„Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit du lange lebst in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir geben will.“ So lautet das vierte Gebot aus der Liste der zehn, die in den Tafeln eingegraben sind. Das erste Mal ergeht es in der Wüste, auf dem Marsch, in der Zeit der Zelte, das zweite Mal unmittelbar vor dem Einzug ins Heilige Land. An zwei herausgehobenen Stellen also wird dieses Gebot formuliert und sinnreich mit dem Land in Verbindung gebracht. Eine Art von Vertragsverhältnis also. Das darf uns nicht überraschen. Je älter ein kulturelles Dokument ist, umso weniger sentimental ist es, umso realistischer, trockener, härter, praktischer, lebensnäher argumentiert es, und aus unserer späten Perspektive entsteht dann der Schein, es sei umso weniger „spirituell“. Wie die Engel, je früher ihrer gedacht wird, einfach als „Männer“ erscheinen und nicht kindlich-süß wie in späteren Zeiten.
Die Entschuldigung ist die nächste Unverschämtheit
Man könnte hinzufügen, von heute aus gesehen: Ehre deinen Vater und deine Mutter, denn du tust dir damit selbst etwas Gutes. Du wirst zu einem, der weiß, wo er herkommt. Adel und Würde, so jedenfalls lautet die alte Auffassung, hat ein Mensch durch seine Herkunft, durch den Zusammenhang der Familie. Einen und eine, die wissen, wo sie herkommen, bläst man nicht so schnell um. Sie haben Wurzeln, man vertreibt sie nicht so leicht. Sie stehen. Und hinter ihnen stehen die Väter und Mütter des Vaters und der Mutter, und wiederum deren Eltern. Noch einmal gefragt: Warum ehren? Weil dieser Akt noch eine andere Stärke gibt: Man war einmal jedenfalls die Hoffnung anderer Menschen. Das trägt, es bildet (zugegeben: im Idealfall) ein festes Gewebe. Es gibt Widerstandskraft. Wer diese Kraft brechen will, muss also das Gewebe auftrennen.
Satire ist nur gut, wenn sie gegen die Mächtigen geht
Bei dem Stichwort Satire sind drei Fragezeichen fällig. Die Satire verspottet, zieht jemanden vom Sockel. Und deshalb gibt es, wenn man es recht bedenkt, gute Satire, bei der wir wirklich lachen, nur gegen die Mächtigen, gegen „die da oben“. Wer die sowieso schon Ohnmächtigen verspottet (die Alten zum Beispiel, aber man kann nach dem Muster „Umweltsau“ noch andere Gruppen angreifen), hat keinen Preis für Zivilcourage verdient.
Die Satire im öffentlich-rechtlichen Fernsehen der Bundesrepublik ist aber sehr oft eine, die nicht „die da oben“ verspottet, sondern von denen da oben eigens bestellt wurde.
Dieser Beitrag von Lorenz Jäger erschien zuerst in Die Tagespost. Katholische Wochenzeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur.