Stellen sie sich einmal vor, es würde in ihrer Heimatstadt öffentlich bekanntgegeben, dass der in ihrer Nachbarschaft wohnende approbierte Arzt in ihrer Stadt nicht mehr medizinisch tätig sein darf; oder dass der neben ihnen wohnende Unternehmer in ihrer Region nicht mehr seine hochqualitativen Produkte verkaufen darf.
Genau das ist jetzt in Quedlinburg passiert. Der Corona-Maßnahmen-kritische Pfarrer Michaelis aus Quedlinburg darf in Quedlinburg auf keine evangelische Kanzel mehr gelassen werden. Auch wenn evangelische Quedlinburger von ihm vertretungsweise getauft, getraut oder beerdigt werden wollen, dann darf das unter keinen Umständen erlaubt werden.
So heißt es kurz und knapp und verklausuliert im Gemeindebrief: „Pfarrer Michaelis werden keine Zessionen (Überlassungen) für die Wahrnehmung von Gottesdiensten und Amtshandlungen in der Kirchengemeinde an Stelle der Inhaber:innen der Pfarrstellen der Kirchengemeinde erteilt.“
Bei dieser kirchlichen Mitteilung fällt auf:
- Pfarrer Michaelis wird als „Pfarrer“ bezeichnet. Das ist völlig korrekt, weil Michaelis weiterhin in der evangelischen Kirche als aktiver Vertretungspfarrer in Amt und Würden ist. Alle Versuche, dies zu ändern, sind gescheitert. Das Kirchenrecht weiß nun einmal, dass es vollkommen in Ordnung ist, dass evangelische Christen in politischen und medizinischen Fragen unterschiedlicher Meinung sein dürfen und dass das in einer rechtlich verfassten Kirche niemals Grund für Kirchenzucht sein darf.
- Bei dieser Mitteilung im Gemeindebrief fehlt die Angabe eines Grundes, erst recht eine schlüssige Begründung. Was wird Michaelis konkret vorgeworfen? Kirchengemeinden scheinen das scharfe Schwert der Kirchenzucht heutzutage recht locker und willkürlich schwingen zu dürfen. Notfalls reicht es aus, sich auf „die nachhaltige Störung in der Wahrnehmung des Dienstes“ zu berufen, womit man jeden Pfarrer ohne Nachweis von dessen Verschulden wegen unliebsamer Äußerungen kaltstellen kann.
- Mir sticht in dieser kurzen Mitteilung der Begriff „Zession“ ins Auge. Diesen Begriff habe ich als Pfarrer in meiner 30-jährigen Berufszeit bisher kein einziges Mal gehört. Will man hier mit einem hochtrabenden Fremdwort eine Seriosität vortäuschen, die in der Sache fehlt? Das erinnert mich an meine Schulzeit, wo wir einen Mitschüler hatten, der manchmal unverständlich herumschwafelte und wir ihm dann als Klasse das geflügelte Wort zulachten: „Peter, wir verstehen dich nicht. Versuche es doch mal mit einem Fremdwort.“
Pfarrer Michaelis hat nichts verbrochen, was ihn als Pfarrer unglaubwürdig macht. Im Gegenteil: Ob man seine Meinung mag oder nicht, er steht für die freie Meinungsäußerung auf dem Boden des Grundgesetzes, der Heiligen Schrift und der evangelischen Bekenntnisschriften. Doch weil er sich beim Thema Corona nicht gleichschalten ließ, ist er zum schwarzen Schaf abgestempelt worden.
Schwarze Schafe sind ideale Ziele für Mobbing. Theologisch und rechtlich unbegründete Kanzelverbote sind eine Spielart des kirchlichen Mobbings.
In der Kirche geschieht Mobbing selbstverständlich im Namen der Liebe. So steht der Quedlinburger Gemeindebrief unter dem Bibelwort: „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“ (1. Korinther 16,14). Da plustert sich eine evangelische Kirche pharisäisch zur Kirche der weißen Schafe auf; sie meint, bei Corona die reine Wahrheit mit Löffeln gefressen zu haben und darum habe sie das Recht, Andersdenkende auszuschließen.
Dummerweise vertritt das schwarze Schaf Michaelis Positionen, die mittlerweile von der Wissenschaft mehr und mehr bestätigt werden: Evidenzlose politische Corona-Maßnahmen haben alleine im politischen Raum hunderte Milliarden Euro versenkt, ohne dafür gesundheitliche Wirksamkeit erbracht zu haben. Und die Impfung ist gemessen an den hochtrabenden Ankündigungen in ihrer Wirksamkeit ein Flop und mit ihren Nebenwirkungsraten ein Skandal.
Immer mehr kommt weltweit ans Tageslicht, was das staatliche Corona-Narrativ ins Wanken bringt. Und mit jeder dieser kritischen Erkenntnisse werden die mobbenden weißen Schafe langsam schwärzer und wird das schwarze Schaf langsam weißer.
Die evangelische Kirche hat gute Gründe dafür, die Corona-Aufklärung weiterhin zu unterlassen und zu unterdrücken. Der Kirche droht bei einem möglichen Einstürzen der Corona-Ideologie die Bloßstellung als Mitläuferin und Mittäterin. O nein, ich muss korrigieren. Dann könnte man ja Pfarrer Michaelis aus dem Hut zaubern und als mutigen Kämpfer gegen die fragwürdige Corona-Politik hochhalten, der in seinem heldenhaften Widerstand stellvertretend für die ganze vorbildliche Kirche stand. Jede Zeitenwende bringt erstaunlich Neudeutungen und Neuinterpretationen in der Kirche mit sich. Für eine Kirche als politisches Fähnchen im Wind könnte Pfarrer Michaelis noch einmal von unschätzbarem Wert werden.
Ich hoffe nur, dass Pfarrer Michaelis eine starke Psyche hat, um an dem kirchlichen Irrsinn nicht zu zerbrechen. Schon in der DDR musste Michaelis seine Psyche mit einer Elefantenhaut schützen, weil ihm als Christ und Pfarrerssohn bestimmte Türen bei seinem Berufswunsch gesellschaftlich verschlossen wurden. Michaelis konnte erst über einen zweiten Bildungsweg Pfarrer werden. Für ihn könnten die gegenwärtigen Erfahrungen durchaus das Zeug zu einer „Retraumatisierung“ haben.
Einige wenige Gemeindeglieder stehen Pfarrer Michaelis zur Seite. Sie prangern mit einem offenen Brief das Mobbing der Quedlinburger Kirchengemeinde an. Die schwarzen Schafe der Kirche versuchen sich gegenseitig zu stärken und zu stützen. Auch bei einem Hauskreis im Haus von Pfarrer Michaelis. Er wohnt bemerkenswerterweise in Quedlinburg in der Straße „Hölle“. Zu ihm in die „Hölle“ darf man kommen, um über die biblische Frohe Botschaft zu sprechen; in der „Hölle“ hat das Evangelium Asyl gefunden. In den Quedlinburger Kirchen dagegen wird eine bestimmte politische Haltung über das Evangelium gestellt.