den christdemokratischen Frühling gefeiert hat, ist bitterlich erfroren. Nur könnte das 2026 eine andere Dynamik auslösen als bisher. Mit einer AfD, die jetzt schon bei für Landesverhältnisse unglaublichen 19 Prozent steht – das ist der eigentliche „Hammer“ in der Umfrage. Und mit einem Kanzler Merz, der seine Versprechen reihenweise bricht und grün-rote Gaga-Politik umsetzt. Damit kommt dann aus Berlin eher Gegenwind für die christdemokratischen Wahlkämpfer aus Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Die AfD könnte in beiden Ländern an ihnen vorbeiziehen. Die CDU hätte dann zuerst ihre Positionen aufgegeben und danach ihre einstigen Hochburgen. Dazwischen besteht ein Zusammenhang. Vernunftbegabten Menschen muss man den nicht erklären – den Christdemokraten im Bundestag offensichtlich schon.