Nancy Faeser (SPD, 53): „Brutto“ hat sie bislang rund 28 Monate als „Bundesministerin des Innern und für Heimat“ ausgesessen und/oder herumdilettiert. „Brutto“: Denn viele Wochen des Jahres 2023 hat sie ihrem am Ende mit 15,1 SPD-Prozenten (Platz drei hinter der AfD) kläglich gescheiterten Bemühen gewidmet, Hessens Ministerpräsidentin zu werden. 20 BMI-Monate stehen noch bevor, da wir vermuten/befürchten müssen, dass SPD-Kanzler Scholz diese Ministerin auch dann nicht austauschen wird, wenn sie außer Visionen von Staatsstreichen von oben sowie diversen Flops und Personalaffären nichts mehr zustande bringen wird.
Radikaler Umbau im BMI – Kriterium: SPD-Nähe
Vier von ihren 13 Abteilungsleitern (alles Ministerialdirektoren in Besoldungsstufe B9 und damit „politische Beamte“) wechselt Faeser nun zum 1. April 2024 aus, zwei davon werden in den Ruhestand versetzt. Man hätte es ahnen können: Putin ist schuld. Faeser nämlich wörtlich: „Die anhaltende russische Aggression, Extremismus und vielfältige weitere Herausforderungen“ kämen auch weiterhin auf ihr Haus zu. Durch die personellen Veränderungen will Faeser das Ministerium „für die zweite Hälfte der Legislaturperiode optimal aufstellen“. (Am Rande: Halbzeit war an Weihnachten 2023, also vor drei Monaten. Oder rechnet Faeser bereits in Nachspielzeiten?)
Ernsthaft weiter: Ausgerechnet den Experten für Cybersicherheit schickt Faeser in den Ruhestand: den Mathematiker Andreas Könen, seit 2018 Chef der Abteilung Cybersicherheit. An seine Stelle rückt Friederike Dahns. Sie gilt in Sachen „Cyber“ unter Fachleuten als kaum satisfaktionsfähig. Insbesondere international könne das eine Schwächung der deutschen Position bedeuten, sagt ein Experte. Aber Leichtgewichte braucht Faeser, um selber glänzen zu können.
Könens Fachwissen des einstigen BND-Mitarbeiters, späteren Vizepräsidenten und dann Abteilungsleiters für Cyber- und Informationssicherheit im BMI ist selbst unter politischen Kritikern anerkannt. Doch die Konflikte im Haus und insbesondere mit den anderen Häusern und dem Parlament nahmen in den vergangenen Jahren zu. So wie bei allen Digitalthemen gilt Faeser überhaupt persönlich als wenig interessiert. „Rechts“ lauert ja angeblich der Feind.
Im Bereich „Cyber“ hatte Faeser schon einmal herumgefuhrwerkt: Am 18. Oktober 2022 hatte sie den damaligen Chef des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, aufgrund einer von ZDF-Clown Böhmermann inszenierten Story strafversetzt. Für die Klärung der Vorwürfe, die nichts Belastendes enthielten, war zuständig ein Abteilungsleiter namens Martin von Simson – der künftig in die Abteilung Digitale Gesellschaft umgesetzte Zentralabteilungsleiter.
Auch Pia Karger wird in den Ruhestand versetzt. Auf sie folgt Martin von Simson, ein SPD-Mann und Faeser-Vertraute, Vermieter der Berliner Wohnung von Faeser und eine der zentralen Figuren beim „Schönbohm“-Skandal. Von Simsons Posten als Leiter der Zentralabteilung übernimmt Eva-Lotta Gutjahr. Deren vorherige Stelle als Abteilungsleiterin für Verfassungsrecht geht an Gabriele Nieradzik. Auch sie ist SPD-Mitglied, sitzt in der SPD-Bundesschiedskommission (siehe hier und hier).
Faesers Ministerium kriegt nichts, nichts, nichts auf die Reihe
Früher galt das BMI als „die“ effektiv funktionierende Gesetzgebungsmaschine. Seit 1982 war es in CDU/CSU-Hand. Nur einmal wurde das unterbrochen, durch die sieben Jahre unter dem kaum als „links“ wahrgenommenen SPD- und Low-and-Order-Mann (und vormaligen Grünen, von 1980 bis 1989) Otto Schily.
