Tichys Einblick
Politisch motivierte Kriminalität

Faeser verdreht die Statistik für ihre politischen Zwecke

Innenministerin Nancy Faeser instrumentalisiert Berichte über Extremismus und Antisemitismus, um ihren „Kampf gegen Rechts“ zu legitimieren. Unangenehme Wahrheiten übertüncht sie mit Agitation.

IMAGO / photothek

Gleich zwei Meldungen haben am Dienstag früh Bundesinnenministerin Nancy Faeser auf den Plan gerufen. Da wäre zum einen die Meldung des Bundeskriminalamtes (BKA) zur politisch motivierten Kriminalität im Jahr 2021; zum anderen eine Allensbach-Studie, die den Antisemitismus in Deutschland untersucht und zum Ergebnis kommt, dass die muslimische Minderheit in Deutschland überproportional starke Ressentiments gegen Juden hegt.

Faeser lässt dabei nichts anbrennen. Beides instrumentalisiert sie sofort für ihre Agenda. Das Ampel-Kabinett zeichnet Minister mit Obsessionen aus: Was Corona für Karl Lauterbach ist der Rechtsextremismus für Nancy Faeser. Stets steht Deutschland kurz vor der Katastrophe, muss gegengesteuert werden, braucht es Sonderpläne und Sondermaßnahmen, handelt es sich um die wichtigste Bedrohung des Landes. Faeser sagt das per Twitter tatsächlich so: „Der Rechtsextremismus ist die größte extremistische Bedrohung für unsere Demokratie und die größte extremistische Gefahr für die Menschen in Deutschland.“

Die Innenministerin will mit „Prävention und Härte“ gegensteuern; „mit gut ausgestatteten Sicherheitsbehörden, einer unnachgiebigen Strafverfolgung und einer aktiven Zivilgesellschaft“. Nun mag man einwenden: Wenn Faeser behauptet, dass die Polizei in der Mai-Nacht mit denselben Rezepten dem Linksextremismus Einhalt geboten habe, dann brauchen sich auch Rechtsextremisten nicht vor solchen Drohungen zu fürchten. Doch das ist nicht der eigentliche Punkt.

Der Kampf gegen Rechtsextremismus und dessen Deklarierung zum eigentlichen Schreckgespenst der Republik vernebelt den Blick auf die Probleme des Landes, die deutlich komplexer sind. Die differenzierte Sichtweise, die gerade die politische Linke für sich beansprucht – Stichwort: andere hätten ein Problem, in einer immer komplexer werdenden Welt zu leben – gilt nur als Vorwurf gegenüber dem Gegner. Das wird bereits bei der Deutung des BKA-Berichts deutlich.

Mehr Gewaltstraftaten von links als von rechts

Nähme man Faeser beim Wort, dann müssten etwa die rechtsextremen Gesamtstraftaten in Deutschland gestiegen sein. Das Gegenteil ist der Fall. Sie fielen um rund 7 Prozent von 23.604 auf 21.964. Die Gewaltstraftaten fielen von 1.092 auf 1.042. Mit Sicherheit spielt der Corona-Faktor eine Rolle – doch den gab es auch im Vergleichsjahr 2020.

Ähnlich sieht es bei den linksextremen Straftaten aus. Die Gesamtstraftaten gingen von 10.971 auf 10.113 zurück, Gewaltstraftaten reduzierten sich von 1.562 auf 1.203. Dass die Zahl der Gewaltdelikte von Linksextremen 2020 wie 2021 höher ist als die bei Rechtsextremen, gehört zu den Statistiken, die Faeser eher nicht in die Öffentlichkeit zerren will. Es würde nicht nur den Mythos entzaubern, dass sich linke Gewalt „nur gegen Sachen“ richtet, sondern neuerlich veranschaulichen, dass die Autorin eines Gastbeitrags für die „antifa“ auf dem linken Auge blind ist.