Nun also Faeser! Nichts kriegt sie auf die Reihe: Keine Begrenzung der Zuwanderung und des Asylmissbrauchs! Keine Begrenzung der migrantisch explodierenden Kriminalität! Keine Eindämmung der antisemitischen Umtriebe auf den Straßen und in den Universitäten! Keine Ahnung, was am Tesla-Werk geschah! Keine Ahnung, was es mit den Nord-Stream-Sprengungen und den Vorfällen beim Bahn-Zugfunk GSM-R auf sich hat!
Null Initiative zugunsten eines Schutzes der kritischen Infrastruktur. (Es geht um die Umsetzung von EU-Richtlinien.) Viele von Faeser initiierter Verfahren gelten überhaupt als hochgradig unprofessionell, wichtige Verbände fühlten sich außen vor gelassen. Auch das Gesetz, das die Kompetenzen für die „Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich“ endlich festzurren soll, ist noch nicht auf dem Weg gebracht.
Insbesondere in der Digitalpolitik, für die Faeser maßgeblich mitverantwortlich ist, geht kaum etwas voran. Die Verwaltungsdigitalisierung läuft seit Jahren im Schneckentempo. Und der neueste Vorstoß der Ampel, endlich das „Onlinezugangsgesetz 2.0“ auf den Weg zu bringen, scheiterte am 22. März vorerst am Bundesrat. Der dafür seit Jahren zuständige BMI-Abteilungsleiter darf bleiben, genau wie der zuständige Staatssekretär. Schon der erste Entwurf kam im Sommer 2023 spät und mit fehlendem Inhalt an entscheidenden Stellen: Insbesondere die Frage, wie Komponenten etwa in Mobilfunk und kritischer Infrastruktur reguliert werden sollten, blieb unbeantwortet. Der Referentenentwurf war „voller“ Leerstellen in zentralen Punkten. Seit Monaten hängst zudem eine Reform beim Mietrecht und dem kommunalen Vorkaufsrecht fest. Und so weiter, und so fort!
Immer häufiger gibt es wegen der Langsamkeit des Hauses Faeser Unmut im Parlament. Und auch in den anderen rot-grün-gelb geführten Häusern wundern sich Minister wie Mitarbeiter darüber, wie ein in Krisenzeiten so zentrales Ressort derart wenig auf den Weg bringt. Faeser schafft es nicht einmal, den Koalitionsvertrag abzuarbeiten. Hinter vorgehaltener Hand ist gar von „Arbeitsverweigerung“ die Rede.
Ob Faeser mit ihrer umstrittenen Personalpolitik Fortschritte machen wird? Vielleicht hätte sie den strammsten ihrer Büttel, Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang (CDU-Mitglied), zu ihrem Büroleiter und Staatssekretär machen sollen. Damit sie wenigstens ihren wie ein „Staatsstreich“ anmutenden 13-Punkte-Plan einer Rundumbespitzelung aller „Rechten“ auf die Reihe kriegt.
Fazit: Faeser macht auf blinden Aktionismus.
Noch nie jedenfalls war das Bundesministerium des Innern mit einer so schwachen, maßlos überforderten und stramm ideologisch verbohrten Spitzenperson besetzt wie mit Nancy Faeser. Sie ist die 21. Bundesministerin des Innern seit 1949. Ihre Vorgänger waren in der Regel umsichtige Leute, hochkarätige Juristen, unideologisch: Ihnen ging es um die innere Sicherheit Deutschlands und den Schutz des Grundgesetzes.
Faesers linke, ja ultralinke Agenda ist eine andere. Sie kann und will nicht aus ihrer Haut. Und sie überschätzt sich maßlos. Schuld daran freilich ist auch ein Kanzler Scholz, der von seiner Richtlinienkompetenz nur Gebrauch macht, wenn er als vermeintlicher Friedenskanzler dastehen könnte, ansonsten aber alles laufen lässt.