Dabei liegt die eigentliche Brisanz des BKA-Berichts woanders. Denn zum ersten Mal seit der Einführung des Meldedienstes für politisch motivierte Kriminalität haben die Straftaten die 50.000 geknackt – die Zahl der Straftaten ist insgesamt von 44.692 auf 55.048 gestiegen. Die Polizei ist bei der überwältigenden Mehrheit der Delikte nicht mehr in der Lage, diese ideologisch zuzuordnen. Die Reaktion auf die Corona-Maßnahmen hat die Polizei mit einem Konglomerat konfrontiert, das nicht in die bekannten Denkschablonen passt.

Faeser instrumentalisiert die BKA-Statistik

Faeser instrumentalisiert diesen Anstieg politisch. Sie kann die Statistik anführen, dass der Extremismus in Deutschland an Boden gewonnen hat, und suggeriert zugleich, dass der Rechtsextremismus die gefährlichste Form sei. In Wirklichkeit verbuchen die politisch nicht zuzuordnenden Straftaten den Löwenteil: Insgesamt stiegen sie von 8.624 im Jahr 2020 auf 21.339 im Jahr 2021. Das ist ein Anstieg von 147 Prozent. Doch für die linke Agitation reicht es. Die meisten Medien lassen Faeser diesen Taschenspielertrick durchgehen.

Doch Faeser belässt es nicht nur bei dieser Front. Antisemitismus ist der nächste Punkt der Agenda – und nicht minder dem Faeser’schen Narrativ angepasst. „Wir sehen eine massiv steigende Zahl antisemitischer Straftaten. Das ist eine Schande für unser Land. Es ist beschämend, wie der Völkermord an den europäischen Juden von manchen Corona-Leugnern, die sich einen gelben Stern anheften, verharmlost wurde“, erklärt sie. Dass Juden auf offener Straße in Brennpunkten nicht mehr mit Kippa rumlaufen können, hängt offenbar vornehmlich mit brutalen Corona-Leugnern zusammen.

Tatsächlich gibt es wenigstens ein kleines Eingeständnis – aber nicht, ohne zuvor das rechtsextreme Gespenst herbeizubeschwören. „84 Prozent der antisemitischen Straftaten sind rechtsextremistisch einzuordnen. Wir sehen aber auch eine Zunahme des islamistisch geprägten Antisemitismus.“ Die Prioritäten der Hessin sind klar. Ähnlich, wie Faeser zum 1. Mai von der bunten Demonstrationskultur geschwärmt hat, und dabei den Antisemitismus der „Migrantifa“ unter den Tisch fallen ließ, muss selbst in diesem Zusammenhang deutlich werden, dass nur eine einzige Fraktion als wirklich antisemitisch gelten kann. Ob nun rechte Glatze oder Corona-Kritiker: Der Staat gibt das Feindbild vor.

46 Prozent der Muslime in Deutschland teilen antisemitische Ressentiments

Dabei kursierte am Dienstagmorgen eine andere Nachricht durch die Medien. Allensbach hatte in einer Studie zu Antisemitismus herausgefunden, dass Ressentiments vor allem im Migrantenmilieu muslimischer Prägung vorherrschen. 22 Prozent der Bevölkerung teilten „antisemitische Vorstellungen“ – unter den befragten Muslimen lag er sogar bei knapp 46 Prozent. 54 Prozent glauben, dass Juden ihren Status als Holocaustopfer ausnutzen (Nicht-Muslime: 34 Prozent), 49 Prozent stimmen der Aussage zu, Juden hätten besonders viel Macht in der Wirtschafts- und Finanzwelt (Nicht-Muslime: 23 Prozent). Ein Drittel machte sie sogar für viele Wirtschaftskrisen verantwortlich (Nicht-Muslime: 11 Prozent).

Faesers Politik ist daher keine bloße Politik der Lippenbekenntnisse. Es ist eine offene Politik der Ungleichgewichtung, der Agitation und gezielten Suggestion, um eigene Projekte zu legitimieren. Die Methode, mit der sie vorgeht, erscheint weniger erratisch als die des Bundesgesundheitsministers – aber nicht weniger besessen. Seit ihrer Amtseinführung fährt sie konsequent dieselbe Linie. Es ist diese bewusste Mischung aus Irreführung, Zielstrebigkeit, Manipulation und ideologischer Orientierung, die auf dem Posten der höchsten Verfassungsschützerin brandgefährlich ist.

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